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Prime Time

Prime Time

Titel: Prime Time Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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habe gehört, es soll an diesem letzten Abend im Schloss viel Streit gegeben haben«, meinte sie vorsichtig.
    »Ein kleines Luder, das ist sie. Ein Parasit, der nicht loslassen will. Aber der Dokumentarfilm gehört mir, es ist mein Dokumentarfilm. Das habe ich schriftlich.«
    Annika starrte den Mann an, langsam wurde ihr unbehaglich.
    »Was für ein Dokumentarfilm? Der, den Michelle über sich selbst drehen wollte?«
    »Es ist gar nicht gesagt, dass ich TV-Plus den senden lasse.
    Es gibt eine Menge anderer Interessenten, und ich habe den Auftrag, mich um Michelles Rechte zu kümmern und die bestmöglichen Abschlüsse für uns auszuhandeln.«
    »Ich dachte, sie hätte Ihren Vertrag gekündigt«, sagte Annika und wartete die Reaktion ab.
    Sie blieb nicht aus. Der Mann hielt inne, als hätte er eine Ohrfeige bekommen. Sein Mund stand offen, er hatte gerade etwas sagen wollen. Stattdessen rang er nach Luft.
    »Wenn Sie wüssten, wie es mir ergangen ist«, sagte er mit steifem Rücken. »Michelle konnte unmöglich sein, in der einen Sekunde waren wir uns noch über alles einig, und dann änderte sie ihre Meinung, warf alles um, und ich konnte wieder ganz von vorne anfangen. Bockig wie ein kleines Kind, sie hatte keinerlei Verantwortungsgefühl, nur jede Menge Forderungen.«
    Er lehnte sich zurück und fing plötzlich an, sie mit Falsettstimme zu imitieren.
    »Das hier gefällt mir irgendwie nicht, Sebastian, das musst du ändern, Sebastian, das hier mache ich nicht mit, Sebastian.«
    Dann warf er sich wieder nach vorn.
    »Und dann die ganzen Männer«, zischte er. »Und immer musste ich hinterher aufräumen. Eigentlich bin ich der Einzige, der das weiß.«
    Annika starrte den Mann an und versuchte, ihr Erstaunen zu verbergen.
    »Okay«, sagte sie. »Was glauben Sie denn, wer sie erschossen hat?«
    Sebastian Follin wandte den Kopf. Die Neonleuchten im Eingangsbereich spiegelten sich in seiner Brille und ließen ihn wie ein Insekt aussehen. Ein Telefon am Empfang begann stur und aufdringlich zu klingeln. Tore Brand machte keinerlei Anstalten ranzugehen, wartete auf Follins Antwort.
    »Jemand, der einfach die Schnauze voll hatte«, sagte Sebastian Follin.
    Dann sammelte er seinen Mantel und seine Tasche ein, stand auf und verschwand geduckt im Treppenhaus.
    Tore Brand streckte sich nach dem Hörer.
    Die Wohnung hatte sich übers Wochenende natürlich nicht selbst geputzt. Annika sammelte den Müll ein und machte Durchzug, ehe sie mit dem Abfall in den Hinterhof ging.
    Die Arbeit fiel allmählich von ihr ab, das klebrige Gesicht von Sebastian Follin verschwand aus ihrem Bewusstsein.
    In der Küche war der Frühstücksbrei vom Freitag im Topf auf dem Herd eingetrocknet, sie hatte ihn am Abend vorher einweichen wollen, es aber vergessen, nicht geschafft, nicht gewollt.
    Sie überließ das Chaos sich selbst, blieb auf der Schwelle zum Kinderzimmer stehen und versuchte, einen Zusammenhang in dem Bild zu sehen, das sich ihr bot: in der Ecke das Gitterbettchen von Ellen, das von Kalle mit den herausnehmbaren Stäben an der Längsseite unter dem Fenster. Der süßlich beißende Geruch von Kinderkacke und Maisbrei. Der Sinn ihres Lebens, der Grund, warum man Mensch war. Ein feuchter Wind fuhr durch das Zimmer, die Schlafzimmertür schlug zu.
    Sie wandte sich ab, legte die Stirn an den Türrahmen und atmete durch.
    Es geht, dachte sie. Es muss gehen.
    Dann sammelte sie sich und stellte das Gehirn ab. Die Arbeit war der leichtere Teil des Lebens.
    Eine Stunde später war das meiste weggeräumt. Die Spielsachen waren aufgesammelt, die Wäsche drehte sich in der Maschine, der Fußboden war notdürftig gesaugt, und die Spülmaschine surrte und klapperte, weil zu viel Geschirr darin war. Sie ging in den Laden hinunter und kaufte Milch, Butter, Eier, Käse, Frühlingszwiebeln, Brot, Fisch und Konserven, hatte zu wenig Geld dabei und musste anschreiben lassen.
    Als sie mit den Einkaufstüten die Treppen heraufkam, klingelte das Telefon hinter der Tür. Sie warf die Tüten hin, so dass die Eier kaputtgingen, und steckte mit zitternden Händen den Schlüssel ins Schloss.
    »Kann ich mal kurz vorbeikommen?«
    Sie setzte sich auf den Fußboden, die Stirn in die Hand gestützt und mit vor Traurigkeit brennenden Wangen.
    »Klar kannst du«, sagte sie zu Anne Snapphane.
    »Du klingst irgendwie traurig. Ist was passiert?«
    Sie versuchte zu lachen.
    »Ich dachte, es wäre Thomas.«
    »Sorry«, sagte Anne. »Ich bring Kekse mit.«
    Er hatte das ganze

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