Prinz für die Köchin
Blick. Sie standen vor dem Le Puits d’Amour, Daphne Blandings Konditorei, und Boudin starrte zu den erleuchteten Wohnungsfenstern der pâtissière hinauf.
»Ooooh …«, sagte Imogen langsam und dachte daran, was für ein glaubhaftes Paar sie auf Bunnys Party abgegeben hatten und wie seine Miene jedes Mal sanfter geworden war, wenn Daphnes Name fiel.
»Ich sollte lieber nach Hause gehen«, sagte ihr Boss mit erstickter Stimme. »Es ist spät.«
Nachdem sie Monsieur Boudin sicher wieder in seine Villa zurückgebracht hatte, ging Imogen denselben Weg zurück und fand sich abermals vor dem Le Puits d’Amour wieder. Bei Daphne brannte immer noch Licht. Imogen schaute auf die Uhr: Mitternacht. Zu spät? Wahrscheinlich, aber andererseits … Sie drückte auf die Klingel.
»Das ist ja eine erstaunliche Geschichte, Imogen.« Daphne saß in ihrem rosa Morgenrock auf einer Chaiselongue und rauchte gemächlich eine Zigarette. »Bist du sicher, dass du da nicht etwas falsch verstanden hast?«
»Ziemlich sicher. Er hat mal zu mir gesagt, Sie wären eine bemerkenswerte Frau. Und vorhin … eine Erscheinung.«
»Eine Erscheinung? Ich? Ach, der liebe Michel! Er ist wirklich ein Kindskopf.« Doch sie lächelte, bemerkte Imogen.
»Darf ich fragen, ob Sie … seine Gefühle erwidern?«
»Ich weiß nicht recht, Imogen«, meinte Daphne kokett. »Das kommt alles ziemlich plötzlich.«
»Wie lange kennen Sie sich schon?«
»Nun ja, du weißt doch, ich bin vor zwölf Jahren hergezogen. Michel hat kurz nachdem wir uns kennengelernt haben das Restaurant seines Vaters übernommen.«
»Zwölf Jahre!« , stieß Imogen hervor. »Und er hat nie etwas gesagt?«
Daphne fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Nun ja … nein. Verstehst du, wir waren doch so gute Freunde. Obwohl ich mir ja vielleicht manchmal schon Gedanken gemacht habe. Aber andererseits ist Michel so ein grand timide – eigentlich ist er furchtbar schüchtern. Das sind diese großen, kräftigen Kerle doch oft, nicht wahr, unter all dem Gehabe? Und außerdem war er verheiratet.«
»Natürlich.« Ganz kurz fragte Imogen sich, ob Monsieur Boudins Verliebtheit vielleicht bei der Fahnenflucht seiner Frau eine Rolle gespielt haben könnte. »Wie war seine Frau denn so?«, fragte sie.
»Honorine? Nun ja …« Daphne setzte sich auf und sah Imogen unverwandt an. »Honorine war ja ganz nett, aber Michel war ihr gleichgültig und sie war in seinen Bruder verliebt. So etwas kommt vor. Es war für alle ganz offensichtlich, außer für Michel; er ist der anständigste Mann, den ich jemals gekannt habe. Und so waren wir eben Freunde, und damit hatte es sich.« Sie lächelte und schüttelte den Kopf. »Weißt du, ich hatte im Laufe der Jahre ein paar Männer. Aber irgendwie hat das nie richtig geklappt, und wenn es vorbei war, dann habe ich mich wohl immer ziemlich auf Michel gestützt und mich von ihm trösten lassen, fürchte ich. Er war so ein Fels in der Brandung, Imogen, so wunderbar verlässlich und weise. Er hat mir zugehört.«
Imogen platzte laut heraus. »Zwölf Jahre lang! Der Arme. Kein Wunder, dass er durchdreht.«
»Wenn man es so erzählt, hört sich das Ganze wirklich ziemlich albern an, nicht wahr?« Daphne lächelte. »Ich … ich habe es wohl genossen, verehrt zu werden. Ja, das war es. Und noch dazu ohne die ganzen Gewöhnlichkeiten einer Beziehung, ohne all diese öde Vertrautheit. Michel hat mich nie ohne Make-up gesehen.« Als sie Imogens überraschte, ungläubige Miene sah, sagte sie wehmütig: »Du bist noch so jung, Imogen. Du brauchst dir keine Gedanken darum zu machen, das Geheimnisvolle an dir zu bewahren. Später wird das für eine Frau sehr viel wichtiger.« Daphne legte den Kopf schief und lächelte abermals. »Ich muss sagen, du siehst unglaublich glücklich aus, Liebes. Dein Gesicht leuchtet richtig.«
»Bin ich auch«, gestand Imogen. »Sehr glücklich.«
»Es ist dieser geheimnisvolle junge Mann, nicht wahr?«, fragte Daphne, während sie sich vorbeugte, um ihre Zigarette auszudrücken. »Mitch hat mir von seinem letzten Coup erzählt – in Grasse. Wie ungeheuer stilvoll! Ein Mann ganz nach meinem Herzen. Aber wie seltsam das sein muss«, fuhr sie fort, »nicht zu wissen, wer er ist – wenn er dir schon so viel bedeutet.«
Imogen lächelte sie an. Vor ihrem geistigen Auge sah sie den gekrönten Liebhaber in Fragonards Gemälde. Er hat ihr Herz erobert, hatte der Führer im Museum gesagt.
»Ja, das ist seltsam«, gab sie zu. »Und
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