Prinz der Nacht
einen Blick zu gönnen, ging Zarek zum Wohnzimmerfenster und zog die Vorhänge auseinander.
Kurz nach ein Uhr nachts, und der Blizzard tobte genauso wild wie zuvor. Verdammt. Sollte er denn niemals von hier wegkommen? Hoffentlich würde eine Wetterbesserung eintreten und lange genug dauern, damit er seinen Wald erreichte. Die Knappen, Jess und Thanatos warteten zweifellos bei seiner Hütte auf ihn. Doch es gab mehrere Zufluchtsstätten, die niemand außer ihm kannte. Dort lagerte er Waffen und Vorräte.
»Zarek?«
Ärgerlich seufzte er auf. »Was ist los?«, herrschte er Astrid an.
»Reden Sie nicht in diesem Ton mit mir.« Ihre Stimme nahm einen scharfen Klang an. Erstaunt über ihre Kühnheit hob er die Brauen. »Wenn Leute in meinem Haus sind, möchte ich wissen, wo sie sich aufhalten. Also benehmen Sie sich anständig, oder ich hänge Ihnen eine Kuhglocke um.«
Plötzlich empfand er das seltsame Bedürfnis zu lachen. Aber Zarek und fröhliches Gelächter waren nicht miteinander vereinbar. »Das möchte ich sehen, wenn Sie ' s versuchen.«
»Haben Sie immer so schlechte Laune? Oder sind Sie mit dem linken Fuß zuerst aufgestanden?«
»So bin ich immer, Baby. Gewöhnen Sie sich daran.«
Sie stellte sich direkt neben ihn. Wahrscheinlich tat sie das mit Absicht, nur um ihn zu ärgern. »Und wenn ich mich nicht daran gewöhnen will?«
Stöhnend wandte er sich zu ihr. »Reizen Sie mich nicht, Prinzessin.«
»Oooh«, entgegnete sie unbeeindruckt. »Gleich werden Sie sagen: >Bringen Sie mich nicht in Wut, denn es würde Ihnen nicht gefallen, wenn ich wütend bin.«< Sie warf einen arroganten Blick in seine Richtung. »Aber Sie erschrecken mich nicht, Mr Zarek. Genauso gut können Sie dieses Macho-Getue bleiben lassen und sich ordentlich benehmen, solange Sie hier sind.«
Ungläubig starrte er sie an. In den letzten zweitausend Jahren hatte ihn niemand so unverschämt abgekanzelt. Es ärgerte ihn maßlos, dass sie es wagte. Damit beschwor sie zu viele schlechte Erinnerungen an Leute herauf, die ihn durchschaut und missachtet hatten. Das Erste, was er sich nach seiner Verwandlung in einen Dark Hunter gelobt hatte, war, sich nie wieder zu bemühen, Respekt oder die freundliche Aufmerksamkeit anderer Leute zu erringen. Die Angst war eine viel wirksamere Waffe.
Entschlossen drängte er Astrid an eine Wand.
Als er sie festhielt, konnte sie sich nicht rühren und geriet in Panik. Der Atem blieb ihr im Hals stecken. So groß war er, so stark. Nichts außer ihm fühlte sie. Er hüllte sie in eine machtvolle, gefährliche Aura, mit dem Versprechen tödlicher Reflexe. Er versuchte, ihr Angst einzujagen, das wusste sie. Und es gelang ihm.
Er berührte sie nicht mehr. Doch das war auch gar nicht nötig, allein seine Nähe wirkte beängstigend. Dunkel.
Bedrohlich. Tödlich.
Dann spürte sie, wie er sich zu ihr herabneigte. »Wenn Sie ' s nett haben wollen, Baby«, zischte er in ihr Ohr, »spielen Sie mit Ihrem verdammten Hund. Und wenn Sie bereit sind, mit einem Mann zu spielen, rufen Sie mich.«
Ehe sie reagieren konnte, fiel Sasha über ihn her. Fluchend taumelte Zarek von ihr weg, und ringsum wirbelte Sashas wilde Attacke die Luft durcheinander. Astrid duckte sich instinktiv und hörte den Wolf und den Mann miteinander ringen. Verzweifelt versuchte sie zu sehen. Doch sie wurde nur von Finsternis und beklemmenden Geräuschen umgeben.
»Sasha! «, schrie sie. Wenn sie doch beobachten könnte, was zwischen den bei den geschah. Doch sie hörte nur ein Zischen, ein Knurren und Flüche. Dann prallte irgendetwas gegen die Wand an ihrer Seite, und Sasha jaulte.
Was hatte Zarek ihrem Gefährten angetan? Astrid kniete nieder und tastete sich zu Sasha hinüber, der vor dem Kamin lag. »Sasha?« Zitternd strich sie über sein Fell und suchte nach Wunden. Er rührte sich nicht. Beinahe blieb ihr das Herz stehen. Wenn dem Wolf etwas Ernsthaftes zugestoßen war, würde sie Zarek höchstpersönlich töten ! Bitte, bitte, komm zu dir. »Sasha?« Sie drückte ihn an sich, ihre Gedanken strömten zu seinen.
So wahr mir die Götter helfen, ich bringe ihn um!
Erleichtert spürte sie Sashas Zorn. Zeus sei Dank, er lebt!
Zarek zog seinen zerrissenen Rollkragenpullover aus und wischte damit das Blut von seinem rechten Arm, vom Nacken und der Schulter. Mit Klauen und Zähnen hatte der widerliche Köter seine Haut zerfetzt. Nur mühsam bezwang er seine Wut. Seit dem Tag seines Todes hatte ihn niemand derart überfallen. Mit
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