Prinz der Nacht
danke, ich bin okay.« Sein Magen knurrte und verriet ihn.
»Offenbar sind Sie hungrig, Zarek.«
Am Verhungern, um ehrlich zu sein . . . Er wollte sie schmecken, keine Mahlzeit. »Ja, wahrscheinlich.«
»Kommen Sie.« Astrid streckte ihre Hand aus. »Obwohl ich blind bin, kann ich kochen. Und ich schwöre Ihnen, wenn Sasha keinen Unsinn in der Küche getrieben hat, ist mein Schmortopf nicht vergiftet.«
Er griff nicht nach ihrer Hand, und sie räusperte sich. Nervös oder verlegen? Dann senkte sie den Arm und wandte sich zur Tür. Sasha knurrte ihn wieder an, Zarek knurrte zurück. Dicht vor dem lästigen Köter stampfte er mit seinem Fuß auf, und das Biest hechelte, als würde es ihm am liebsten das Bein ausreißen.
Als Astrid sich umdrehte, las er unverhohlene Missbilligung in ihrer Miene. »Waren Sie unfreundlich zu Sasha?«
»Nein, ich habe nur seinen Gruß erwidert.« Die Wolfsohren glatt zurückgelegt, stürmte das Ungeheuer aus dem Zimmer. »Rin-Tin-Tin scheint mich nicht besonders zu mögen.«
Seufzend hob sie die Schultern. »Er mag niemanden. Manchmal nicht einmal mich.« Sie durchquerte die Diele, und Zarek folgte ihr. Von diesem Mann ging etwas Unheimliches aus. Etwas Tödliches. Es lag nicht nur an der Kraft, die sie in seinem Arm gespürt hatte. Er verströmte ein unnatürliches Dunkel, das alle - sogar die Blinden - warnte: Haltet euch von mir fern. Vermutlich war es das, worauf Sasha reagierte. Verwirrend. Sogar beängstigend. Vielleicht hat Artemis recht, und ich sollte ihn für schuldig erklären und nach Hause zurückkehren.
Aber er hatte sie nicht attackiert. Bisher nicht.
Sie führte ihn zur Frühstückstheke, an der drei Barhocker standen. Die hatten ihre Schwestern aufgestellt, als sie Astrid besucht hatten, um sie vor ihrem neu esten Auftrag zu warnen. Alle drei waren sehr unglücklich, weil sie beschlossen hatte, Zarek für die Mutter zu beurteilen. Aber letzten Endes hatten sie den Job akzeptiert, denn zu ihrem unablässigen Leidwesen gab es etwas, das nicht einmal die Schicksalsgöttinnen kontrollieren konnten. Dazu gehörte der freie Wille.
»Mögen Sie geschmortes Rindfleisch, Zarek?«, fragte sie.
»Ich bin nicht wählerisch und dankbar für jede warme Mahlzeit, die ich nicht selbst kochen muss.«
In seiner Stimme schwang eine Bitterkeit mit, die ihr nicht entging. »Tun Sie das oft?«
Darauf antwortete er nicht, und Astrid ertastete ihren Weg zum Herd.
Ehe sie den Topf erreichte, packte Zarek plötzlich ihre Hand und zog sie weg - so schnell, dass sie erschrocken nach Luft schnappte. In wachsender Sorge registrierte sie seine Kraft. Dieser Mann konnte sie ernsthaft verletzen, wenn er es wollte - eine ernüchternde Erkenntnis, im Licht all der Dinge, die sie ihm zumuten würde.
»Lassen Sie mich das machen«, stieß er hervor.
Erstaunt hörte sie den zornigen Klang seiner Stimme. »Ich bin nicht hilflos. So etwas mache ichjeden Tag.«
Da ließ er sie los. »Okay, verbrennen Sie sich die Finger«, murmelte er und wandte sich ab. »Mir ist es egal.«
»Sasha?«, rief sie.
Sofort lief der Wolf zu ihr und schmiegte sich an ihr Bein, damit sie seine Nähe spürte. Astrid kniete nieder. Mit geschlossenen Augen umfasste sie seinen Kopf mit bei den Händen. In Gedanken vereinte sie sich mit ihm, bis sie seine Sehkraft wie ihre eigene nutzen konnte. Dann beobachtete sie Zarek, der zur Theke ging. Beinahe hätte sie hörbar nach Luft geschnappt. Jetzt wusste sie, dass sie ihn richtig eingeschätzt hatte.
Er war unglaublich attraktiv. Auf breite Schultern hing das lange schwarze Haar herab. Der enge schwarze Rollkragenpullover zeichnete wohlgeformte Muskeln nach. Trotz der dichten Bartstoppeln erkannte sie die klassischen Konturen seines schmalen Gesichts. Er war nicht schön im eigentlichen Sinn des Wortes, eher prägnant, auf düstere Art. Nur die langen schwarzen Wimpern und die vollen Lippen milderten diesen Eindruck.
Als er sich auf einen Barhocker setzte, bot er ihr den spektakulären Anblick eines knackigen, von Leder umspannten Hinterteils. In der Tat, der Mann war wie ein Gott gebaut.
Aber was ihre Aufmerksamkeit viel intensiver fesselte, war die tiefe Trauer, die seine Mitternachtsaugen überschattete. So müde sah er aus, so verloren. Und schrecklich einsam.
Nun blickte er auf und runzelte die Stirn. Astrid tätschelte Sashas Kopf, als wäre nichts Ungewöhnliches geschehen.
Hoffentlich erriet Zarek nicht, dass sie ihn sehen konnte.
Ihre Schwestern hatte sie
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