Prinz Charming
noch mal...«
Sein Fluch schüchterte sie nicht im mindesten ein. Energisch bohrte sie einen Zeigefinger in seine Brust. »Ich bin halb Irin, halb Französin, und Sie können nicht das Gegenteil behaupten. Tatschen sind nun mal Tatsachen.«
Da sie sich beharrlich weigerte, logisch zu denken, gab er es auf. »Ich gehe jetzt.«
Blitzschnell griff sie nach seiner Gürtelschnalle. »Ich liebe Sie wahrscheinlich gar nicht.«
»Das will ich doch hoffen.«
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, und er beugte sich herab. Sein Mund berührte ihren, seine Arme umschlangen ihre Taille. Und dann küßte er sie ausgiebig und leidenschaftlich. Als er wieder zur Besinnung kam und sie von sich schob, starrte sie ihn atemlos an, verwundert und träumerisch. Wenn er sich auch sehnlichst wünschte, sie noch einmal zu küssen - er wagte es nicht. Beim Anblick dieser Frau malte er sich Dinge aus, die unmöglich geschehen konnten. »Laß mich gehen!« befahl er.
»Warte doch noch, bis das Baby geboren ist!« platzte sie heraus.
»Keine Frau schreibt mir vor, was ich zu tun habe.«
Bedrückt setzte sie sich auf die Bank und senkte den Kopf. »Also gut, dann geh! Ich brauche dich nicht und auch sonst niemanden. Bis jetzt bin ich sehr gut allein zurechtgekommen.«
Verächtlich schnaufte er. »Und dein Mann?« Er wollte die Antwort gar nicht hören. Wahrscheinlich würde sie ihm wieder einen geistvollen Ausspruch vom gelehrten William auftischen, und dann würde er endgültig die Beherrschung verlieren.
Als er die Tür erreichte, hörte er sie flüstern: »Ich war nie verheiratet. Und du solltest dich nicht länger mit einer Frau wie mir abgeben.«
Langsam drehte er sich um. »Und wer ist William?«
»Ein berühmter Dramatiker. Sein voller Name lautet William Shakespeare, und er lebte vor zweihundert Jahren.«
Eine volle Minute stand Hunter da und sagte kein Wort, dann ging er hinaus. Victoria flüchtete ins Schlafzimmer und begann zu schluchzen, noch ehe sie die Tür schloß.
Inzwischen überquerte Hunter die Wiese bis zur Hälfte, dann blieb er stehen und dachte etwa fünf Minuten lang nach.
Lucas hackte gerade Holz, sah seinen Freund aus dem Haus stürmen, hörte ihn fluchen, und er wußte genau, was sich da abspielte, als Hunter reglos dastand. Georgie lief an ihm vorbei, und er hielt sie rasch fest und hob sie hoch. »Stör Hunter jetzt nicht!« flüsterte er. Dann kam Daniel angerannt, und Lucas zog auch ihn zu sich heran. »Laß Hunter in Ruhe!«
»Was macht er denn?« fragte der kleine Junge.
Lucas lächelte. »Nun ja, er kämpft mit sich. Aber er wird bald einsehen, daß es sinnlos ist. Warum schaut ihr nicht mal nach, was eure Mutter macht?« Sobald er Georgie auf den Boden gestellt hatte, ergriff Daniel ihre Hand und führte sie ins Haus.
Endlich faßte Hunter einen Entschluß, machte kehrt und ging zu Lucas. »Ich bleibe doch noch eine Weile hier«, verkündete er.
»Wie schön! Ich bin sehr dankbar für deine Hilfe.«
Hunter nickte und war froh, weil sein Freund nicht fragte, warum er sich anders besonnen habe. Hastig wechselte er das Thema. »Glaubst du, Caulder wird wirklich hier auftauchen?«
»Ganz sicher - wenn er glaubt, daß ich mir das Gold angeeignet habe.«
»Wahrscheinlich schnappen sie ihn schon, bevor er Sioux City erreicht.«
»Das wäre möglich«, stimmte Lucas zu.
»Victoria sollte nicht verreisen, ehe das Baby geboren ist. Die Fahrt hierher war schon schwierig genug für sie. Jetzt braucht sie erst einmal Ruhe.«
»Du schlägst also vor, wir sollen hierbleiben?«
»Das wäre sicher am besten.«
Natürlich sorgte sich Lucas um Victoria, aber ebenso um seine Frau und die Kinder. In dieser Wildnis drohten ihnen unzählige Gefahren. Mindestens zehn fielen ihm auf Anhieb ein. Ein Kind konnte auf eine Schlange treten oder im Bach ertrinken oder von einem Bären angegriffen werden. Und so weiter. Aber sein Freund hatte recht. Sie mußten in Redemption bleiben, bis das Baby auf der Welt war.
Nach dem Abendessen begann Hunter die Treppe zu reparieren. Die anderen saßen noch etwas länger am Tisch, und Lucas verkündetet, Hunter würde erst in die Berge reiten, wenn das Baby geboren sei. Victoria brach in Tränen aus, entschuldigte sich und verschwand in ihrem Schlafzimmer.
»Was hat sie denn?« fragte Daniel David.
»Sie ist glücklich«, erklärte Taylor, und Lucas schüttelte den Kopf. Er fand Victorias Verhalten ziemlich seltsam.
Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf Taylor.
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