Prime Time
es aus ihm hervor. »Ich blute.«
Er hielt demonstrativ erst Bambi, dann Mariana die Hand hin. Bambi trat unbewusst einen Schritt zurück und sah, dass die Redakteurin das Gleiche tat.
»Sie dürfen überhaupt nichts aus unseren Räumlichkeiten entwenden«, wiederholte Mariana. »Ich bin hier verantwortlich, das ist Eigentum der Firma.«
Bambis Wut kehrte zurück.
»Das stimmt nicht«, hörte sie sich selbst rufen und merkte, dass ihre Hände zitterten. »Keiner von euch hat das Recht, sich an etwas zu vergreifen, was Michelle gehört hat. Sie hat mir gesagt, dass ich mich um alles kümmern soll, wenn ihr etwas zustoßen würde. Ich weiß, was ich tun werde. Ihr werdet nichts kriegen!« Der Mann und die Frau sahen sie plötzlich mit völlig verändertem Blick an, misstrauisch, überlegen, unsicher.
»Du?«, fragte Mariana von Berlitz. »Und warum in aller Welt sollte sie gerade dich gebeten haben?«
Bambi sah sie erstaunt an. Begriff diese Person denn gar nichts? »Wen hätte sie denn sonst fragen sollen?«
»Der Dokumentarfilm, Michelles Dokumentation über sich selbst, gehört auf jeden Fall mir«, sagte Sebastian Follin.
»Darüber gibt es Verträge.«
Mariana warf den Kopf in den Nacken und wandte sich dem Manager zu.
»Ach, wirklich? Soweit ich weiß, hat TV-Plus die Rechte daran.« Bambi sah vom einen zum anderen. Das Zimmer schien sich zu drehen.
»Ganz und gar nicht«, entgegnete Sebastian Follin. »Der Vertrag ist noch nicht unterschrieben, das heißt, die Produktion fällt unter meine Managervereinbarungen.«
»Es gibt eine Absprache zwischen Michelle persönlich und der Leitung des Senders, die kann nicht übergangen werden.«
»In den Formulierungen gibt es nichts, was eine juristische Bindung beinhalten würde.«
Bambi Rosenberg musste sich setzen. Sie sank auf den Bürostuhl von Michelle und ließ zu, dass der Streit, der über ihren Kopf hinweg tobte, immer leiser wurde und schließlich versickerte.
Ich verspreche es, dachte sie, ich werde mich um dich kümmern. Ich werde dafür sorgen, dass alles gut wird.
Torstensson war blass vor Schlafmangel, als er in die Redaktion schlich. Er trug ein Jackett, jedoch keine passende Anzughose dazu. Vor dem Nachrichtendesk blieb er stehen.
Keiner bemerkte ihn, und so suchte er nach einem passenden Sitzplatz. Spiken hatte das Telefon am Ohr, und der Textredakteur spielte ein Computerspiel. Schließlich setzte sich Torstensson auf den Platz des Auslandsredakteurs, der sich am Rande des Geschehens befand, aber doch nahe genug war, um von dort aus Einfluß nehmen zu können.
Was treibt ihn am meisten an?, fragte sich Schyman von seinem Aussichtspunkt im Glaskasten.
Es kann kein journalistischer Wille sein, denn so was kennt er gar nicht.
Möchte er Einfluss auf die gesellschaftliche Debatte nehmen? Vielleicht. Oder möchte er in der Öffentlichkeit als ein Machthaber dastehen? Sehnt er sich nach der Bestätigung durch die Eigentümerfamilie, oder ist es das Gehalt, die zukünftigen politischen Möglichkeiten oder die Anerkennung im Rotary Club? Der Chefredakteur legte ein paar Zeitungen auf den Tisch und stellte einen Kaffeebecher daneben. Dann zog er den Stuhl hervor und setzte sich. Spiken schielte zu ihm hinüber, machte aber keine Anstalten, aufzulegen oder die Füße vom Desk zu nehmen. Schyman ging zu seinem Schreibtisch, wählte die Nummer des Auslandsredakteurs und sah, wie Torstensson zusammenfuhr, als das Telefon klingelte.
»Könnten Sie bitte kurz zu mir reinkommen?«, fragte er den Chefredakteur, und Torstensson ging widerwillig zum Glaskasten.
»Was wollen Sie?«
Der verantwortliche Chefredakteur blieb in Verteidigungshaltung und misstrauisch in der Tür stehen.
»Ich habe bereits drei Anrufe bekommen, die mir wegen der heutigen Ausgabe der Zeitung eine Anzeige wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener ankündigen«, sagte Schyman und setzte sich auf seinen Schreibtisch.
Torstensson verschränkte die Arme vor der Brust.
»Wieso?«
»Das wissen Sie sehr gut«, erwiderte der Redaktionsleiter.
»Ich bin mit Ihrer Entscheidung nicht einverstanden, aber ich respektiere sie natürlich. Möchten Sie die Hinterbliebenen von Michelle Carlsson selbst anrufen, oder soll ich sie an unsere Rechtsabteilung verweisen?«
Schyman hielt ihm ein paar Zettel hin, doch der Chefredakteur machte keine Anstalten, sie entgegenzunehmen.
»Sie können mir keine Angst machen«, sagte Torstensson.
»Ich durchschaue Sie.«
Anders Schyman ließ die
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