Printenprinz
machten.
Danach war ihm eigentlich nicht zu Mute. Lieber hätte er noch einmal seine Notizen über die Figuren ergänzt, mit denen er es bisher im Todesfall von Sybar zu tun hatte, also Elisabeth von Sybar und Landmann. Fritz Schmitz aus Köln und Mandelhartz aus Roetgen hatten augenscheinlich Dreck am Stecken, ihnen würde er vielleicht heute begegnen. Und wer war da noch: ein angeblicher Täter namens Waldowski, der festgenommen worden war, ein gewisser Feilen, von dem er nur etwas aus der Mail von Müller an von Sybar erfahren hatte. Das konnte noch heiter werden, befürchtete er, während er nachdenklich neben Lieselotte saß. In den Unterlagen und im Telefonat hatte er noch Andeutungen über die vermeintlichen Querelen mit der Gewerbeaufsicht in Aachen mitbekommen. Ob Grundler mehr darüber erfuhr und ob diese Geschichte mit dem Tod in Zusammenhang zu bringen war? Das war eine der vielen offenen Fragen.
Aber heute sollte er auf Anweisung von Lieselotte lachen. Weshalb er sich dafür in Schlips und Anzug zwängen musste, erschloss sich ihm zunächst nicht. Als sie allerdings von der Tiefgarage an der Monheimsallee in Richtung Eurogress stiefelten, erkannte er, dass er keineswegs unpassend gekleidet war. Unpassend wären groß kariertes, grobes Flanellhemd und ausgebeulte Blue Jeans gewesen. Wer nicht in Anzug und Abendkleid erschienen war, trug stolze närrische Uniformen oder war kostümiert. Ringelhemd und Pappnase machten sich gut rund um die stillen Feiertagen Totensonntag und Volkstrauertag, lästerte er vor sich hin, als sie im Foyer darauf warteten, in den großen Saal eingelassen zu werden.
Man grüßte und begrüßte sich, vornehmlich Lieselotte war die Ansprechperson, neben der er als stummer Begleiter beiläufig ebenfalls einen Gruß mitbekam. Man hatte wohl schon vergessen, dass sein Gesicht zu einem der vor wenigen Jahren bekanntesten Kriminalpolizisten in Aachen gehörte: Lieselotte als angesehene Apothekerin stand im Mittelpunkt und er war ihr Mitbringsel. So schnell geht das, dass man zum verrosteten Eisen gehört, das beim Schrotthändler landet, dachte er sich ohne Groll, während er sich an einem unverschämt teuren Campari-Orange festhielt.
»Da ist er!« Lieselotte deutete winkend in die Menge. »Da ist Mandelhartz. Du wirst ihn gleich kennenlernen.«
Ein kleiner Mann, der Liselotte gerade bis zur Schulter reichte, kam ihr lächelnd entgegen. Seine mit Orden dekorierte, blaue Uniformjacke sollte seine vermeintliche Wichtigkeit bekunden. Der beinahe kahle Kopf mit den buschigen, schwarzen Augenbrauen über einem Brillengestell war nicht gerade das, was Böhnke als attraktiv bezeichnen würde. Aber der Glatzenträger trat souverän auf, lachte Lieselotte an und reichte ihr freundschaftlich die Hand.
»Schön, Sie hier zu sehen, Frau Kleinereich«, sagte er mit überraschend hoher Stimme. Auch er hatte zunächst keinen Blick für ihren Begleiter übrig. »Sie sehen wieder blendend aus, Gnädigste«, schleimte er zu Böhnkes Verdruss. »Sie werden es nicht bereuen, gekommen zu sein. Ich weiß es, denn das Programm ist spitze.«
»Wieso?«, hörte Böhnke seine Liebste die Frage stellen, die auch er gestellt hätte.
»Lassen Sie es mich so sagen, Frau Kleinereich«, antwortete Mandelhartz. »Im ersten Teil treten die Spitzenkräfte aus der Region auf. Nach der Pause kommt der Kölner Block, den Sie in dieser Qualität auch nicht besser in Köln geboten bekommen.« Die Namen, die Mandelhartz nannte, sagten Böhnke nichts. Hellhörig wurde er erst bei Witze Fritze.
»Ist das nicht der …«, wollte Lieselotte ganz in seinem Sinne fragen, aber Mandelhartz kam ihr zuvor.
»Das ist der absolute Topstar in der Bütt, die Stimmungskanone schlechthin.« Erst jetzt schien ihm aufzufallen, dass die Apothekerin nicht alleine vor ihm stand. »Wer ist denn der Glückliche, der sie heute begleiten darf?«, fragte er, während er Böhnke anmaßend musterte.
»Böhnke, mein Name«, knurrte ihn der Pensionär an, »und schon seit ewigen Zeiten der Richtige an der Seite von Lieselotte.« Er nutzte Mandelhartz’ kurzzeitige Irritation schamlos aus. »Kennen Sie eigentlich Fritz Schmitz näher?«
Ein wenig wich die Farbe aus Mandelhartz’ Gesicht. Dann hatte er sich wieder gefangen. »Wer soll dieser Fritz Schmitz sein? Wohnt der in Aachen?«
Böhnke staunte über diese unverfrorene Art. »Ich meine Fritz Schmitz aus Köln.«
»Von den Schmitzens gibt es am Rhein eher 1.000 als 100. Die vermehren sich
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