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Prinz der Nacht

Prinz der Nacht

Titel: Prinz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prinz der Nacht
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starrte die dunkle Flüssigkeit an, die wie Blut aussah - Idios, ein kostbares Serum, das die Oneroi erzeugten. Es ermöglichte ihnen und auch anderen, für kurze Zeit eins mit Träumern zu werden. Dadurch konnten sie Träume beeinflussen, oder sie führten einen Schläfer in das Leben einer anderen Person, damit er es besser verstand.
    Nur drei Oneroi besaßen das Serum - M' Adoc, M ' Ordant und D ' Alerian. Meistens wandten sie es an, um verständnisvolles Mitleid in den Menschen zu wecken.
    Ein Schluck genügte, und Astrid würde in Zareks Träumen seinen Part übernehmen. Dann würde sie ihn restlos verstehen, alle seine Gefühle empfinden. Sollte sie es tun? Ein schwieriger Entschluss. Wenn sie sich dafür entschied, wäre sie nachher nie mehr dieselbe.
    Andererseits - vielleicht würde sie herausfinden, dass nichts weiter als Hass und Zorn in ihm steckte. Er könnte tatsächlich das Tier sein, für das ihn so viele hielten. Ein Schluck, und sie würde die Wahrheit erfahren.
    Sie entfernte den Stöpsel und trank aus dem Fläschchen. Was Zarek gerade träumte, wusste sie nicht, sie hoffte nur, er hielt sich nicht mehr in dem Atrium auf, wo sie ihn gesehen hatte.
    Jetzt war er vierzehn Jahre alt. Astrid glaubte zunächst, ihre Blindheit wäre zurückgekehrt, bis sie merkte, dass sie mit seinen Augen sah. Oder nur mit einem, denn die linke Seite seines Gesichts schmerzte, immer wenn er zu blinzeln versuchte. Eine Narbe hatte das Lid mit der Wange verschmolzen, die lädierten Gesichtsmuskeln bereiteten ihm Höllenqualen.
    Über dem rechten, halbwegs funktionsfähigen Auge lag ein Schleier, so ähnlich wie ein grauer Star. Es dauerte ein paar Minuten, bis Astrid sich vollends in Zarek verwandelte und die Ereignisse verstand. Vor zwei Jahren hatte ihn ein Soldat auf dem Marktplatz zusammengeschlagen und die Hornhaut des rechten Auges schwer verletzt. Auf dem linken war er schon länger blind, nachdem er von seinem Halbbruder Valerius verprügelt worden war. Seither sah er nur mehr Schatten und verschwommene Umrisse. Nicht, dass es ihn störte. Wenigstens musste er sein Spiegelbild nicht mehr betrachten. Und die verächtlichen Blicke der Leute ärgerten ihn nicht mehr.
    Langsam hinkte er über eine belebte Straße am Rand des Marktplatzes. Sein rechtes Bein war steif, mehrfach gebrochen und nicht eingerichtet. Deshalb war es kürzer als das linke, und er konnte sich nicht so schnell bewegen wie andere Menschen. Auch der rechte Arm war kaum zu gebrauchen, die Hand praktisch nutzlos.
    Mit seiner gesunden linken Hand umklammerte er drei Quadranten, die für die meisten Römer wertlose Münzen, für ihn aber überaus kostbar waren. Wütend auf Marius, hatte Valerius dessen Börse aus dem Fenster geworfen.
    Marius befahl einem Sklaven, die Münzen einzusammeln. Aber der Mann hatte die drei Quadranten übersehen. Das wusste Zarek, weil sie seinen Rücken getroffen hatten.
    Eigentlich müsste er sie dem Besitzer zurückgeben. Aber dann hätte Marius ihn geschlagen, weil der älteste Halbbruder seinen Anblick nicht ertrug. Zarek ging ihm aus dem Weg, so gut er es vermochte. Was Valerius betraf ...
    Den hasste er am meisten. Im Gegensatz zu den anderen versuchte Valerius, ihm zu helfen, mit dem Resultat, dass Zarekjedes Mal nur noch schlimmer misshandelt wurde.
    Genau wie die restliche Familie verabscheute er Valerius' weiches Herz. Es wäre ihm viel lieber, der Junge würde ihn genauso anspucken wie die anderen. Denn letzten Endes wurde Valerius gezwungen, ihn zu verletzen, um aller Welt zu beweisen, er wäre kein Schwächling.
    Zarek folgte dem Duft von frischgebackenem Brot und humpelte zum Marktstand des Bäckers. Welch ein himmlischer Duft, warm und süß. Beim Gedanken, er würde ein Stück Brot kosten, lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Heiße Sehnsucht erfüllte sein Herz.
    Sobald er sich dem Marktstand näherte, hörte er die Leute fluchen und sah Schatten davonhuschen. Natürlich, alle Menschen mieden ihn. Das bekümmerte ihn nicht. Wie abstoßend er war, wusste er. Seit er denken konnte, wies man ihn darauf hin. Wäre es möglich gewesen, würde er vor sich selbst davonlaufen. Doch dieser lahme, hässliche Körper

    hielt ihn gefangen. Er wünschte, er wäre nicht nur blind, sondern auch taub. Dann würde er diese vulgären Beleidigungen nicht hören.
    Er trat zu einem Schemen, der hinter einem Brotkorb stand und den er für einen jungen Mann hielt.
    »Geh weg ! «, fauchte der Verkäufer ihn an.
    »Bitte, Herr«,

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