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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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niemand kam hin?
    Hinter ihm stellte de Gex in seiner Aufsichtspersonen eigenen Art unnötige Fragen. »Was meint Ihr, Jimmy?«
    »Ich finde, dass sich zu viel um die Ergebnisse im Tower selbst dreht«, antwortete Jimmy düster.
    De Gex schien erfreut über die Gelegenheit, sich der priesterlichen Aufgabe zu entledigen, denen beizustehen, die verzweifelt waren. »Ah, ich weiß, der Tower ist ein gar fürchterlicher Anblick. Aber ungebildete Männer, wie Ihr es seid, verlangen nach einer historischen Perspektive. Wisst Ihr, Jimmy, wer der allererste Gefangene im Tower von London war?«
    »Nein«, antwortete Jimmy, nachdem er sich gegen die Alternative, nämlich de Gex von dem Monument hinunterzuwerfen, entschieden hatte.
    »Das war Seine Heiligkeit, Ranulf Flambard, Bischof von Durham. Und wisst Ihr, Jimmy, wer der erste Gefangene war, der aus dem Tower von London entkam ?«
    »Keine Ahnung.«
    »Ranulf Flambard. Das war im Jahr des Herrn 1101. Seitdem hat sich kaum etwas verändert. Die Insassen des Tower sehen davon ab zu fliehen, aber nicht etwa, weil dieser Ort so hervorragend bewacht wird, sondern weil sie zum größten Teil Engländer sind, die finden, dass es sich nicht gehört, einfach zu gehen. Hätten Franzosen die Kontrolle über den Tower, würde unser Plan ganz sicher scheitern, aber wie die Dinge stehen -«
    »Na kommt, so schlimm sind sie auch wieder nicht«, warf Jack ein, »seht doch nur, wie die Rotröcke Richtung Kai ausschwärmen. Die Unruhe ist gewachsen.«
    »Ausgezeichnet«, schnurrte de Gex. »Dann können ein Russe und ein Schotte zustande bringen, wovon ein Engländer nicht einmal träumen würde.«

Schaluppe Atalanta, vor der Isle of Grain
    SPÄTNACHMITTAG
    Als sie Oberst Barnes das nächste Mal zu Gesicht bekamen, befanden sie sich ein gutes Stück weit im letzten Abschnitt der Hope. Das ablaufende Wasser schoss so heftig von ihnen weg, dass die Atalanta auf dem Bett der Themse auf Grund zu laufen drohte. Der Fluss wurde mit jeder Minute schmaler, während sein Inhalt meerwärts floh und riesige, schmierig graubraune Flächen bloßlegte. Ein paar Meilen backbord achteraus war, in einer Schlammwüste auf dem Trockenen sitzend, Southend zu sehen. Der Ausblick aber wurde beherrscht von der Weite des offenen Ozeans, der nun ein volles Viertel des Horizonts einnahm.
    An Steuerbord sah man einen wasserreichen, gewundenen Fluss, der durch die Sümpfe von Kent mäanderte und sich beinahe erschöpfte, während er über die stetig breiter werdende Ebene mühsam der Themse zustrebte.
    »Das ist der Yantlet Creek«, verkündete Oberst Barnes. »Alles, was jenseits davon liegt, ist nicht das Festland, sondern die Isle of Grain.«
    »Wie kann ein Bach eine Insel bilden?«, fragte Daniel.
    »Fragen wie diese sind die Strafe, die wir dafür erdulden, dass wir Naturphilosophen einladen«, seufzte Barnes.
    »Sir Isaac hat auch gefragt?«
    »Ja, und ich werde Euch dieselbe Antwort geben.« Barnes entrollte seine Karte und folgte mit dem Finger dem S des Yantlet Creek landeinwärts bis zu einer Stelle, wo er sich mit einem Ganglion anderer Bäche verband, die teils in die andere Richtung, nämlich in den Medway am gegenüberliegenden Ufer der Insel, flossen.
    »Die Schwerkraft scheint sich hier über uns lustig zu machen – wer kann die Fließrichtung dieser Ströme erklären?«, sinnierte Daniel.
    »Leibniz vielleicht«, gab Barnes sotto voce zurück.
    »Es ist also wirklich eine Insel«, räumte Daniel ein, »was die Frage aufwirft, wie Eure berittenen Kompanien hinübergelangen können. Ich nehme an, dass sie das vorhaben.«
    Mit einem schmutzigen Fingernagel zog Barnes die Linie einer Straße vom Fähranleger in Gravesend ostwärts entlang dem Fuß der Kreidehügel nach. Wo die Themse nordwärts abbog und um den Hammerkopf herumschwenkte, verlief die Straße südwärts, querte dessen schmalen Stiel und folgte dann dem höher gelegenen und trockeneren Gelände, das ein paar Meilen landeinwärts lag. »Hier müssten sie uns eigentlich überholt haben«, sagte Barnes. »Und da ist die Brücke – die einzige Brücke – über den Yantlet Creek auf die Isle of Grain.«
    »Als Militär, der Ihr seid, betont Ihr stark die Einzigkeit dieser Brücke«, bemerkte Daniel.
    »Als Militär, der ich bin, habe ich sie für heute in meinen Besitz gebracht«, stellte Barnes fest. »Meine Männer haben sie überschritten und das auf der Insel gelegene Ende besetzt.« Dann sah er auf seine Uhr, um sich zu beruhigen. »Jack

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