Prime Time
Moderatorin geworden war. Sie fingen an, Lügen zu verbreiten und Mist zu labern, der pure Neid. Als sie dann ein Star war, kamen einige von ihnen wieder zurück, scharwenzelten um sie herum und wollten den Kontakt wieder aufnehmen. Aber sie hat sie natürlich nicht rangelassen. Und denen, die hinterher kamen, hat sie nicht richtig vertraut.«
Die Schauspielerin verstummte und saß still da. Sie sah mit leerem Blick zum Stadion hinter dem Baumarkt.
»Und Männer?«, fragte Annika.
Bambis Brustkorb hob und senkte sich in einem unbewussten Seufzer.
»Sie konnte jeden kriegen, den sie wollte.«
Sie sah Annika an. Auf ihren Wimpern war zu viel Tusche.
»Natürlich«, sagte sie. »Michelle konnte die Augen schließen und sich einen auswählen. Aber der, den sie eigentlich wollte, den konnte sie nicht haben.«
»Warum?«
Die Frage rutschte Annika heraus, ehe sie darüber nachdenken konnte. Sie biss sich in die Wange, merkte aber, dass sie es wirklich wissen wollte. Die Augen glitzerten begierig, sie war neugierig.
»Er war verheiratet und hatte Kinder. Stefan Axelsson, der Sendeleiter, wissen Sie. Sie waren vor ein paar Jahren, ehe Michelle den richtigen Durchbruch hatte, eine kurze Zeit zusammen. Das war wirklich tierisch anstrengend für sie.«
Annika blinzelte und sah den wütenden Mann wieder vor sich, hörte seine Stimme, lassen Sie mich in Ruhe, lassen Sie sie in Ruhe. Da war also wirklich etwas. Er wollte sie im Tod schützen. »Liebte er sie?«
Bambi antwortete nicht, ihre Augen waren jetzt voller Tränen, und Annika hörte das entfernte Brummen des Busses.
»Ich war auch mal mit einem verheirateten Mann zusammen«, sagte Annika und trieb das Gespräch voran.
»Ehrlich?«, fragte Bambi Rosenberg, sah zu ihr und riss die weinenden Augen noch weiter auf. »Und wie lief das?«
»Ich habe ein Kind bekommen und bin mit ihm zusammengezogen«, sagte sie und hörte den Stolz in ihrer Stimme.
»Sind Sie verheiratet?«
Das Überlegenheitsgefühl war sofort wieder verschwunden.
»Nein, aber inzwischen haben wir zwei Kinder.«
»Michelle wurde auch schwanger«, sagte Bambi und sah wieder zum Baumarkt hinüber. »Stefan war außer sich und schrie sie an, sie müsse es abtreiben. Sie heulte zwei Wochen, und dann tat sie es. Am Tag danach bereute er sein Verhalten und kehrte zu ihr zurück. Er habe mit seiner Frau geredet und wolle jetzt mit ihr und dem Kind zusammenleben. Aber es war zu spät. Für die beiden war alles zu spät. Es ging nicht mehr. Michelle ist nie darüber hinweggekommen.«
Annika sah zu, wie hinter Bambi Rosenberg der Bus vorfuhr. »Wie furchtbar«, sagte sie leise.
»Ich weiß nicht, was Michelle getan hat, um so ein grässliches Leben zu verdienen«, sagte die Schauspielerin.
Der Bus hielt an, er war voller Leute. Annika stieg ein. Sie zwängte sich an Kinderwagen und Einkaufstüten vorbei und fand einen Platz über dem Hinterrad. Bambi Rosenberg verschwand hinter der Auspuffwolke des Busses.
Das Industriegebiet hatte keine Farben, es erhob sich grau wie Lehm aus der Erde. Annika schloss eine Weile die Augen, ihr war nach Weinen zumute, und während der Fahrt wurde ihr sofort schlecht.
Wie unglücklich und ungerecht. Der Satz der Schauspielerin hallte ihr im Kopf nach:
Ich weiß nicht, was Michelle getan hat. Um so ein grässliches Leben. Zu verdienen.
Sie hätte ein kleines Kind haben können, einen Mann, der sie liebte, und ein Zuhause mit einer Familie.
Dann traf sie die Einsicht, genau wie ich.
Sie riss die Augen auf und schluckte die sentimentalen Tränen herunter.
Der Bus blieb an einer Haltestelle stehen, und ein großer Mann mit Käppi und Öljacke drängelte sich nach hinten und setzte sich neben Annika. Sie zog ihre Jacke an sich und starrte aus dem Fenster. Der Wind fegte den Regen gegen ihre Seite des Busses und malte auf der Scheibe psychedelische Muster aus Schmutz und Dreck.
Der Mann keuchte, hustete und räusperte sich, Annika zog die Regenjacke fester um sich. Sie schloss die Augen und sah Spuren des Regens als Negativ hinter den Augenlidern tanzen. Der Fahrer steuerte den Bus zum Gullmarsplan, und die Menschen in ihrer feuchten Kleidung setzten sich in Bewegung. Annika verschloss die Nase vor der muffigen Luft.
»Entschuldigung«, sagte der Mann fordernd, »kann ich Sie mal was fragen?«
Der Bus fuhr bei Gelb um die Kurve, und Annika musste sich am Vordersitz festhalten, damit sie nicht gegen ihren Nachbarn geschoben wurde.
»Ja klar«, sagte sie und sah ihn
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