Printenprinz
eigentlich dem Konzern zugesicherte Grundstück für sich zu beanspruchen. Er stand kurz vor dem Kaufvertrag. Inwieweit seine Tätigkeit als Kölner Karnevalsprinz und seine Ansiedlungswünsche am Rhein miteinander zusammenhängen, ist eine Frage, auf die ich keine Antwort geben kann. Es ist für mich auch nicht von Bedeutung. Da war jedenfalls für Krathmakers, wie man so sagt, ›Holland in Not‹. Das in die Amtsleiter investierte Geld wäre für die Katz gewesen. Die Überlegungen, die vielleicht vor dem Ende stehende Printenbäckerei zu übernehmen und die Produktion unter dem Dach des Lebensmittelmultis fortzusetzen, war damit quasi hinfällig.«
»Bis Peter von Sybar starb.«
»Bis Peter von Sybar starb«, echote Schlemmer. »In diesem Moment schien sich doch alles zum Vorteil von Krathmakers und Landmann zu wenden.« Er griff zum Wasserglas und trank. »Bevor ich es vergesse, Landmann war zugesichert worden, Chef der neuen Printenfabrik in Köln zu werden.«
»Also hat er nur Vorteile durch den Tod seines Chefs.«
»Er hätte nicht nur Vorteile wirtschaftlicher Art gehabt; wie ich von Krathmakers erfahren habe, hat er auch gleich die Ehefrau übernommen, wenn ich das Mal so salopp sagen darf.« Er lächelte grimmig in einer Art, die Böhnke verriet, dass Schlemmer auch anders konnte, als nur der gute, verträgliche Mann zu sein. »So wäre vielleicht alles reibungslos verlaufen, wenn nicht ein neugieriger, pensionierter Kommissar so beharrlich nachgehakt hätte. Der Mann könnte alles zerstören, was sich Landmann und Krathmakers ausgeheckt hatten.«
»Und er sollte deshalb sterben wie zuvor Peter von Sybar«, redete Böhnke dazwischen. Konnte das bedeuten, dass Landmann hinter den Anschlägen steckte? Aber machte das Sinn: zum einen den Porsche manipulieren, zum anderen Helfershelfer für den Anschlag auf der Autobahn zu rekrutieren? Oder war die Manipulation nur ein Ablenkungsmanöver gewesen oder eine weitere Möglichkeit, von Sybar aus dem Weg zu schaffen?
Schlemmer reckte sich. »Bevor wir jetzt spekulieren, will ich Sie zu der versprochenen Fahrt einladen. Vielleicht sind Sie dann noch schlauer.«
»Ich muss jetzt schon aufpassen, damit ich alles behalte und verstehe.«
Böhnke machte sich keinen Kopf, als Schlemmer ihn aufforderte, ihm zu folgen. Kein Kellner fragte nach der Bezahlung, vor dem Restaurant stand wie selbstverständlich Schlemmers großer Jaguar mit einem Chauffeur am Lenkrad.
»Dann wollen wir mal ›WC‹ besuchen«, sagte Schlemmer beim Einsteigen verheißungsvoll und ließ sich neben Böhnke auf der bequemen Rückbank nieder. Wer oder was ›WC‹ war, verriet er nicht. Er würde es noch früh genug erfahren, tröstete er Böhnke, der aufmerksam beobachtete, wie der Fahrer die Limousine aus der Innenstadt über die Krefelder Straße zur Autobahn in Richtung Niederlande steuerte. Spätestens als er am Knotenpunkt bei Heerlen auf die Schnellstraße in Richtung Valkenburg und Maastricht abbog, war dem Kommissar klar, wohin ihn die Fahrt führen würde: zu dem ominösen Lebensmittelkonzern, mit dem Schlemmer eine Partnerschaft eingegangen war und der die Firma von Sybar schlucken wollte. Dahinter steckte demnach der oder das ›WC‹.
Als Walter Clement stellte Schlemmer den Mann vor, zu dem er Böhnke gebracht hatte. Der Chauffeur hatte sie vor einem der historischen Häuser am Vrijthof, dem zentralen Platz in der Maastrichter Innenstadt aussteigen lassen. Hinter der zwar attraktiven, aber dennoch in der Häuserzeile unauffälligen Fassade verbarg sich, nicht einmal durch ein Hinweisschild neben dem Hauseingang kenntlich gemacht, das Herz des weltweit mit Lebensmitteln handelnden Unternehmens, dessen Namensgeber Clement war.
Nicht nur Clement, ein groß gewachsener Mann Anfang 50 mit wachem Blick und schwarzer Kurzhaarfrisur, in einem eleganten, anthrazitfarbenen Maßanzug, begrüßte die beiden Gäste aus Deutschland. Mit ihm wartete in dem mit modernen Möbeln ausgestatteten Büro im Obergeschoss ein jüngerer Mann, den Clement auf Deutsch mit französischem Akzent als Krathmakers vorstellte.
Was wurde hier gespielt? Böhnke konnte nicht verstehen, was sich um ihn herum ereignete. Erst Schlemmer, dann Clement und jetzt auch noch Krathmakers, der aussah wie aus einem Katalog für junge, dynamische Unternehmensberater entsprungen. Selbstsicher, in Landmanns Alter, im dunkeln Geschäftsanzug, mit einer eleganten, silberfarbenen Brille und gegelten schwarzen Haaren.
»Keine
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