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Prinz-Albrecht-Straße

Prinz-Albrecht-Straße

Titel: Prinz-Albrecht-Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Originale von Stempeln herzustellen … Trauen Sie sich so was zu?«
    »Ja, gewiß doch, Herr«, erwiderte Puch schnell.
    »Eine schwierige Sache«, antwortete Löbel. »Ich stelle Ihnen ein Labor mit allem Nötigen zur Verfügung … Sie müssen in ständigem Kontakt mit … mit uns bleiben.«
    Der Graveur schluckte. »Ja, aber … da steht ja so lange mein Betrieb still.«
    »Was wirft der ab, im Monat?«
    »Fünfhundert Mark«, versetzte Puch.
    »Na schön … Die Arbeit bei uns dauert höchstens zwei Monate … Fünftausend … reicht das?«
    Die Nickelbrille glänzte.
    »Fünftausend«, wiederholte der Graveur benommen.
    »Hinter diesem Auftrag steht die Partei«, fuhr Löbel fort. Er betrachtete aufmerksam den Meister. Er sah, wie ein bitterer Zug über Puchs Gesicht glitt und dann allmählich einem ergebenen Lächeln wich.
    »Also«, erwiderte der Graveur, »hat die Partei mich doch nicht vergessen … ich dachte schon …« Automatisch rieb er mit dem Jackenärmel über das goldene Parteiabzeichen am Revers.
    »Sicher nicht«, sagte der Standartenführer trocken.
    Zunächst war Puch noch mißtrauisch, aber dann beruhigte ihn die Freude, daß ihn die Bewegung nicht vergessen hatte. Er trat in die Wohnküche. »Tja«, sagte er zu seiner Frau, »du wolltest doch einen Übergangsmantel … Kauf ihn dir.«
    »Hast du in der Lotterie gewonnen?« fragte sie verwundert.
    »Und du suchst dir auch was Schickes aus, Ira«, fuhr er fort. »Und dann … vielleicht ein Tretauto für die Kinder.«
    Ira und ihre Stiefmutter betrachteten ihn verwundert.
    »Ja«, sagte er, »und jetzt kommen gute Zeiten. Partei-Sache … Geheimauftrag«, setzte er bedeutungsvoll hinzu. »Mehr darf ich nicht sagen. Und außerdem verdiene ich viel Geld.«
    »Das klingt gut«, sagte Ira. Sie mußte bei dem Gedanken lächeln, daß ihr harmloser alter Vater jetzt auch noch in das neumodische Indianerspiel verwickelt werden sollte. Dann dachte sie an Formis, und ihr Gesicht wurde steif und hart. Unsinn, schob sie alles beiseite. Er wird Klischees für Parteiausweise machen oder Abzeichen für das Winterhilfswerk.
    »Ja«, sagte er abschließend, »und das verdanke ich dem Führer.«
    Iras Gesicht heiterte sich auf. Der Vater war wieder bei seiner politischen Salbaderei angelangt, und so sehr sie einem auch auf die Nerven ging, so wenig hatte sie zu bedeuten.
    Dann fuhr er mit Puch los. Eine Villa in Schlachtensee. Die Einrichtung wurde im Blitztempo besorgt. Irgendein Name auf dem Messingschild. Das Haus lag abseits und wirkte privat und verträumt. Niemand sollte wissen, daß zwischen diesem harmlosen Gebäude und dem Reichssicherheitshauptamt eine Verbindung bestand.
    Puch, der kleine, graue Graveur sah sich begeistert um. »Wann soll ich anfangen?« fragte er.
    »Sofort«, erwiderte Löbel.
    »Und was?«
    Wortlos zog der Standartenführer die Dokumente aus seiner Aktentasche. Zuerst betrachtete der Graveur sie gleichmütig. Dann erschrak er, als er den Stempel der Reichskanzlei sah. »Nein«, erwidert er betroffen, »das geht doch nicht, Herr … Herr …«
    »Möllner«, sagte Löbel kalt.
    »Das ist doch …«
    »Ein Auftrag des Reiches«, erwiderte der Standartenführer und faßte den kleinen Mann roh an der Schulter. »Und Sie werden ihn ausführen … Sie werden mit keinem darüber sprechen … Und Sie werden verdammt gut bezahlt dafür, verstanden?«

37
    Endlich hatte Werner Stahmer Zeit, Margot anzurufen. Sie war nicht da. Eine müde Stimme bat ihn, seine Nummer zu hinterlassen. Er kam sich vor wie ein Hausierer, der verabschiedet werden sollte. Aber Margot rief tatsächlich zurück.
    »Nein, nichts Besonderes«, sagte Stahmer, »ich wollte nur wissen, wie es Ihnen geht.«
    »Danke gut«, erwiderte sie und schwieg. »Ist das alles?«
    »Nein«, antwortete er, »ich habe heute Zeit … Könnten wir nicht …«
    »Herrlich«, erwiderte sie. »Sie haben Zeit, und ob ich Lust habe, interessiert Sie nicht.«
    Er glaubte den kühlen Lavendelduft durch die Telefonleitung zu spüren. »Dann entschuldigen Sie«, sagte er gereizt.
    »Bitten liegt Ihnen nicht, was?« Margot lachte hell. »Ich geh' ins Kino«, sagte sie, »wenn Sie mitkommen wollen?«
    Sie sprach ohne Arglist und stellte doch eine Falle auf.
    »Und ob«, erwiderte er und tapste hinein.
    Um zwanzig Uhr dreißig saß er in der Rangloge neben dem Mädchen und fühlte sich wunschlos glücklich, weil ihn die Gegenwart vorübergehend in Träumerei entließ. Er sah das

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