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Prime Time

Prime Time

Titel: Prime Time Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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um Torstensson, oder?«, sagte Annika Bengtzon.
    »Er lässt die Zeitung vor die Hunde gehen, und Sie wissen nicht, wie Sie ihn aufhalten können. Hat er irgendwelchen Dreck am Stecken, in dem ich herumwühlen soll?«
    Anders Schyman atmete aus, es war ein langer Seufzer, der zwischen den Metallschränken widerhallte.
    »Schöne Umschreibungen sind nicht gerade Ihr Ding«, sagte er. »Kann ich mich auf Sie verlassen?«
    »Kommt drauf an«, erwiderte sie.
    Er zögerte einen Moment.
    »Es stimmt, was Sie vermuten«, sagte er dann.
    »Torstensson muss einfach weg, und er wird nicht freiwillig gehen.«
    »Und die Konzernleitung?«, fragte Annika Bengtzon.
    »Können die ihn nicht absägen?«
    Schyman schüttelte den Kopf.
    »Bei Herman Wennergren beißt man auf Granit. Wenn wir unseren verantwortlichen Herausgeber loswerden wollen, müssen wir ihn höchstpersönlich rauszerren.«
    »Und wie?«
    Er zeigte ihr das Protokoll vom 27. Juni des Vorjahres, aus dem hervorging, dass die Leitung des
Abendblatt
den Vorstand im Voraus über die erwartete Gewinnwarnung für das Börsenunternehmen Global Future informiert hatte. »Laut Protokoll war Chefredakteur Torstensson als beisitzender Berater zugegen. Und irgendwann im darauf folgenden halben Jahr verkaufte Torstensson seine Aktien des Unternehmens.«
    »Das muss nicht unbedingt ein krimineller Akt sein«, sagte Annika Bengtzon.
    »Nein«, erwiderte Schyman, »aber es kann einer sein. Alles hängt davon ab, wann er verkauft hat. Wenn er die Information vor ihrer Veröffentlichung benutzt haben sollte, hat er sich eines Insidergeschäfts schuldig gemacht.«
    »Obwohl er nicht im Vorstand der Firma sitzt?«
    »Wenn ein Taxifahrer ein Gespräch auf seinem Rücksitz mit anhört und dazu benutzt, sich einen Börsengewinn zu verschaffen, dann macht er sich eines Insidergeschäfts schuldig.«
    »Schwer zu beweisen«, sagte die Reporterin in etwas säuerlichem Ton.
    »Hier liegt der Fall wahrscheinlich leichter. Können Sie das für mich rauskriegen?«
    Sie sah ihn abwartend und mit leichtem Misstrauen im Blick an. »Und was mache ich, wenn ich etwas finde?
    Schreibe ich dann für die Zeitung morgen einen Artikel darüber?«
    Er musste lächeln.
    »Nicht direkt. Informieren Sie mich einfach.«
    »Wie lautet denn das magische Datum?«
    »Also, der Halbjahresbericht mit der Gewinnwarnung wurde am 20. Juli vorigen Jahres veröffentlicht.«
    Sie nahm Stift und Zettel aus der Hosentasche und schrieb mit. »Jeder Verkauf nach dem 27. Juni und vor dem 20. Juli bedeutet also, dass Torstensson seine vertraulichen Informationen über die schlechten Umsätze von Global Future ausgenutzt hat«, konstatierte sie.
    Er seufzte, die Müdigkeit höhlte seine Seele aus.
    »Eigentlich ist es noch schlimmer. Er wusste, dass sich die Eigentümerfamilie aus dem Unternehmen zurückziehen würde, was gleichzeitig hieß, dass die ganze Firma mehr oder weniger wertlos wurde.«
    Sie schrieb noch etwas auf und steckte dann das Papier wieder in die Hosentasche.
    »Warum ich?«
    »Wer sucht, hinterlässt Spuren«, sagte er, »also kann ich es nicht selbst tun.«
    »Die Wertpapierzentrale registriert alle Besucher, oder?«, meinte Annika.
    »Sie müssen da anfangen, aber ich denke nicht, dass das reichen wird. Wahrscheinlich ist eine ganze Menge Arbeit nötig, um weiterzukommen.«
    »Aber warum gerade ich?«
    Er befeuchtete seine Lippen, wog sorgfältig seine Worte ab.
    »Es gibt nicht viele Reporter bei der Zeitung, die die Fähigkeiten haben, diese Sache zu übernehmen.«
    Annika Bengtzon gab eine Mischung aus Lachen und Schnauben von sich.
    »Und mich kann man am leichtesten überreden.«
    Er lächelte ein wenig.
    »Wenn Sie das glauben, dann haben Sie ein seltsames Bild von sich. Sie wissen schon, warum.«
    »Nein«, sagte sie, stand auf und bürstete sich den Staub von der Hose. »Sagen Sie’s.«
    »Sie denken am ehesten so wie ich«, sagte er.
    Einen Moment lang verlor die Reporterin die Fassung, und echtes Erstaunen lag auf ihrem Gesicht. Dann fand sie wieder zu ihrer üblichen spöttischen Distanz zurück.
    »Ich kann mir jetzt aussuchen, ob ich das als eine Unterschätzung meiner Integrität oder als eine Anerkennung meiner Fähigkeiten betrachte. Ich entscheide mich für das Letztere. Die Dokumente werden Sie wahrscheinlich behalten wollen, oder?«
    Seine Kehle war völlig ausgetrocknet, und er winkte sie nur mit der Hand fort.
    In der Tür drehte sie sich plötzlich um, sie wirkte ganz klein und mager in

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