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Prime Time

Prime Time

Titel: Prime Time Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Führungsebene oder Firmenleitung.«
    »Wann?«, fragte die Frau.
    »Kurz vor dem katastrophalen Halbjahresbericht voriges Jahr …«
    »… der am 20. Juli rauskam, ich weiß. Wer?«
    Annika holte lautlos Luft. Ein Bus Richtung Tyresö startete lärmend über ihr.
    »Es geht um einen Mann namens Torstensson«, sagte sie, »ziemlich großes Geschäft, 9200 Aktien.«
    »Einen Moment.«
    Das Letzte wurde nur geflüstert.
    Annika sah die Treppe hoch. Schmierereien an den Wänden und an Stahlkonstruktionen aufgehängte Starkstromleitungen, die wie Monster aus einem Albtraumvideo von Pink Floyd aussahen. Der Wind blies Melodien durch die Zwischenräume im Stahl und brachte die Leitungen zum Singen. Sie horchte mit angehaltenem Atem.
    »9200 Aktien«, sagte die Frau. »Hier habe ich es.«
    Annika schloss die Augen und spürte, dass ihr Puls schneller schlug.
    »An welchem Tag?«
    »24. Juli.«
    Sie legte das Kinn auf die Brust, kniff die Augen zu und merkte, dass sie mit den Zähnen knirschte.
    »Okay«, sagte. »Tausend Dank.«
    »Sie sagen doch wohl nichts, oder?«
    »Dass ich das von Ihnen habe? Niemals.«
    Sie drückte das Gespräch weg und betrachtete den Verkehrsknotenpunkt, die Müllautos und die Lastwagen, den Strom aus Blech auf seinem Weg in die Stadt. Dann holte sie ein paar Mal tief Luft und rief Schyman an.
    »Niete«, sagte sie. »Laut Analyse der Wertpapierzentrale hat Torstensson seinen ganzen Posten am 24. Juli verkauft.
    Vier Tage nach dem Bericht.«
    In der Leitung war es still. Annika kontrollierte das Telefon.
    »Hallo?«
    »Sind Sie sicher?«
    »So sicher, wie man sein kann«, erwiderte Annika.
    »Okay. Danke.«
    Seine Enttäuschung war nicht zu überhören.
    »Tut mir Leid«, sagte sie, etwas peinlich berührt.
    »Ist schon gut.«
    Er legte auf. Sie merkte, dass ihre Wangen heiß wurden.
    Warum ließ sie sich von Schymans Misserfolg herunterziehen?
    Vor ihrem inneren Auge sah sie das Gesicht von Anne Snapphane, die so erstaunt war, weil sie an die Männer in ihrer Umgebung keine Forderungen zu stellen vermochte.
    Gehörte der Redaktionsleiter auch dazu? Hatten sie eine Beziehung, die als eng bezeichnet werden konnte?
    Sie schüttelte den Gedanken ab und wählte die nächste Nummer. Die Konzentration auf das Gespräch mit Q entspannte sie. »Hannah Persson ist bei ihrer Mutter in Malmö gemeldet«, sagte sie, als der Kommissar ranging.
    »Aber sie wohnt da nicht, sondern irgendwo in Katrineholm.
    Da haben Sie sie auch abgeholt, oder?«
    »Was ist das hier, eine kleine Fragestunde?«
    Sie kümmerte sich nicht um sein Gemecker.
    »Sie scheint nicht mehr so viele Freunde aus ihrer Schulzeit zu haben, deshalb ist anzunehmen, dass sie mit irgendwelchen Neonazis zusammenwohnt. Oder?«
    Sie hörte ihn lachen.
    »Reden Sie ruhig weiter.«
    »Sie wohnt zusammen mit anderen Neonazis in einer Wohnung …«
    »Nicht ganz«, unterbrach er sie. »Das stimmt nicht.«
    Annika lehnte sich gegen die Betonwand und entdeckte zu spät, dass dort jemand einen Kaugummi hingeklebt hatte.
    »Verdammte Scheiße«, fluchte sie und schüttelte angeekelt den Schmier von den Fingern.
    »Was?«
    »Keine Wohnung, aber fast? Sie wohnt zusammen mit ein paar Neonazis irgendwo in einem Raum … sie wohnt in einem Versammlungsraum der Neonazis!«
    »Bingo! Aber soweit wir wissen, wohnt sie allein dort.«
    Sie lächelte müde ins Telefon.
    »Okay. Wo gibt es denn so einen Raum?«
    Sie schloss die Augen und dachte intensiv nach.
    »Es gibt nicht viele Orte in Katrineholm, wo man einen Versammlungsraum für Neonazis betreiben kann, ohne dass es auffällt«, dachte sie laut nach. »Ich würde mal Nävertorp raten, wenn da nicht so viele Ausländer wären, ich glaube, da würde es ihnen nicht gefallen, und die Bewohner dort würden sie auch nicht in Ruhe lassen, vielleicht eher in Öster, ja, irgendwo in Öster, stimmt’s?«
    »Ich kenne die einzelnen Stadtteile dort nicht.«
    »Öster, das liegt Richtung Krankenhaus, schmuddelige Kellergeschäfte und seltsame Videotheken. In meiner Zeit als Lokalreporterin habe ich da mal ein Pornogeschäft entlarvt.
    Liege ich richtig?«
    Er gab ihr die Adresse.
    »Öster, habe ich doch gesagt«, meinte sie und lächelte breit.
    »Danke.«
    Als sie aufgelegt hatte, wurde ihr der Gestank von Urin und Beton wieder bewusst. Die Enttäuschung von Anders Schyman fiel ihr ein.
    Sie wünschte, sie könnte etwas für ihn tun.
    Der Redaktionsleiter fluchte innerlich, was für eine verdammte Enttäuschung.
    Der 24.

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