Printenprinz
jetzt?«
»Ein neues Programm mit neuen Künstlern. Deshalb auch die neuen Plakate. Wir wollen unseren Besuchern ja nichts ankündigen, was es nicht gibt.« Er hatte die Pferde vor dem Schaukasten an der Turnhalle halten lassen. »Du nimmst das Plakat und ich Hammer und Pappnägel«, bestimmte er, während er hinter sich langte.
Mit geschickten Handgriffen hatte er den Schaukasten geöffnet und die Plakate ausgetauscht. »Insgesamt sind es 20 in Huppenbroich. Du hast doch Zeit, Kommissar, oder?«
Böhnke wollte nicht widersprechen. Was könnte ihm Besseres geschehen, als auf einem Pferdeschlitten durch den winterlich verschneiten Ort zu fahren?
»Ich bin dabei«, sagte er vergnügt, nachdem er sich auf dem Kutschbock wieder in die Decke eingepackt hatte. »Lass laufen, Junge!«
Fast lautlos glitt das Gefährt über den Schnee, der den Kufen eine reibungslose Unterlage bot. Nur das gelegentliche Schnaufen der beiden Pferde unterbrach die Stille. Es schien, als sprächen sie miteinander.
Es erstaunte Böhnke schon, wo überall Plakate hingen. Die Vielzahl war ihm bislang nicht bewusst geworden; wahrscheinlich, weil es ihn nicht sonderlich interessierte. Am Kindergarten, an der ehemaligen Schule, am Sportplatz, an der Bushaltestelle, am Eingang zum Friedhof und sogar an einem Laternenpfahl neben dem ehemaligen Löschwasserteich fanden sich die Plakate des Karnevalvereins, die die beiden Männer austauschten.
Die Namen der neuen Darsteller kamen Böhnke durchaus bekannt vor: ›Hätzblatt‹, ›Et Zweijestirn‹, ›Das zweiköpfige Trio‹ aus dem Wurmtal, die singenden ›Jungen vom Lousberg‹. »Sag mal, das sind doch die Akteure, die Prinz Pitter in Köln begleiten sollten.«
»Stimmt, woll? Wir brauchten doch Ersatz und wir haben die bekommen können.« Der ehemalige Wirt lachte auf. »Die Kölner haben die Jungs kurzerhand ausgeladen, als sie einen neuen Karnevalsprinzen hatten und ihre kölschen Künstler verpflichteten, die eigentlich bei uns auftreten sollten, weil für sie am Rhein kein Platz mehr war. Pitters Bodentruppen waren damit gewissermaßen arbeitslos geworden.«
»Wie seid ihr denn auf die gekommen? Etwa über den Schmitz aus Köln?«
»Nein«, antwortete der Mann. »Mandelhartz, ein Steuerberater, hat uns auf die Leute aufmerksam gemacht. Der kennt sich ja ein wenig aus in der Szene und hat uns schon so manchen Künstler aus Köln besorgt. War ein richtig guter Tipp von ihm. Der war wohl mit seiner eigenen Gesellschaft auch betroffen von diesem kölschen Klüngel.«
Böhnke verzichtet darauf, über Mandelhartz’ Rolle Worte zu verlieren. Der hatte garantiert mitverdient.
Sie waren bei ihrer Rundfahrt durch Huppenbroich an der Kapellenstraße angekommen. »Endstation, Kommissar! Die Mädels kommen in den Stall und du auch, wenn du nicht absteigst.«
Lächelnd verabschiedete sich Böhnke. Die Begegnung und die Unterhaltung hatten ihm gut getan. Jetzt war er müde. So lange Zeit an der frischen Luft und das bei diesem Wetter. Er würde gut schlafen.
»Bevor ich’s vergesse: Du bist natürlich mit deiner Frau zur Sitzung eingeladen, woll? Quasi als Arbeitslohn für deine Mithilfe.« Winkend verabschiedete sich der Senior.
Zufrieden sah Böhnke dem Gespann nach. Das war keine vertane Zeit gewesen. Und er hatte eine Information erhalten, die vielleicht nützlich war bei seiner Suche nach den Betonklotzwerfern, auch wenn sie augenscheinlich eher unbedeutend gewesen sein sollte. Interessant fand er das Mitwirken von Mandelhartz beim Tausch der Künstler. Der war garantiert von Schmitz angesetzt worden, um den Ärger bei den Gesellschaften im Aachener Bereich zu mildern, nachdem er seine Künstler abgezogen hatte. Die Huppenbroicher Karnevalsgesellschaft war bestimmt nicht die Einzige, die von dem Wechsel des Bühnenpersonals betroffen war. Er musste herausfinden, ob seine Vermutung zutraf.
Aber warum machte Schmitz das? War es nur, um seine Kölner Künstler dem Kölner Publikum zu präsentieren? Oder steckte mehr dahinter?
Er solle nicht zu viel hineininterpretieren, meinte Grundler, als Böhnke ihn am Abend informierte. »Wahrscheinlich wollte er nur vorbeugen für den Fall, dass eine Band oder ein Büttenredner klagt, weil ihm sein Honorar und sein Auftritt in Köln gestrichen wurden. Auf einen Prozess würde ich es jedenfalls an Stelle von Schmitz nicht ankommen lassen.« So hätte Schmitz doch alles erreicht, was er vielleicht erreichen wollte. Seine Klientel trete in Köln auf,
Weitere Kostenlose Bücher