Pringle vermisst eine Leiche
Mirandas
Mütze gefunden habe, die sie offenbar bei seinem tätlichen Angriff verloren
hatte, und der Toten über den Kopf gezogen habe. Dann hätten sie beide — er und
Winstead — die Leiche zum Fluß hinuntergetragen und dort ins Wasser geworfen.»
«Und warum?»
«Sie wollten nicht, daß sie in
der Nähe der Kirche gefunden wurde, weil sie befürchteten, dann selbst in
Verdacht zu geraten.»
«Erhebt er richtiggehend
Anschuldigungen gegen Winstead?»
«Nein. Er äußert mehr
Vermutungen. Zugegeben hat er übrigens, daß er mitbekommen hat, wie Winstead
Miranda Kenny angriff, nachdem er, Simmons, sie stehengelassen hatte, aber er
‹hielt es für besser›, nicht einzugreifen...»
«Noch so ein Kavalier!»
«Simmons hat angegeben, jetzt
aussagen zu wollen, weil sein Gewissen ihm keine Ruhe gebe.»
«Ich denke eher, daß er Angst
hat, womöglich selbst wegen Mordes angeklagt zu werden», sagte Andrews
nüchtern. «Das reicht jetzt. Den Rest lesen wir, wenn wir zurück sind.» Er
hängte ein. «Da sieh mal einer an...» t
Mather blickte ratlos. «Also,
ich bin ziemlich verblüfft, muß ich sagen. Simmons hat bisher noch nie
Gewaltdelikte begangen, und Winstead ist noch nicht einmal vorbestraft.»
«Ja, ich bin selber
überrascht», gestand Andrews.
«Und welches Motiv sollten sie
haben? Oder ob Doris Leveret sie um Geld angegangen ist?»
«Das Alias von Simmons war doch
R. L. McCormack, oder? Wofür stand das L?» fragte Andrews. Mather zuckte die
Achseln. «Keine Ahnung.»
«Das müssen wir so schnell wie
möglich herausfinden. Wenn es ‹Leonard› bedeutet, dann ist Simmons vielleicht
derjenige, zu dem Doris Leveret Mittwoch nacht wollte, und nicht der Pfarrer.»
«Ich dachte, wir gingen davon
aus, daß der Mörder im Ort zu suchen sei.»
Andrews gähnte.
«Diese Geschichte mit dem Zelt
schien mir zunächst darauf hinzudeuten, das stimmt», sagte Andrews.
«Und Winstead ist kein
Gewaltverbrecher, dafür lege ich meine Hand ins Feuer», insistierte Mather.
«Ich habe ihn doch selbst verhört. Seine ganze Leidenschaft gilt der Malerei.
Er bewundert die Arbeiten von Simmons, offenbar hält er ihn für eine Art Genie.
Und der Angriff auf Mrs. Kenny erfolgte meines Erachtens nur, weil er annahm,
Simmons damit ein Problem vom Hals zu schaffen.»
«Hm.»
«Ich glaube allerdings kaum,
daß seine Bewunderung so weit gehen würde, für Simmons einen Mord zu begehen.»
«Nehmen wir doch einmal an»,
sagte Andrews, «Mrs. Leveret verlangte einen Teil der Festeinnahmen. Sie wußte,
daß der Pfarrer die Gelder verwaltete — möglicherweise ist das der Grund, warum
Mr. Leveret den Eindruck hatte, daß sie sich Mittwoch nacht mit Terson treffen
wollte. Aber vielleicht hat sie sich statt an den Pfarrer an Simmons gewandt —
und Winstead war dagegen.»
«Tut mir leid, das leuchtet mir
nicht ein», sagte Mather und schüttelte den Kopf. «Wieso sollte Doris Leveret
ausgerechnet Simmons ansprechen, wenn sie Geld brauchte? Und überhaupt — warum
wurde sie dann schon am Mittwoch umgebracht? Der logische Zeitpunkt wäre doch
irgendwann am Sonntag gewesen, wenn sie tatsächlich erschienen wäre, um
abzukassieren. Bis dahin hätte man sie doch hinhalten können.» Andrews nickte
zögernd. Er hatte den Einwänden seines Sergeant nichts entgegenzusetzen.
«Sie haben ja recht», sagte er
mißmutig. «Aus welchem Grund hätte er die Leiche schließlich in den Fluß
werfen, sie wieder herausfischen und ins Zelt schleppen sollen? Und warum sie
dann anschließend, nachdem unser Opa sie entdeckt hatte, wieder aus dem Zelt
herausholen, irgendwo verstecken und zum zweitenmal ins Wasser werfen? Wenn wir
davon ausgehen, daß Winstead nicht ein unberechenbarer Psychopath ist, was
könnte ihn dann dazu gebracht haben, ein solches Theater zu inszenieren?»
«Nichts», sagte Mather knapp.
Andrews seufzte. «Ich denke, das
beste wird sein, wenn wir ihn uns persönlich vornehmen. Und Simmons auch. Wie
kommt man am schnellsten nach Rotterdam?»
«Von Norwich aus mit dem
Flugzeug.»
Mr. Pringle parkte den Wagen
auf dem gewohnten Platz gleich vor seiner Hälfte des Doppelhauses. «Wir sind
da», sagte er. Mavis fuhr mit einem Ruck in die Höhe.
«Ja, tatsächlich!» Sie blickte
zufrieden um sich. «Ist es nicht wunderbar, wieder zu Hause zu sein? Oh, du
meine Güte...»
«Was ist los?»
«Hast du das Flurfenster
offengelassen?»
«Nein, natürlich nicht!» Sein
Herz begann zu rasen, er kam gar nicht schnell genug aus
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