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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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und seine Leute sitzen nun auf dieser Insel fest und können nicht über Land entkommen – und falls sie es auf dem Wasserwege versuchen – tja, dann werden wir schon auf sie warten, nicht wahr?«
    Daniel konnte der Karte nichts weiter entnehmen, und so blickte er auf. Er sah nun einen rechteckigen Turm, der etwa eine Meile vor ihnen aus einem cairnartigen Fundament aufragte.
    Bei Flut mochte Shive Tor, wie er sich aus dem funkelnden Wasser erhob und über dem Schiffsverkehr an Englands Haustür brütete, wenn schon kein hübsches Bild, so doch wenigstens ein beeindruckendes, wildromantisches Schauspiel abgeben. Doch in diesem Augenblick stand er allein in der Mitte einer riesigen Fläche entwässerten Schlamms von der Größe Londons.
    »Falls Jack seinem Ruf gerecht wird, hat er ein Schiff zur Verfügung – vielleicht ein größeres und besseres als das hier«, sagte Daniel – weniger, um einen ernsthaften Einwand zu erheben, als um Barnes anzustacheln.
    »Schaut doch darüber hinaus – seht, was in der Ferne liegt!«, rief Barnes aus.
    Daniel blickte an Shive Tor vorbei und stellte fest, dass ein, zwei Meilen dahinter abermals Wasser lag. Er brauchte ein Weilchen, um sich zu überzeugen, dass das die Fahrrinne des Medway war. An deren anderem Ufer befand sich ein Befestigungssystem, hinter dem ein Fischerdorf kauerte: Sheerness.
    »Falls Jack nach Frankreich durchzubrechen versucht, brauchen wir bloß Sheerness Fort zu signalisieren. Den Rest erledigt dann die Admiralität«, sagte Barnes. Er sagte es zerstreut, während er ein Messing-Perspektiv zu voller Länge auszog und Shive Tor damit anvisierte. »Darüber müssen wir uns allerdings keine Gedanken machen – wie erwartet, sitzt er auf dem Trockenen. Wie Ihr seht, gibt es eine Fahrrinne, sodass sich Shive Tor auf dem Wasserwege erreichen lässt, und Jack hat sie immer tiefer ausgehoben, sodass er mit immer größeren Schiffen bis direkt an den Tor fahren kann – aber während einer Springtide hat das keinen Sinn. Heute Abend würde sogar eine Pinasse über den Boden dieser Rinne schrammen.«
    Etwa zu der Zeit, da hinter der Isle of Grain hervor Shive Tor in Sicht gekommen war, hatte der Wind gedreht und kam nun von Steuerbord voraus. Seit einigen Minuten waren die Seeleute damit beschäftigt, die Segel entsprechend zu stellen. Ihre Tätigkeit tarnte die subtileren Operationen der Signalgasten, die mittels Flaggen mit den Dragonern zu kommunizieren suchten (jedenfalls nahm Daniel das an), welche in Gravesend von Bord gegangen waren. Es kam, mit anderen Worten, zu einer kurzen Pause. Sie würde selbstverständlich nicht andauern, und es war äußerst ungewiss, wann Daniel dann wieder Gelegenheit finden würde, mit Barnes zu reden.
    »Macht Euch wegen Roger keine Gedanken«, sagte er.
    »Wie belieben, Sir?«
    »Wegen des Marquis von Ravenscar. Macht Euch keine Sorgen. Ich werde ihm einen Brief schreiben.«
    »Was genau für einen Brief?«
    »Ach, ich weiß nicht. ›Lieber Roger, finde es faszinierend zu hören, dass Ihr dabei seid, eine Armee aufzustellen, eigenartigerweise tue ich das auch und habe bereits Oberst Barnes ersucht, mein Oberbefehlshaber zu werden. Lasst uns Verbündete sein. Euer Waffenbruder Daniel.‹«
    Barnes war zum Lachen zumute, aber er traute seinen Ohren nicht recht, und so hielt er an sich, und sein Gesicht nahm ein apoplektisches Rot an. »Ich stünde in Eurer Schuld«, sagte er.
    »Aber nicht doch.«
    »Wenn meine Männer leiden müssten, bloß weil irgendein politischer -«
    »Das kommt gar nicht in Frage. Bolingbroke wird seinen Lebensabend in Frankreich verbringen. Die Hannoveraner werden kommen, und wenn sie das tun, werde ich Euch und Eure Männer Prinzessin Caroline gegenüber rühmen.«
    Barnes verbeugte sich vor ihm. »Vielleicht auch nicht, je nachdem, was in der nächsten Stunde passiert.«
    »Es wird hervorragend klappen, Oberst Barnes. Noch eines, ehe wir uns ins Getümmel stürzen -«
    »Ja, Doktor?«
    »Euer Vorgesetzter wollte mir irgendeine Nachricht übermitteln?«
    »Wie bitte?«
    »Der Schwarzgardist, der Euch heute Morgen auf dem Tower Wharf angesprochen hat.«
    »Ja, richtig«, sagte Barnes und feixte. »Großer, kräftiger Bursche, dunkelhaarig und ein bisschen finster, hätte einen großartigen Dragoner abgegeben. Sprach in Worten, die ich nicht vollständig verstanden habe. Was wahrscheinlich auch seine Absicht war. Wollte, dass ich Euch sage, dass es ein abgekartetes Spiel ist.«
    Daniel erstarrte zehn

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