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Prinz-Albrecht-Straße

Prinz-Albrecht-Straße

Titel: Prinz-Albrecht-Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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inszeniert. Der später ermordete Graveur Puch brauchte bei dem gestohlenen Material nur noch, nach den Angaben der Prinz-Albrecht-Straße, Lücken zu schließen, kleine Ergänzungen einzubauen und die persönlichen Informationen zu verwenden, die Stahmer von der Familie Denikin mitgebracht hatte. Unter den falschen Dokumenten standen echte Unterschriften Hitlers, Himmlers und Ribbentrops. Sie bestätigten, daß eine Gruppe russischer Generäle, geführt von Marschall Tuchatschewski, mit den Deutschen konspirierte, um Stalin zu stürzen.
    In Hochspannung wartete man in Berlin die sowjetische Reaktion ab. Als man erfuhr, daß der russische V-Mann bereits wieder unterwegs zur Reichshauptstadt war, rief man Werner Stahmer aus dem Urlaub nach Berlin zurück. Er hatte in seiner Wohnung zu bleiben und zu warten. Einen Tag, zwei Tage; ohne Verbindung nach außen, ohne Margot zu sehen, mußte er die Rolle des Amateur-Spions weiterspielen.
    Endlich klingelte das Telefon. Mitten in der Nacht. Stahmer nahm schlaftrunken den Hörer ab. Er erkannte die Stimme. Seine Gesichtszüge spannten sich.
    »Sind Sie allein?« fragte der Fremde.
    »Ja«, antwortete Stahmer.
    »Ich bin in einer Minute bei Ihnen … ich läute dreimal.«
    Bevor Stahmer noch etwas erwidern konnte, war die Verbindung schon beendet worden. Er stand auf, warf sich einen Bademantel über und trat an das Fenster heran. Leer lag die Straße vor seinen Augen. Aber der Schein trog. Stahmer wußte es. Er wußte überhaupt viel zuviel. Er war ein Mitwisser, der aussteigen mußte. Lebende Mitwisser sind im Dschungel der Spionage unbeliebt. Auf beiden Seiten. Werner Stahmer war im Begriff, ein doppelter Mitwisser zu werden, und brachte sein Leben doppelt in Gefahr …
    Der Russe kam zu Fuß. Stahmer wußte genau, daß irgendwo seine Komplizen lauerten. Es war wie in einem Gangsterfilm: der untersetzte Mann ging am Haus vorbei, um die Ecke herum. Er schlenderte langsam zurück. Hochgeschlagener Mantelkragen, in die Stirn gedrückter Hut mit breiter Krempe.
    Dann klingelte es dreimal. Der Russe wirkte so massiv, als ob er den Türrahmen sprengen wollte.
    »Haben Sie das Geld?« fragte Werner Stahmer.
    »Lassen Sie das Theater«, versetzte der Mann kalt, »wir können offen miteinander spielen.«
    »Wieso?«
    »Sie haben Ihre Hintermänner«, fuhr der Untersetzte mit den breiten Backenknochen fort, »und ich die meinen …« Er lächelte melancholisch. »Meistens arbeiten wir gegeneinander … diesmal aber Hand in Hand.«
    »Mich interessiert nur das Geld«, überging Stahmer die Anspielung.
    »Sie würden mir noch Geld dazulegen … damit ich den Dreck abnehme«, entgegnete der Russe. »Aber Sie haben Glück … ich biete Ihnen drei Millionen Goldrubel … Ein Mann von uns wird in offizieller Mission nach Berlin kommen und Zug um Zug Geld gegen Material austauschen … Sie haben die Verbindung herzustellen … und sonst möchte ich Sie nicht wiedersehen. Ist das klar?«
    »In Ordnung«, erwiderte Stahmer und hatte es eilig, den Mann loszuwerden.
    Er mußte rückfragen. Drei Millionen, dachte er, so viel ist ihnen das wert? Sie hatten es zu eilig. Sie waren zu gierig. Irgend etwas mußte faul sein! Hatte Stalin erkannt, daß die Unterlagen gefälscht waren, und ließ sie für echt deklarieren, um seine Position um den Preis von ein paar tausend Menschenleben zu festigen?
    Keiner wußte es. Der Fall lief programmgemäß weiter: ein Mann kam aus Moskau und brachte das Geld. Dann war es eine Weile still in der Leitung, totenstill …
    Plötzlich ging am 4. Juni 1937 eine sensationelle Meldung durch die Weltpresse: Marschall Tuchatschewski war nach einem gescheiterten Selbstmordversuch verhaftet worden. Auf Befehl Stalins wurde ihm der Prozeß unter Ausschluß der Öffentlichkeit gemacht. Die Agentur Tass meldete, daß der ›rote Napoleon‹ und seine sieben Mitangeklagten geständig seien. Vier Stunden nach Verkündigung des Todesurteils fand unter Leitung des Sowjet-Marschalls Blücher, der bei einer späteren ›Säuberung‹ selbst liquidiert werden sollte, die Exekution statt. Den ersten acht folgten rund fünftausend russische Offiziere, die Stalin zu unbequem geworden waren.
    Aber auch auf deutschter Seite hatte dieser unglaubliche Fall ein Nachspiel: die drei Millionen Rubel, das Blutgeld, brachten kein Glück. Die Sowjets hatten die Nummern der Banknoten notiert und konnten später, dieser Spur folgend, das gesamte deutsche Agentennetz in der Sowjetunion

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