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Printenprinz

Printenprinz

Titel: Printenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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hatte ihn die ASEAG pünktlich zum zentralen Bushof in Aachen gebracht. Der eigentlich routinemäßige Arztbesuch dauerte diesmal etwas länger. Nach dem Krankenhausaufenthalt und den Berichten der behandelnden Ärzte untersuchte ihn der Mediziner noch gründlicher als vorher.
    »Ich will Sie doch noch lange als Patienten bei mir begrüßen, Herr Böhnke«, hatte er lachend beim Abschied gesagt. »Mich würde es nicht wundern, wenn Sie uns alle überleben.«
    Die Zuversicht des Arztes steckte ihn an. Beschwingt machte Böhnke sich auf den Weg zum Restaurant am Elisenbrunnen, nachdem er bei Lieselotte kurz Bericht erstattet hatte.
    Er war gespannt auf ›Schokoladen-Schlemmer‹, einen Unternehmer, der sich fast nie in der Öffentlichkeit blicken ließ und gesellschaftlichen Anlässen immer fernblieb. Sein Imperium war wahrscheinlich größer als allgemein angenommen. Böhnke hatte immer wieder gerüchteweise gehört, dass Schlemmer Beteiligungen an vielen anderen bekannten Unternehmen, nicht nur der Schokoladenindustrie, besaß. Aber eine Bestätigung für diese Gerüchte gab es nie.
    Ein Blick genügte und er hatte seinen Partner zum Essen erkannt. Das Reservierungsschild am Tisch für zwei Personen verriet ihn. Schlemmer wirkte wie ein unauffälliger, seriöser Rentner mit Schlips und Anzug, der sich einmal ein Mittagessen in einem guten Restaurant gönnte.
    Schlemmer lachte Böhnke mit freundlichen Augen an und erhob sich, um seinen Gast zu begrüßen und ihm den anderen Platz anzubieten.
    »Sie haben sich nicht verändert, Herr Böhnke«, sagte er schmunzelnd.
    »Wieso?«
    »Sie sehen genauso aus wie auf dem Foto in der Zeitung anlässlich Ihrer Verabschiedung aus dem Polizeidienst in den Ruhestand.«
    »Das ist doch schon Jahre her.«
    »Richtig, aber bei mir im Archiv habe ich alles über alle wichtigen Personen in Aachen aufbewahrt. Und Sie gehören dazu.« Schlemmer tippte sich an die graue Schläfe. »Was ich einmal gelesen oder gesehen habe, vergesse ich nicht.« Er winkte einen Kellner herbei, bat um die Speisekarte und bestellte zwei Mineralwasser.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, Herr Böhnke, dass Sie um diese Mittagszeit etwas anderes trinken.«
    Böhnke wunderte sich nicht. Er betrachtete stumm den Mann, dem man viele Fähigkeiten nachsagte. Ohne seine Intelligenz und analytische Fertigkeit hätte Schlemmer es unternehmerisch bestimmt nicht so weit gebracht, wie er gekommen war. Seine soziale Kompetenz und seine Förderung der Kultur schlugen sich in großen Summen nieder, die er für den Kulturverein oder für den Bau eines neuen städtischen Kindergartens spendete, ohne dass er seine Wohltaten an die große Glocke hängte. Mitte 60, so schätzte Böhnke ihn, weißes Hemd, dezente Krawatte, dunkelgrauer Anzug. Die grauen Haare waren ordentlich frisiert; ein Umstand, auf den Böhnke stets achtete. Eine nur flüchtig gekämmte Frisur verriet ihm genauso viel über den Gesprächspartner wie eine ordentliche und gescheitelte. Nicht ohne Grund hieß es vom Scheitel bis zur Sohle.
    Geduldig ließ Schlemmer die Musterung über sich ergehen. »Alles nur Tarnung«, sagte er lächelnd. »Höflich, bescheiden, zurückhaltend, so würden Sie mich wahrscheinlich beschreiben. Und das ist gut so. Stellen Sie sich vor, jemand, der Schokolade verkaufen will, kommt Ihnen als großkotziger Kapitalist und arroganter Schnösel daher. Da bin ich lieber lieb und lecker.«
    Böhnke musste schmunzeln. ›Lieb und lecker‹, war der Slogan von Schlemmer, mit dem er momentan für seine zahlreichen Produkten aus Schokolade auf Bannern, Werbeflächen und auf den ASEAG-Bussen warb.
    »Warum wollten Sie eigentlich mit mir sprechen?«, fragte er unvermittelt.
    Doch er konnte Schlemmer nicht verunsichern. »Herr Böhnke, mir ist es ein persönliches Anliegen, die Geschehnisse bei von Sybar lückenlos aufgeklärt zu wissen, allein schon meinem geschätzten alten Freund Heinrich von Sybar zuliebe. Sein Lebenswerk gerät momentan in eine verdammte Schieflage. Das hat Heinrich nicht verdient.«
    Erstaunt sah Böhnke Schlemmer an.
    Der Unternehmer lachte. »Ich bin von Ihrem Freund Grundler bestens über Sie informiert worden und bin bereit, mit Ihnen vertrauensvoll zu paktieren.« Er prostete Böhnke mit dem Mineralwasser zu. »Bei Hamacher habe ich bewusst einen Schnitt gemacht. Es ist nicht gut, wenn zu viele Akteure beteiligt sind. Und bevor Sie ein Dritter über das informiert, was ich gesagt haben soll, dann sage ich es Ihnen

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