Prinz der Nacht
vor den extremen Kräften dieses Dark Hunters gewarnt, vor seinem telekinetischen Talent und dem verschärften Gehör. Aber sie wussten nicht, ob er spüren konnte, was Astrid vermochte, wenn auch in begrenztem Maß.
Zum Glück besaß er keine telepathischen Fähigkeiten, die ihren Job beträchtlich erschwert hätten.
Sie ging zum Schrank und nahm eine Schüssel für Zarek heraus. Vorsichtig löffelte sie das geschmorte Rindfleisch hinein. Dann stellte sie die Schüssel auf die Theke, nicht weit von der Stelle entfernt, wo er saß.
»Leben Sie allein?«, fragte er und zog die Schüssel zu sich heran.
Warum wollte er das wissen? »Nur Sasha und ich wohnen hier.«
Ihre Schwester Cloie hatte erklärt, eine geringfügige Provokation würde genügen, um seine gewalttätigen Neigungen zu wecken. Angeblich hatte er sogar Acheron attackiert - und alle anderen, die ihm zu nahe gekommen waren. In Dark Hunter-Kreisen kursierte das Gerücht, er wäre nach Alaska verbannt worden, weil er ein Dorf zerstört hatte, statt seine Verantwortung für die Bewohner wahrzunehmen. Warum, wusste niemand, nur dass er eines Nachts in wilder Raserei alle Menschen ermordet und dann die Häuser niedergebrannt hatte.
Was genau in jener Nacht geschehen war, hatten ihr die Schwestern verschwiegen, weil sie fürchteten, sonst würde sie ihre Pflicht nicht unvoreingenommen erfüllen.
Zur Strafe für das Verbrechen hatte Artemis ihn in die vereiste Wildnis geschickt. Wollte er einfach nur aus Neugier wissen, ob sie allein lebte? Oder steckten unlautere Absichten hinter dieser Frage? »Möchten Sie etwas trinken, Zarek?«
»Klar.«
»Was soll ich Ihnen bringen?«
»Das ist mir egal.«
Erstaunt schüttelte sie den Kopf. »Sie sind wirklich nicht wählerisch.«
Bevor er antwortete, hörte sie ein heiseres Räuspern. »Nein, kein bisschen.«
Es missfällt mir, wie er dich anschaut.
Als Sashas zornige Worte in ihrem Kopf dröhnten, hob sie die Brauen. Wenn ein Mann mich anschaut, gefällt dir das nie.
Unverwandt starrt er zu dir herüber, Astrid. Der Wolf schnaubte verächtlich. Ständig beobachtet er dich. Obwohl er den Kopf gesenkt hat, sehe ich die Lust in seinen Augen. Sicher malt er sich aus, du würdest unter ihm liegen. Ich traue ihm nicht, dieser Blick ist viel zu intensiv. Darfich ihn beißen?
Aus irgendeinem Grund trieb ihr Zareks Interesse brennende Röte in die Wangen. Nein, Sasha, sei brav.
Aber ich will nicht brav sein, Astrid. Alle meine Instinkte drängen mich, ihn zu beißen. Hättest du nur ein kleines bissehen Respekt vor meinen animalischen Fähigkeiten, würdest du mir erlauben, ihn zu erledigen. Jetzt gleich. Dann würde ich uns zehn weitere Tage in dieser Eiseskälte ersparen.
Ärgerlich schüttelte sie den Kopf über ihn. Wir haben ihn eben erst kennen gelernt, Sasha. Was wäre denn geschehen, hätte Lera dich bei eurer ersten Begegnung vor all den Jahrhunderten für schuldig erklärt?
Also glaubst du wieder an die Güte?
Eine Zeit lang schwieg sie. Nein, daran glaubte sie nicht. Wahrscheinlich verdiente Zarek den Tod - zumindest, wenn nur die Hälfte der Informationen, die sie über ihn erhalten hatte, den Tatsachen entsprachen. »Ich schulde Acheron etwas mehr als zehn Minuten.«
Erbost verdrehte der Wolf die Augen.
Astrid füllte eine Tasse mit heißem Tee und trug sie zu Zarek. »Rosmarintee. Ist das okay?«
»Was auch immer.«
Als er ihr die Tasse aus der Hand nahm, fühlte sie die Wärme seiner Finger und das Feuer seines Verlangens, seinen Hunger. Das jagte ihr Angst ein. War dieser Mann zu allem fähig? Besaß er fast göttliche Kräfte? Konnte er mit ihr machen, was er wollte? Irgendwie musste sie ihn ablenken. Und sich selbst. »Was ist wirklich mit Ihnen passiert?«
Würde er sein Schweigen brechen und erzählen, gewisse Leute hätten es auf ihn abgesehen?
»Nichts.«
»Hoffentlich werde ich diesem Nichts niemals begegnen, wenn es imstande ist, ein Loch in meinen Rücken zu schießen.« Astrid hörte, wie er die Tasse auf die Theke stellte. Aber er sagte nichts. »Sie sollten vorsichtiger sein, Zarek.«
»Nicht ich muss vorsichtig sein.« Seine Stimme nahm einen unheilvollen Klang an.
»Drohen Sie mir?«
Schweigen.
Doch sie gönnte ihm keine Ruhe. »Gibt es irgendwen, den wir anrufen sollten, um ihm mitzuteilen, dass Sie okay sind?«
»Nein«, erwiderte er tonlos.
Kein Wunder, dachte sie, man hat ihm niemals einen Knappen zugewiesen. Wie fühlte er sich in diesem grässlichen Exil? Das
Weitere Kostenlose Bücher