Prime Time
der Türöffnung.
»Wennergrens Kamera«, sagte sie, »was ist damit passiert?«
Anders Schyman sah mit einem Mal die glänzenden Konturen des Apparates vor sich und spürte wieder das Gewicht in der Hand.
»Beschlagnahmt«, sagte er. »Aber jetzt ist sie wieder freigegeben.«
Sie blieb mit der Hand auf der Türklinke stehen.
»Und wo ist sie?«
»Wieso?«
»Sind Bilder darin?«
Schyman wurde von derselben Sprachlosigkeit ergriffen, die er angesichts der Fotos von Michelle Carlsson und John Essex verspürt hatte, das war die Scham des heimlichen Beobachters. Er stand schnell auf und schüttelte das Unbehagen ab.
»Sie gehen zuerst rauf«, sagte er. »Kommen Sie dann zu mir.«
Fünf Minuten später sah Annika Schyman hereinkommen.
Sie wartete, bis er die Jacke ausgezogen, sich hingesetzt und die Zeitung aufgeschlagen hatte, ehe sie aufstand. Dann ging sie schnell zum Glaskasten und klopfte leicht an die Tür. Er winkte sie herein.
»Meine Name ist Bengtzon«, sagte sie und zog die Glastür ein wenig hinter sich zu. »Annika Bengtzon. Geschüttelt, nicht gerührt. Haben Sie die Kamera hier?«
Anders Schyman sah sie zögernd an.
Ihr Mund wurde trocken.
»Schließen Sie die Tür«, sagte er dann, bückte sich und schloss eine Schublade im Schreibtisch auf. Er nahm einen glänzenden Apparat heraus, der eher einem Walkman als einer Kamera ähnelte. Er schaltete den Apparat ein, der ein Piepen von sich gab, kontrollierte, dass er auch funktionierte, und reichte ihn Annika wortlos.
Das Display der Kamera leuchtete. Anne Snapphane lachte sie an, eindeutig in Partylaune.
»Wie funktioniert denn der Vorlauf?«, fragte sie, und er zeigte auf den Knopf.
Sie drückte, piep, Sebastian Follins Zunge. Sie zog eine Grimasse. Piep, Carl Wennergren grinsend vor der Verwüstung im Stall.
»Sind das alles nur Saufbilder?«, fragte sie und sah kurz zum Redaktionschef hinüber.
»Gehen Sie vor zu Nummer sechzehn oder siebzehn«, sagte er. Sie drückte schnell vor und hörte sich selbst aufkeuchen.
Michelle Carlsson und John Essex vögelten auf dem Esstisch. Beine, nackte Schenkel, weiße Hintern. Sie starrte fasziniert ein paar Sekunden darauf und drückte dann zum nächsten Bild weiter.
Annikas Puls schlug schneller, und zwischen den Beinen wurde ihr heiß. Sie blätterte mit halb geöffnetem Mund weiter, das Pochen in ihrem Schoß wurde ihr immer bewusster.
Dann blickte sie zu Schyman hoch, schämte sich für ihre Gefühle.
»Mein Gott«, sagte sie theatralisch. »Das ist doch nicht ganz normal.«
»Machen Sie weiter«, sagte er und machte eine Bewegung mit der Hand.
Sie versuchte, die Bilder von einer anderen Warte her zu betrachten und nicht nur das Motiv zu sehen, das immer verschwommener und diffuser wurde. Es schien dem Fotografen schwer gefallen zu sein, die Kamera still zu halten.
»Wahrscheinlich hatte er sich in der Küche versteckt«, sagte sie und durchbrach so ihre eigene Stimmung. Als sie zu den letzten Bildern kam, zuckte sie wieder zusammen.
Mariana von Berlitz mit der Mordwaffe in der Hand.
»Mein Gott«, sagte sie. »Was haben Sie jetzt damit vor?«
Er stand auf, nahm ihr die Kamera ab, schaltete sie aus und legte sie in die Schublade, die er sorgfältig abschloss.
»Ich weiß nicht«, sagte er. »Die Bilder sind spektakulär, einzigartig. Sie müssen mit ungeheurer Vorsicht behandelt werden.« Ihr fiel die Kinnlade herunter.
»Das kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein«, sagte sie und blinzelte. »Erwägen Sie wirklich, sie zu veröffentlichen?«
Der Redaktionsleiter setzte sich.
»Ich weiß nicht«, sagte er wieder. »Ich habe mich noch nicht entschieden.«
Trotz brandete in ihr hoch, eine Welle der Entrüstung.
»Jetzt hören Sie mal«, sagt sie, »wir sind doch verdammt noch mal keine Pornozeitung, oder?«
»Die Bilder haben durchaus noch andere Qualitäten«, sagte er schnell und legte die Fingerspitzen gegeneinander.
Sie war verblüfft und zuckte mit den Schultern.
»Und welche? Also die Schärfe und das Licht können es nicht sein. Wie können Sie das auch nur im Entferntesten in Erwägung ziehen?«
»Es ist der Zeitpunkt«, sagte er. »Der Augenblick. Die beiden Stars zusammen, sie ist inzwischen tot, er ist möglicherweise ein Mörder. Das ist doch eigentlich einzigartig.«
Sie trat ein paar Schritte zurück.
»Heimlich aufgenommene Sexfotos«, sagte sie. »Können Sie sich etwas vorstellen, das die Privatsphäre mehr verletzt?
Würden Sie wollen, dass so etwas
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