Prime Time
Frau beim Sex auf einem Esstisch.
»Michelle Carlsson und John Essex«, sagte Spiken.
»Wennergren hat die Bilder an dem Abend gemacht, bevor sie ermordet wurde.«
Die Aufregung in seiner Stimme hatte eine doppelte Ursache, es war der makabere Jagdeifer des Journalisten, verbunden mit einer Dosis Voyeurismus.
Das Schweigen wurde greifbar, alle Augen waren auf Anders Schyman gerichtet. Sogar Torstensson hörte auf zu blättern, blickte allerdings nicht auf. Der Redaktionsleiter versuchte, seine Eindrücke und Gefühle zu sortieren, und überlegte schnell, wie wütend er werden sollte.
»Was machen diese Bilder im Computer der Zeitung?«, fragte er mit kontrollierter Stimme.
»Sie sind nicht drin«, sagte Spiken. »Wennergren hat alles auf eine CD gebrannt.«
»Nehmen Sie die CD raus«, sagte Schyman, »und geben Sie sie mir.«
»Kommt nicht in Frage«, sagte Wennergren. »Die gehört mir.«
Der Redaktionschef betrachtete den Reporter mit seinem entspannten Lächeln, dem dichten blonden Haar, der kräftigen Schulterpartie. Der Star in der Gruppe, das Vorbild der Männer. Er spürte, dass die Redakteure sich hinter Spiken und Wennergren scharten. Ohne es erklären zu können, wusste er doch, dass auch Torstensson das tat.
»Nehmen Sie die CD raus«, sagte Anders Schyman mit Nachdruck, »ehe jemand auf die Idee kommt, die Bilder auf irgendeinen Rechner zu holen. Wir werden einen solchen Scheiß nicht in unserem System haben.«
Das Schweigen lastete schwer.
»Warum nicht?«, fragte Wennergren nach außen hin spöttisch, aber mit einem aggressiven Unterton. »Wir könnten sie auf eine verborgene Seite unserer grottenschlechten Website legen und die Adresse an ein paar ausgewählte Hacker durchsickern lassen. Dann würde unsere Homepage zum ersten Mal mehr Besucher haben als die von der Konkurrenz, und das in ein paar Stunden.«
Es zuckte in den Mundwinkeln der Männer, die Schultern bewegten sich, darüber hatten sie eben nachgedacht und gescherzt. »Soll ich sie selbst rausnehmen?«, fragte Schyman ruhig.
Spiken seufzte theatralisch, holte die Scheibe aus dem CD-Laufwerk und gab sie Carl Wennergren.
»Eigentlich müsste das ja der verantwortliche Herausgeber entscheiden«, sagte Spiken provozierend.
Schyman dachte jetzt nicht länger nach, sondern stürmte nach vorn.
»Blödes Geschwätz«, herrschte er und knallte beide Hände vor dem Nachrichtenchef auf den Tisch. »Wir sind hier nicht bei einer billigen Pornozeitung, und wenn Sie das nicht wussten, dann können Sie augenblicklich verschwinden!«
Torstensson blätterte nervös in der messerscharfen Stille.
Spiken fiel die Kinnlade herunter, er blinzelte ein paar Mal.
»Mein Gott, machen Sie ein Theater«, sagte Spiken, nahm die Füße vom Tisch und wandte sich ab.
»Wennergren«, sagte Schyman, »in mein Büro.«
Er wartete, bis der Reporter aufgestanden war und sich zu ganzer Länge aufgerichtet hatte. Dann zwang er sich, ganz entspannt m Richtung Glaskasten zu gehen.
»Was machen Sie hier?«, fragte er, nachdem er die Tür hinter Wennergren zugeschoben hatte.
»Ich schreibe einen Artikel über den Mord an Michelle Carlsson«, sagte Wennergren. Seine Stimme war jetzt nicht mehr so fest und ohne Spott.
Anders Schyman stellte sich vor den jungen Mann und nagelte ihn mit seinem Blick fest. Das Schweigen wurde bedrückend, Carl Wennergren kreiste ein wenig mit den Schultern.
»Wieso denn nicht?«, fragte er schließlich. »Ich war schließlich da. Das ist ein Knüller. Außerdem weiß ich Sachen, die noch nicht rausgekommen sind.«
»Sie schreiben nicht eine Zeile«, sagte Schyman, dem unangenehm klar wurde, wie gepresst er klang. »Solange Sie ein mit Auflagen versehener Zeuge in einem Mordfall sind, werden Sie nicht im Auftrag dieser Zeitung über den Mord berichten.«
»Ich kann doch über meine eigenen Erlebnisse schreiben, oder? Barbara durfte es schließlich auch!«
Ein Funke sprang über in Anders Schymans Kopf und ließ ihn explodieren.
»Glauben Sie, das hier ist ein verdammter Kindergarten?«, brüllte er dem Reporter ins Gesicht. »Barbara durfte … mein Gott!«
Er schlug die Hände vors Gesicht, drehte sich um und merkte, dass er Kontrolle und Autorität verloren hatte. Er zwang sich, zu atmen und nachzudenken, dann sah er wieder zu dem Reporter, der jetzt weiß um die Nasenspitze geworden war.
»Sjölander sitzt in einem Flugzeug über dem Atlantik«, sagte der Redaktionschef mit kratziger Stimme. »Er kann Sie morgen über
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