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Prinz Charming

Titel: Prinz Charming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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verwandeln konnte, wenn der Wagen durch ein Schlagloch polterte. Seufzend steckte er die Waffe in seine Tasche, dann lehnte er sich zurück.
    »Wieso wußtest du es?« flüsterte sie.
    »Was?«
    »Daß Westley dich erschießen wollte. Ich hatte keine Zeit, dich zu warnen - aber du wußtest, welche Gefahr dir drohte. Hat dich irgendein Instinkt darauf hingewiesen?«
    »Nein, du hast es mir verraten.«
    »Wie denn?«
    »Dein Gesicht sagte mir alles, was ich wissen mußte. Und als du die Hand hobst...«
    »Da hast du vor mir auf ihn geschossen«, unterbrach sie
    ihn.
    »Ja.«
    »Ich hätte ihn töten können.« »Aber du hast es nicht getan - ganz einfach, weil du es nicht wolltest.«
    »Ebenso wenig wie du.«
    »Genau. Aber ich entschied mich aus anderen Gründen dagegen. Vermutlich hast du ihn aus moralischen Erwägungen am Leben gelassen, während ich an den Ärger dachte, den mir die Polizei machen würde, wenn ich Westley töte. In Boston geht es anders zu als in den Bergen.«
    »Was heißt das?«
    »In Montana muß man sich vor niemandem verantworten. Dort ist alles immer noch - unkompliziert.«
    »Du meinst - gesetzlos.«
    »Das nicht. Aber da draußen herrschen andere Spielregeln. Die meisten Leute sind ehrlich und anständig, aber es gibt auch Ausnahmen.«
    Lucas versuchte, Zeit zu gewinnen, denn er wußte nicht, wie er Taylor beibringen sollte, was er soeben erfahren hatte. Es würde ihr das Herz brechen, und er sah keine Möglichkeit, den Schmerz zu lindern.
    Plötzlich platzte sie heraus: »Ich hasse diesen Geruch!«
    »Welchen Geruch?«
    »Pulverrauch. Wenn man geschossen hat, klebt er stundenlang an den Händen und Kleidern. Nicht einmal mit Seife kriegt man ihn weg. Grauenvoll!«
    »Das ist mir noch nie aufgefallen«, gab er zu.
    Taylor holte tief Atem und fragte mit belegter Stimme: »Hast du irgendwas herausgefunden?«
    »Ja.« Er beugte sich vor und ergriff ihre Hände. »Diese Frau, die deine Nichten betreut hat...«
    »Mrs. Bartlesmith?«
    »Leider ist sie tot. Aber sie starb nicht an der Cholera. Pearl Westley behauptete, die Frau sei einfach zusammengebrochen. Angeblich hatte sie ein schwaches Herz.« »Und die Babys?«
    »Westley gestand mir, er habe gemeinsam mit seiner Frau alle Wertsachen aus dem Haus geschafft und verkauft. Und sie nahmen auch die kleinen Mädchen mit.«
    »O Lucas ...« Angstvoll umklammerte sie seine Finger.
    Ihre Verzweiflung erschien ihm fast unerträglich. »Hör zu, Taylor, wir werden sie finden. Verstehst du, was ich sage? Wir werden sie finden.«
    »Großer Gott!« Sie ahnte, daß er ihr noch nicht alles erzählt hatte, und sie wagte nicht, ihm Fragen zu stellen.
    »Jetzt sind sie nicht mehr bei den Westleys.«
    »Leben sie noch?«
    »Ja.« Diese Antwort klang so entschieden, daß Taylor neue Hoffnung schöpfte.
    »Aber wo sind sie? Was haben diese Leute mit meinen Babys gemacht?«
    Lucas ließ ihre Hände los, nahm sie in die Arme und zog sie auf seinen Schoß - nicht nur, um ihr Trost zu spenden. Wenn er erklärte, was diese Unmenschen getan hatten, wollte er Taylors Gesicht nicht sehen. »Wir werden sie finden«, versprach er noch einmal.
    »Sag es mir, Lucas! Wo sind die Babys? Was ist mit ihnen geschehen?«
    So sehr er sich auch bemühte - er konnte den Schock nicht mildern, den ihr die Wahrheit versetzen würde. »Die Westleys haben sie verkauft.«

11
    Die Welt ist so verderbt, Zaunkönige hausen, wo’s kein Adler wagt.
    William Shakespeare, König Richard der Dritte
    Sie bekam keinen hysterischen Anfall. Eine Zeitlang starrte sie schweigend vor sich hin, wie betäubt, zu verblüfft, um Gefühle zu zeigen. Und dann stieg ein übermächtiger Zorn in ihr auf, wie sie ihn nie zuvor empfunden hatte, drang ihr mitten ins Herz. Während dieser schrecklichen Augenblicke | voll tiefster Verzweiflung und heller Wut glaubte Taylor, sie wäre eines kaltblütigen, vorsätzlichen Mordes fähig. Ja, sie wollte die Welt von so abscheulichen Kreaturen wie den Westleys befreien und diese Monstren ins Höllenfeuer schicken, wo sie hingehörten.
    Doch nach einer Weile siegte die Vernunft. Der Teufel würde ihr zwar für das Geschenk zweier weiterer verlorener Seelen danken, aber auch ihre eigene beanspruchen. Mord ist eine Todsünde, dachte sie, und was immer die Westleys verbrochen haben - ich darf mich nicht zu ihrer Richtern und Henkerin aufspielen.
    Sie wollte sich an die Brust ihres Mannes lehnen, die Arme um seinen Hals schlingen, Trost suchen. Plötzlich empfand sie den

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