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Pringle vermisst eine Leiche

Pringle vermisst eine Leiche

Titel: Pringle vermisst eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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vergessen
kann.»
    «Vielleicht hast du recht»,
sagte Mr. Pringle. «Nicht weit von Sutton Hoo gibt es einen Ort namens
Rendlesham, dort soll der Wuffinga-Stamm eine Versammlungshalle gehabt haben.
Aber genau weiß man das natürlich nicht, es ist ja auch alles mehr als
tausenddreihundert Jahre her.»
    «Und dies hier war dann ihr
Bordell», sagte Mavis mit Entschiedenheit.
    «Kann schon sein. Jedenfalls
dürfte es der Archäologie ganz neue Perspektiven eröffnen.»
    «Hierher kamen sie, wenn sie so
richtig über die Stränge schlagen wollten», empörte sich Mavis. «Und du glaubst
doch wohl nicht, daß die Bänke hier bloß zum Sitzen da waren — dazu sind sie
auch viel zu breit. Ein Wunder, daß sie unter der Decke nicht noch einen
Spiegel angebracht haben. Und der Tisch in der Mitte, der hat nie und nimmer
als Altar gedient. Heutzutage würde man Wuffa und seine Männer einfach als
schmutzige Voyeure bezeichnen.» Mrs. Bignell hatte ihren Gefühlen Luft gemacht,
jetzt hatte sie Ruhe, die Malereien genauer zu betrachten.
    «Ich bin ja, weiß Gott,
tolerant, das weißt du. Sonst könnte ich auch gar nicht im Bricklayers arbeiten. Aber diese Wandmalereien finde ich wirklich abstoßend. Und daß sie
sehr alt sind, ist meiner Meinung nach auch keine Entschuldigung. Schau dir zum
Beispiel mal dies hier an, siehst du, wo der seinen — du weißt schon was —
hinsteckt? Und wie genüßlich er grinst, dabei sollte er sich schämen.»
    «Trotzdem — als Zeugnis einer
vergangenen Kultur sind diese Malereien sicherlich einzigartig.»
    «So, findest du?» fuhr sie ihn
an. «Wem willst du sie denn zeigen?» Mr. Pringle schwieg. «Stell dir bloß mal
vor, sie würden im Fernsehen präsentiert, was würde die Premierministerin wohl
dazu sagen?»
    «Sie würde sich vermutlich
dafür aussprechen, sie schleunigst zu privatisieren», bemerkte Mr. Pringle.
    «Nein, das glaube ich nicht.
Ich denke, sie würde versuchen, dafür zu sorgen, daß sie zerstört würden, weil
sie sonst befürchten müßte, daß sich ihre Parteifreunde mitsamt ihren Mätressen
massenhaft in Richtung Suffolk aufmachen. Und das könnte ihr
Abstimmungsniederlagen im Unterhaus einbringen.» Sie beugte sich vor, um ein
Detail genauer zu studieren. «Oh, und hier! Das ist ja unglaublich! Da hat König
Wuffa wohl schon etwas von seiner Vitalität eingebüßt. Jedenfalls benutzt er
hier so eine ulkige kleine Vorrichtung. Etwas Ähnliches habe ich vor Jahren
einmal in der Tottenham Court Road gesehen, aber ich hätte nie gedacht, daß sie
das schon um 600 nach Christus hatten.»
    «Als die Römer im fünften
Jahrhundert aus Britannien abzogen, hinterließen sie uns alle Errungenschaften
einer entwickelten Zivilisation.»
    «Na, nun sag bloß noch, die
Italiener wären schuld», sagte sie entrüstet. «Und wenn du jetzt zufällig an
Pompeji denken solltest — das war etwas ganz anderes.» Ihre Empörung kehrte
zurück. «Die Malereien sind kein bißchen erotisch, dazu sind sie viel zu
eindeutig. Ich weiß ja nicht, wie sie auf dich wirken, aber mich machen sie
überhaupt nicht an — im Gegenteil, sie verleiden mir den Spaß.»
    «Dann sollten wir aber wirklich
zusehen, daß wir so schnell wie möglich hier rauskommen», sagte Mr. Pringle
ehrlich erschrocken.
    Felicity Brown saß in einem der
Büroabteile in der mobilen Ermittlungszentrale und wartete auf Detective
Inspector Andrews. Sie war nervös, und das nicht nur wegen der Explosion in
ihrem Garten.
    Andrews öffnete die Tür. «Wenn
Sie bitte mitkommen würden, Mrs. Brown.»
    Sie folgte ihm mit gemischten
Gefühlen. «Irgendwie erscheint es mir wie Verrat, zu Ihnen zu kommen, ohne daß
Mr. Leveret davon weiß.»
    «Was machte er denn heute
morgen für einen Eindruck?» Detective Inspector Andrews ging ihr voran und
bemühte sich, ihr durch seinen freundlichen Ton zu signalisieren, daß sie
Vertrauen haben könne. «Meine Beamten sagten mir, daß er sich allmählich wieder
zu erholen scheint und anfängt, Interesse für seine Umgebung zu zeigen.»
    «Er hat wohl akzeptiert, daß
Doris tot ist, wenn Sie das meinen», sagte Felicity.
    Sie hatten Andrews’ Zimmer
erreicht. «Bitte, nehmen Sie Platz, Mrs. Brown. Darf ich Ihnen einen Kaffee
anbieten? Unsere Kaffeemaschine ist heute morgen endlich repariert worden. Ich
hoffe, daß sie jetzt auch wirklich funktioniert. Der Elektriker war gerade
fertig, als hier so etwas wie der dritte Weltkrieg ausbrach.» Sie lächelte
matt.
    «Ich dachte im ersten Moment,
ein

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