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Printenprinz

Printenprinz

Titel: Printenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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sagte Lieselotte plötzlich. »Wir werden beobachtet.« Sie hatte an Böhnke vorbei in die Menschenmenge geblickt und dabei etwas gesehen, was sie ihrem Mann nicht vorenthalten wollte. »Da hinten steht Mandelhartz. Er redet mit einem Mann, der sein Bruder sein könnte. Er hat ihn eben auf dich hingewiesen. Und jetzt schauen beide zu dir.«
    »Wie sieht der andere denn aus?«
    »Sagte ich doch. Wie sein Bruder. Nur keine Glatze und etwas größer. Und er hat keine Brille. Und er trägt einen normalen Straßenanzug.«
    »Das soll der Bruder sein?«
    »Habe ich nicht gesagt«, entgegnete Liselotte. Sie lugte vorsichtig an Böhnke vorbei, um nicht von Mandelhartz entdeckt zu werden. »Die gucken immer noch zu uns herüber und diskutieren heftig miteinander.«
    »Du kennst ihn also nicht?«
    »Nein. Woher sollte ich? Der andere ist nicht viel älter als wie Mandelhartz, also Mitte Fünfzig, schätze ich mal.«
    Böhnke schwieg zu dieser Art der Beschreibung. Das war nicht Lieselottes Stärke. Wahrscheinlich war es nur ein Bekannter, mit dem sich der Steuerberater unterhalten hatte, und Lieselotte hatte mit etwas zu viel Fantasie das Gespräch beobachtet. Aber sie würde den Mann neben Mandelhartz wiedererkennen, wenn es sein musste.
    Ein Gong kündigte den baldigen Beginn des zweiten Teils der Sitzung an. Wieder marschierten Elferrat und Begleiter ein. Nun machte es der Präsident kurz. Er pries vollmundig die nächsten Akteure an, die Gruppe ›Brings‹ aus Köln. Während das Publikum begeistert mitging, hielt sich Böhnke zurück. Zu laut und zu rockig war ihm die Musik. Er verstand unter Karnevalsliedern etwas anderes. Noch weniger sagte ihm, wie schon im ersten Teil, der Auftritt einer Garde zu. Diesmal waren es irgendwelche Funken aus Köln, die mit einem Mariechentanz, einem Paartanz und einer Gruppendarbietung die Bühne für sich vereinnahmten. Weitaus besser gefielen ihm ein Diakon als frommer Jeck und die Musikgruppen ›De Schluppe Juppe‹ und ›Die Paveier‹.
    Schließlich wurde vom Elferratspräsidenten der Auftritt eines Büttenredners als der absolute Höhepunkt und zugleich Abschluss der Sitzung angepriesen. »Empfangen Sie mit mir und einem dreifachen ›Oche Alaaf‹ unseren Freund aus Köln, den Witze Fritze!«, forderte er das Publikum auf, und sofort brandete der Jubel in bislang ungehörter Lautstärke auf.
    Böhnke hörte immer nur den permanenten Ruf »Pinguin! Pinguin!« heraus.
    »Du«, Lieselotte stieß ihn an. »Der Witze Fritze da vorne, das ist der Mann, mit dem sich Mandelhartz in der Pause unterhalten hat. Der hat dich ganz interessiert beobachtet.«
    Böhnke musterte Fritz Schmitz, der nach Lieselottes Beschreibung der Bruder von Mandelhartz hätte sein können, es aber nicht war. Auf ihn wirkte der Mittfünfziger mit dem kecken Hütchen, dem rot-weißen Ringelhemd und der zu kurzen Jeans, an deren unteren Ende sich weiße Tennissocken zeigten, wie ein stinknormaler Mann, eben wie ein Müller, Meier oder Schulz aus Köln, ein Allerweltsgesicht mit einer Allerweltsfigur und einem Allerweltsnamen. Die richtige biedere Maske eines gewieften und hintertriebenen, unseriösen Geschäftemachers, dachte er grimmig. Von den Witzen bekam Böhnke nicht viel mit, die meisten hatte er schon vergessen, als der nächste angeflogen kam. Lediglich die Begegnung der beiden Luftballons beim Psychologen blieb bei ihm haften. Der eine beklagte Luftnot, der andere hatte Platzangst.
    Und sofort erklangen wieder der Tusch und das dreifache »Oche Alaaf!« als Beifallsbekundungen und der fordernde Ruf nach dem ominösen Pinguin.
    Witze Fritze kam zum Ende und wollte, mit dem Gruß und dem Orden vom Elferrat versehen, die Bühne verlassen, doch schrie das närrischen Volk unverdrossen: »Pinguin! Pinguin!«
    Witze Fritze ließ sich erweichen, was natürlich zum Spiel gehörte, und trat erneut ans Mikrofon am Bühnenrand. Erst jetzt verstand Böhnke. Der Komödiant erzählte eine humoristische Geschichte mit einem Pinguin. Kaum hatte Witze Fritze angesetzt und dackelte mit einem symbolisch angedeuteten Pinguin an der Hand über die Bühne, da sprangen fast alle im Saal auf und lachten, bis die Tränen flossen.
    »Der Witz ist so blöd«, gackerte Lieselotte atemlos, »den musst du immer wieder hören.«
    Böhnke konnte die Begeisterung seiner Umgebung zunächst nicht teilen. Die Geschichte war so simpel, so blöd, dass sie fast schon wieder genial war, und schließlich konnte sich Böhnke ein Schmunzeln nicht

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