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Prime Time

Prime Time

Titel: Prime Time Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Markise, lachend und mit Blumen in den Haaren, umgeben von Gesang und Schnaps.
    Warum hatte er bloß diesen entsetzlichen Job übernommen?
    Weil er Oberflächlichkeit leid gewesen war. Weil er von den Einschränkungen durch Wirtschaft und Sendeformat frustriert gewesen war, denen er als leitender Moderator und Produzent eines politischen Magazins im Schwedischen Fernsehen ausgesetzt war. Er war den Bekanntheitsgrad leid gewesen, die diese Position mit sich gebracht hatte. Als er den Job als Redaktionschef beim
Abendblatt
angenommen hatte, da wollte er Größeres schaffen, handfeste Dinge, für die er Verantwortung zeigen würde, die durchdacht wären.
    Seither hatte er sich oft gefragt, ob er auf das richtige Pferd gesetzt hatte.
    Das Programm, das er verlassen hatte, litt keine Not.
    Mehmed war ein besserer Moderator, als er es gewesen war.
    Er stand auf und ging unruhig auf und ab.
    Der Teufel saß ihm im Boot gegenüber, und es war noch weit bis zum Ufer.
    Der Regen machte Annika wahnsinnig. Bertil Strand saß wie ein Wunder an sozialer Kompetenz im Reportagewagen der Konkurrenz, lachte und unterhielt die Leute – etwas, wozu sie sich nie herablassen würde, nur um ein wenig warm und trocken zu werden. Stattdessen suchte sie die Umgebung nach einem Windschutz oder einem Dach ab. Ihr Blick fiel auf das Gewächshaus oberhalb des Parkplatzes. Waren solche Dinger abgesperrt?
    An der Tür war kein Schloss. Sie schob eine Glastür auf und schlüpfte ins Grüne. Die Wärme und die Gerüche umfingen sie mit einer Intensität, dass ihr der Kopf zu brummen begann. Ihr wurde mit einem Mal klar, dass sie den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte. Sie setzte sich schwindelig und nass auf den Gang zwischen zwei Reihen blühender Tomaten, lehnte sich an einen großen Tontopf und sah durch die Glaswand. Von hier aus hatte sie einen recht guten Überblick über den Parkplatz und die Brücke zum Schloss hinauf.
    Die Worte, die sie den ganzen Tag lang verdrängt hatte, kamen ihr wieder in den Kopf. Die Stimme von Thomas, fast erstickt vor Wut.
    Das kommt dir ja gerade recht. Du bist wirklich eine lausige Mutter. Verdammt. Das verzeihe ich dir nie.
    Sie atmete schwer und langsam aus.
    »Tut mir Leid«, flüsterte sie. »Es tut mir so Leid, aber du wusstest doch, dass ich vielleicht …«
    Ein paar Minuten lang ließ sie sich von ihren Gefühlen überwältigen. Schuldgefühle und Selbstmitleid kämpften miteinander. Sie wusste nicht, was die Oberhand gewinnen würde, und fühlte sich einfach nur elend. Nicht einmal der Gedanke an die Gesichter der Kinder konnten sie noch anrühren.
    Sie stand auf, suchte sich einen Wasserhahn und trank, bis sie keinen Durst mehr hatte. Dann entdeckte sie eine lange Reihe mit Rucola und Zuckererbsen und nahm sich hier und da etwas, so dass es nicht auffallen würde.
    Ich werde Thomas zu einem Abendessen hier ins Schloss einladen und dann ordentlich Trinkgeld geben, gelobte sie sich selbst in dem halbherzigen Versuch, ihren Diebstahl zu entschuldigen. Etwas weniger schwindelig nahm sie ihren Platz an dem Tontopf wieder ein. Einen Augenblick zögerte sie, doch dann rief sie Anne Snapphane an. Kurz bevor die Mailbox übernahm, ging die Freundin ran.
    »Du klingst so leise«, meinte Annika.
    »Was glaubst denn du?«, flüsterte Anne und drehte das Radio im Hintergrund lauter.
    »Wie geht es dir?«
    Anne Snapphanes Stimme klang tonlos und matt.
    »Ich kann kaum mehr atmen. Glaubst du, man kann über Nacht Asthma kriegen?«
    Annika antwortete nicht, sie wollte die Freundin nicht noch in ihrer hypochondrischen Veranlagung bestärken.
    »Es ist alles so schrecklich«, fuhr Anne fort. »Die ganze Zeit sehe ich sie vor mir und denke, es ist meine Schuld.«
    »Also nein«, meinte Annika, »das kannst du ja wohl nicht …«
    »Jetzt sag mir nicht, was ich kann und was nicht.
    Schließlich sitzt du hier nicht wie eine verdammte Mörderin.«
    Sie fing an zu weinen, und Annika bereute schon, dass sie angerufen hatte.
    »Sollen wir auflegen?«, fragte sie vorsichtig. »Willst du in Ruhe gelassen werden?«
    »Nein!«, flüsterte Anne. »Bitte leg nicht auf!«
    Sie saßen lange schweigend da und lauschten dem schnarrenden Bass des Radios.
    »Haben die schon gesagt, wann du nach Hause fahren kannst?«, fragte Annika.
    »Nein. Nur dass sie uns alle rauslassen, wenn die Verhöre beendet sind. Übrigens ist Q hier. Er hat mich verhört.
    Widerlicher Kerl.«
    »Hast du mit Mehmed gesprochen?«, fragte Annika.
    Die Freundin

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