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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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von Ansbach sein wird. Ja. Ihr Name fällt ständig. Hat sie Euch beauftragt, mich auf den Straßen von Plymouth aufzuspüren?«
    Der Earl zog eine leicht gekränkte Miene. »Ich bin der Sohn Eures alten Freundes. Ich bin Euch zufällig begegnet. Meine Überraschung war echt. Das Willkommen, das meine Frau und meine Kinder Euch bereitet haben, war ungekünstelt. Wenn Ihr es bezweifelt, dann kommt nächste Weihnachten in unser Haus.«
    »Warum gebt Ihr Euch dann solche Mühe, die Prinzessin zur Sprache zu bringen?«
    »Nur weil ich mich freimütig äußern will. Wo Ihr als Nächstes hingeht, ist alles Intrige. Wer sich zu lange in London aufhält, den befällt eine Krankheit des Geistes, die dazu führt, dass ansonsten vernünftige Menschen Ereignissen, die rein zufällig sind, forcierte und absurde Bedeutungen beilegen.«
    »Ich habe diese Krankheit in voller Blüte beobachtet«, räumte Daniel ein und dachte dabei speziell an einen Mann.
    »Ich möchte nicht, dass Ihr heute in sechs Monaten, wenn Euch das alles bewusst wird, denkt: ›Aha, der Earl of Lostwithiel war nichts weiter als ein Handlanger von Caroline – wer weiß, was er mir sonst noch an Lügen aufgetischt haben mag!‹«
    »Nun gut. Dass Ihr das jetzt enthüllt, offenbart eine für Euer Lebensalter atypische Klugheit.«
    »Mancher würde es auch Furchtsamkeit nennen, die ihren Ursprung in den Katastrophen hat, die meinen Vater und dessen Vater heimsuchten.«
    »Da bin ich anderer Ansicht«, sagte Daniel kurz angebunden.
    Masse und Bewegung neben ihm ließen ihn zusammenfahren, und er befürchtete schon, es handele sich um einen Menhir, der vom Wind umgeworfen wurde; doch es war nur Thomas Newcomen, der bedeutend rosiger aussah. »So Gott will, werde ich dem Erlebnis einer Seereise niemals näher kommen als mit dieser Kutschfahrt!«, erklärte er.
    »Möge der Herr Euch davor bewahren«, gab Daniel zurück. »In den Stürmen des vergangenen Monats sind wir dermaßen umhergeworfen und -geschleudert worden, dass sämtliche Matrosen vor Übelkeit tagelang nichts essen konnten. Nachdem ich zunächst darum gebetet hatte, dass wir nicht auf Grund liefen, erflehte ich am Ende nichts sehnlicher, als dass wir es endlich täten.« Daniel hielt inne, um Atem zu holen, während die anderen beiden lachten. Newcomen hatte eine Tonpfeife und einen Tabaksbeutel gezückt, und Lostwithiel tat es ihm nun gleich. Der Earl klatschte in die Hände, um seinen Kutscher auf sich aufmerksam zu machen, und bedeutete ihm, Feuer herbeizuschaffen.
    Daniel lehnte den angebotenen Tabak mit einem Schlenker seiner Hand ab. »Eines Tages wird dieses Indianerkraut mehr Weiße umbringen, als Indianer von Weißen umgebracht worden sind.«
    »Aber heute nicht«, sagte Newcomen.
    Wenn sich dieser fünfzigjährige Grobschmied in Gegenwart eines Earls sonderbar unverblümt und direkt äußerte, so lag das daran, dass er und der Earl seit einem Jahr bei einem bestimmten Projekt zusammenarbeiteten. »Die Bilanz der Seereise war doch hoffentlich einfacher zu ziehen, Dr. Waterhouse?«
    »Als das Wetter sich besserte, kamen diese schrecklichen Felsen in Sicht. Während wir daran vorbeisegelten, sprachen wir ein Gebet für Sir Cloudesley Shovell und die zweitausend Soldaten, die auf der Heimfahrt von der spanischen Front dort zu Tode gekommen sind. Und als wir am Ufer Menschen bei der Arbeit sahen, haben wir abwechselnd durch ein Fernrohr geschaut und gesehen, wie sie den Strand mit Rechen durchkämmten.«
    Als der Earl dies hörte, nickte er wissend, weshalb sich Daniel dem Schmied zuwandte, der ein neugieriges Gesicht machte – allerdings schaute er, wenn man es recht bedachte, immer neugierig drein, wenn er nicht gerade dabei war, sich zu übergeben. »Ihr müsst wissen«, fuhr Daniel fort, »dass bei den Isles of Silly so manches mit Stücken von Achten beladene Schiff untergegangen ist und ein großes Unwetter manchmal dazu führt, dass das Meer Silber auf trockenes Land erbricht.«
    Die unglückliche Wahl des Verbums ließ den Schmied zusammenzucken. Der Earl schaltete sich mit einem kleinen Scherz ein: »Das ist das einzige Silber, das den Weg auf englischen Boden finden wird, solange die Münze überzogene Preise für Gold zahlt.«
    »Ich wünschte, ich hätte das schon begriffen, als ich in Plymouth anlangte!«, sagte Daniel. »Ich hatte nichts als Stücke von Achten in meiner Börse. Träger, Kutscher, Gastwirte haben danach geschnappt wie ausgehungerte Hunde – ich fürchte, ich habe

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