Printenprinz
weiteren Untersuchung stellte von Sybar fest, dass Mandelhartz auch für andere Gesellschaften Verträge mit Schmitz abgeschlossen hatte. Dort fiel verständlicherweise nichts auf, zum einem hatte Mandelhartz einen guten Leumund, zum anderen lag ja der Vertrag über 2.200 Euro für die gebuchte Musikgruppe vor. Besonders lukrativ war das Geschäft bei den Ringveranstaltungen, wenn fünf Gruppen oder Redner wechselweise bei acht Sitzungen auftraten, sie sich quasi die Klinke in die Hand gaben. Da kamen an einem Abend 8.000 Euro an versteckten Provisionsgeldern zusammen. Schon seit einigen Jahren praktizierten der Steuerberater und der Agent das doppelte Spiel und kamen dadurch jeder nach von Sybars Berechnung auf eine stattliche Summe von über 125.000 Euro. Mindestens zwei Drittel davon hatte die Karnevalsgesellschaft selbst als Schaden zu verzeichnen.
Von Sybar hatte Mandelhartz zur Rede gestellt und ihn aufgefordert, das Geld zurückzuzahlen, anderenfalls würde er Strafanzeige erstatten. Er hatte dem Steuerberater eine Frist gesetzt: Sie lief an dem Tag aus, an dem von Sybar gestorben war.
Aber nicht nur deshalb wuchs das Interesse bei Böhnke. Es konnte kein Zufall sein, dass Fritz Schmitz wieder mit von der Partie war. Dieser Schmitz hatte Dreck am Stecken, ebenso wie Mandelhartz. Und wahrscheinlich war sein Stecken sogar noch dreckiger. Denn was sprach dagegen, dass er das Doppelspiel nicht nur mit Mandelhartz betrieb? Er würde sich mehr mit diesem Schmitz beschäftigen müssen, beschloss Böhnke für sich. Mandelhartz und Schmitz waren, allein oder gemeinsam, alles, nur keine Freunde der ungezwungenen Narretei, sondern gierige Profiteure. Von Sybar war beiden auf die Schliche gekommen. War das vielleicht ein Grund, ihn auszuschalten?
Das Telefonat mit Mandelhartz kam nicht zustande. Böhnke hätte mit ihm gerne, zunächst unverfänglich, reden wollen, um einen Eindruck von dem Mann zu gewinnen. Bevor er sich sein endgültiges Urteil machen konnte, wollte er Mandelhartz direkt ins Gesicht sehen. Bislang kannte er nur die Unterlagen von von Sybar. Sie wogen zwar schwer, aber sie reichten ihm nicht aus. Doch er hatte Pech. Der Steuerberater hatte, wie ihm eine Mitarbeiterin der Kanzlei entgegenkommend sagte, wegen seiner umfangreichen Verpflichtungen im Aachener Karneval für einige Tage Urlaub genommen.
Und ein zweites Gespräch würde er führen müssen, mit Fritz Schmitz aus Köln. Witze würde er dabei garantiert nicht reißen. Karneval war eben eine tierisch ernste Angelegenheit.
»Landmann ist ein Riesenarschloch!« Mit seiner drastischen Ausdrucksweise, die eher seiner proletarischen Herkunft als seinem Berufsstand entsprang, machte Grundler überdeutlich, was er von dem neuen Mann am Ruder der Printenfabrik hielt. Noch am späten Abend hatte er zum Telefon gegriffen und in Huppenbroich angerufen.
»Mag ja sein«, kommentierte Böhnke trocken. »Aber für derartige emotionale Bewertungen kann ich mir nichts kaufen.«
Ihm war Landmann nicht gerade sympathisch gewesen bei ihrem Aufeinandertreffen in Hamachers Pförtnerloge, aber er würde sich hüten, ihn mit einer Beleidigung zu titulieren.
»Lass mich raten«, fuhr er ruhig fort. »Du hast heute Nachmittag total unnütz in deinem Büro herumgelungert und bist wegen des Nichtstuns beinahe eingeschlafen, da poltert plötzlich Landmann in dein Gemach.«
»Mit Elisabeth von Sybar im Schlepptau«, ergänzte Grundler. »Du bist ja ein ganz cleveres Kerlchen.«
»Von dem du einiges gelernt hast. Komm zur Sache! Was war los?« Er gähnte vernehmbar. »Ich alter Mann muss ins Bett.«
»Wie du richtig vermutet hast, haben mich der Flachmann und von Sybars Witwe besucht. Die Sache sei dringend, meinte sie forsch. Landmann wollte die Vollmacht einsehen, die mir Heinrich von Sybar erteilt hat. Ich musste ihm erst einmal klarmachen, dass er darauf lange warten könne. Da könne ja jeder kommen. Da er nicht ganz dämlich ist, hat er die von Sybar gebeten, mir das Anliegen vorzutragen. Dann hat die mich mit scheinheiliger Stimme aufgefordert, dass mir fast schon das Kotzen gekommen ist.«
Böhnke konnte sich lebhaft vorstellen, wie der Anwalt an sich halten musste, um nicht aus der Haut zu fahren. Grundlers impulsive Ausbrüche waren zwar selten, aber eindrucksvoll. Dann war es besser, schnell das Weite zu suchen, bevor er auf Touren kam.
»Die Tussi glaubte, an der Vollmacht herummäkeln zu müssen. Die wollte das Papier sogar mitnehmen, um es von einem
Weitere Kostenlose Bücher