Printenprinz
schreibe, was hat er davon?« Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht«, wiederholte er.
»Aber ich weiß, dass für heute und für die nächsten Tage Schluss ist mit deiner Recherche.« Lieselotte unterbrach ihn. »Wir machen uns jetzt eine gemütliche Zeit bis zum Neujahrstag. Ab dem 2. Januar kannst du machen, was du willst. Dann entlasse ich dich als genesen aus meiner Obhut und kümmere mich wieder um meine Apotheke.«
20.
»Hallo, Kommissar! Lust auf ’ne kleine Schlittenfahrt?«
Böhnke wunderte sich nicht sonderlich. Er war es gewohnt, dass er bei seinen Spaziergängen durch Huppenbroich angesprochen wurde, wenn üblicherweise auch nicht von hinten. Langsam drehte er sich um und erkannte hinter den beiden mächtigen Kaltblütern den ehemaligen Wirt der Alten Post, der auf dem großen Schlitten saß und ihn freundlich angrinste.
»Das Wetter und die Verhältnisse schreien geradezu danach, dass ich mich mit meinen beiden Mädels auf Tour mache, woll?«
Böhnke nickte stumm. In der Tat hatte er ein derart klares, kaltes und zugleich trockenes Wetter wie in diesen Tagen rund um den Jahreswechsel lange nicht mehr erlebt. Huppenbroich und die umliegenden Orte lagen unter einer dichten Schneedecke, die die wenigen Geräusche dämmte und die Autofahrer davon abhielt, häufiger als erforderlich ihre Wagen zu benutzen.
»Für dieses Wetter ist der Schlitten optimal, woll?«, ließ sich der Mann, der trotz seines jahrzehntelangen Lebens in der Nordeifel seine Dortmunder Herkunft nicht verleugnen konnte und wollte, wieder vernehmen. Er hatte nach Übergabe der Gastwirtschaft und des angrenzenden Saals einen kleinen Kutschbetrieb eröffnet und sich ein paar Pferde angeschafft, die schnell zu den Lieblingen der Kinder im Dorf geworden waren. Die Kutschfahrten durch Huppenbroich und der umliegenden Wälder und Wiesen hatten sich zu einem touristischen Renner gemausert. »Wenn ich wollte, könnte ich über Silvester bis zum Ende der Weihnachtsferien immer mit meinen Mädels unterwegs sein. Aber den Stress tun wir uns nicht an, woll?«, meinte er gelassen, während er Böhnke behilflich war, neben ihn auf den Bock zu klettern.
»Wohin soll’s denn gehen?«, fragte Böhnke, nachdem er die Decke um die Beine geschlungen hatte, die ihm der Gespannlenker gegeben hatte.
»Einmal durch den Ort, woll?«Der Mann, der die 70 überschritten hatte, nahm die Zügel in die Hand und schnalzte. »Alleda, Mädels!«
Sofort setzten sich die beiden massigen Pferde in Gang, stapften über die feste Schneedecke und zogen den Schlitten geräuschlos mit.
»Ich hab Arbeit für dich, Kommissar«, sagte der Pferdefreund schmunzelnd. »Du musst mir helfen, woll?«
»Und wie?« Böhnke half gerne mit im Dorf, wenn er gebraucht wurde. Auch wenn alle wussten, dass er die körperliche Arbeit gar nicht erledigen durfte, fragten sie ihn immer um seine Mitarbeit, und wenn sie nur darin bestand, einen Bauplan zu lesen, nach dem ein Gartenhaus zusammengesetzt werden musste. Vor ein paar Jahren war es für ihn selbstverständlich gewesen, beim Fällen einer Buche und beim Hacken von Brennholz anzupacken. Aber diese Zeiten waren vorbei.
»Wir müssen Plakate kleben für die Karnevalssitzung am Freitag in der nächsten Woche.«
»Wieso?« Böhnke war erstaunt, hatte er doch in den letzten Wochen an vielen Stellen im Ort Hinweise auf die Sitzung im Saal Ohler gefunden, ohne sich näher damit zu befassen. Er wäre nie auf den Gedanken gekommen, dieses närrische Treiben zu besuchen.
»Das Programm hat sich total geändert, woll?«, erhielt er zur Antwort. »Wir«, und damit meinte der Schlittenführer den Huppenbroicher Karnevalsverein und sich als Vorstandsmitglied, »hatten Verträge abgeschlossen mit einer Kölner Agentur. Wir hatten fast nur Kölner Künstler auf dem Programm, vom Tulpen-Heini aus Eupen einmal abgesehen. Als jetzt der von Sybar als Prinz Pitter III. von Köln abgemurkst wurde, haben die Schnarchtüten vom Rhein kurzerhand die Verträge gekündigt. Die Künstler würden in Köln gebraucht, hat uns die Agentur lapidar mitgeteilt.«
»Lass mich raten«, unterbrach ihn Böhnke. »Das war die Agentur von Fritz Schmitz. Stimmt’s?«
»Bist du Hellseher oder was?« Der ehemalige Wirt sah ihn verblüfft an. »Woher weißt du das?«
»Ich weiß es nicht, ich habe es geahnt.« Böhnke wollte nicht näher auf seine Überlegung eingehen und lenkte mit seiner Frage das Gespräch in eine ihm genehme Richtung: »Und was machst du
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