Prinz der Düsternis
No-Ango hatten sich abgesondert. Der Schrei verklang, in der Ferne war das Schlagen mächtiger Flügel in der Luft zu hören, dann wieder nur das Prasseln der Feuer und Knacken glimmender Holzscheite.
»Ich könnte ihm den Hals umdrehen«, flüsterte Sadagar und blickte kurz über die Schulter, so dass er Hrobon sah, der wie eine aus schwarzem Stein geschlagene Statue vor dem Diromo der Prinzessin stand. »Warum schickt er nicht eine Abteilung zu diesem Treffpunkt, während wir anderen nach Logghard reiten?«
Mythor gab keine Antwort. Er sah das Messer, das der Steinmann plötzlich in der Faust hielt, und wurde sich erneut schmerzlich seiner eigenen Waffen bewusst, die nun in Luxons Besitz waren. Kein Schwert konnte ihm wie Alton sein. Nichts ersetzte ihm den Helm der Gerechten, der ihm vielleicht schon Hinweise auf das gegeben hätte, was vor ihm lag.
»Wir könnten uns selbständig machen«, drang Sadagar weiter in ihn. Seine Augen funkelten, die Stimme wurde beschwörend. »Auch Hrobon ist auf seinen Führer angewiesen. Er selbst ist hier nicht länger ortskundig. Warum greifen wir uns Hagad nicht einfach und zwingen ihn, uns den Weg zur Ewigen Stadt zu weisen? Außerdem…« Sadagar schnitt eine Grimasse. »Außerdem weiß er vielleicht, wo die zweihundert Vogelreiter auf uns warten sollen.«
Mythor lachte bitter. »Und die Prinzessin? Sollen wir sie Hrobon überlassen? Du meinst, sie käme mit uns?«
»Sie scheint großes Zutrauen zu dir zu haben«, gab der Steinmann zu bedenken.
»Das mag sein. Doch wäre sie nicht gewillt, dem Befehl ihres Vaters zu gehorchen…« Mythor zuckte die Schultern und sah sich kurz nach der Sänfte um. »Ich glaube nicht, dass sie weiß, warum sie diesen Umweg zu machen hat.«
»Und Hrobon?«
»Er täte alles für Hadamur.«
Seit jener ersten Begegnung, da Mythor sich als Sohn des Kometen bezeichnete, war der Heymal sein Todfeind. So groß war sein Glaube an den Shallad, dass er Mythor hasste, wie man einen anderen Menschen nur hassen konnte, Hrobon war nicht bereit, Mythor diesen Frevel jemals zu verzeihen. Er hätte ihm mit dem Schwert geantwortet, hätte er ihm auf den Kopf zugesagt, dass Hadamur nicht der rechtmäßige Shallad war – dass er jenen, dem sein Platz gebührte, als Kind zu töten befahl.
Luxon hatte Glück gehabt, wie immer.
»Und er wird dich zum Kampf auf Leben und Tod fordern«, sagte Sadagar, »sobald er seine Pflicht erfüllt und die Prinzessin sicher ans Ziel gebracht hat. Sie allein garantiert dein Leben, Mythor.«
»Oder seines.« Mythor winkte ab und zeigte damit an, dass er nicht länger darüber sprechen wollte. Im Süden zog eine feurige Kugel ihre Bahn über den dunklen Himmel, näherte sich schnell dem Horizont und verblasste so schnell, wie sie erschienen war.
Plötzlich erwachte No-Ango aus seiner Starre und schob sich zwischen die Gefährten. Mythor deutete seinen Blick richtig.
»Du hast mit deinem vergeistigten Volk Verbindung aufgenommen?« fragte er, nichts Gutes ahnend.
Der junge Rafher nickte ernst. Sein Blick blieb starr geradeaus gerichtet, nach Süden, als er kaum hörbar antwortete: »Hu-Gona weiß um viele Dinge, und Hu-Gona warnt. Viele von uns werden den Weg nicht überleben, der vor uns liegt.«
Hu-Gona war das Stammesoberhaupt der Rafher gewesen, bevor er mit seinem gesamten Volk – ausgenommen nur No-Ango – die Fesseln der Körperlichkeit ablegte und starb, um ein neues, unvorstellbares Leben zu erlangen. Die Rafher waren in einem Deddeth aufgegangen. No-Ango nannte den Deddeth nach seinem Stammesoberhaupt, und nun schien es, als wären seine Bemühungen, mit ihm in Verbindung zu treten, endlich von Erfolg gekrönt.
»Was sagt er?« fragte Mythor eindringlich. »Wovor warnt er uns? Vor dem Pilzdschungel und dem, was in ihm lebt?«
Langsam schüttelte No-Ango den Kopf. »Die Schrecken des Pilzwaldes treten zurück hinter dem, was dieses ganze Gebiet erfüllt, das vor uns liegt, Mythor. Es ist verpestet von dämonischem Staub, der die Menschen verändert und…«
»Was?« fragte Sadagar schnell.
No-Ango schüttelte wieder sein Haupt. »Hütet euch vor dem Staub«, flüsterte er. »Es ist nicht gut, um die Dinge zu wissen, vor denen es kein Entrinnen gibt.«
»No-Ango, du musst uns sagen, was du weißt! Eine bekannte Gefahr ist eine halbe Gefahr!«
Der junge Rafher drehte den Kopf und sah Mythor fast mitleidig an. Er gab keine Antworten mehr, doch der Blick seiner Augen genügte, um das Entsetzen ahnen zu
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