Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Prinz für die Köchin

Titel: Prinz für die Köchin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Zagha
Vom Netzwerk:
und hielt insgeheim die Luft an.
    »Erinnerst du dich noch an die blau-grünen Kacheln an der Wand, petite? Die sind dir damals aufgefallen.«
    Imogen nickte.
    »Also, ich wünschte, ich hätte sie nicht so zugeklebt. Das war dumm.«
    »Dann wünsch dir was«, sagte Daphne und bedachte Imogen mit einem entzückten Verschwörerlächeln. »Und schau, was passiert.«
    »Alles in Ordnung mit dir, Daphne?«, fragte der Küchenchef und sah sie besorgt an. »Warst du zu lange in der Sonne?«
    »Nein, keine Angst. Wünsch dir was, Liebling. Du brauchst es nicht laut zu sagen, wenn du nicht möchtest.«
    »Vielleicht hilft es, wenn Sie noch mal die Augen zumachen, Chef «, schlug Imogen vor. »Nur ganz kurz.«
    Michel Boudin schnaubte ungeduldig, dann tat er wie geheißen. So schnell sie konnte, rannte Imogen rund um den Speisesaal und zog die Laken herunter, bis jede einzelne Kachelwand freilag, nunmehr gründlich gereinigt. Die Kacheln waren Anfang des 20. Jahrhunderts angebracht worden; eine ungemein attraktive Darstellung der Fauna am Grund des Mittelmeeres. Boudin öffnete die Augen und betrachtete stumm die anmutigen Fischschwärme und die juwelenbunten Krustentiere, die vor dem leuchtenden aquamarinblauen Hintergrund schimmerten. Er nickte ein paarmal, dann lächelte er.
    »Schöne Überraschung?«, fragte Daphne leise.
    »Ja – sehr schöne Überraschung«, antwortete er und küsste ihr die Hand.
    »Weißt du, eigentlich war das hier Imogens Idee. Mir gefallen die Kacheln aber auch, sehr sogar. Man hat das Gefühl, auf dem Meeresgrund zu stehen. Auf dem Grund eines wunderschönen Meeres.«
    »Eines wunderschönen Meeres …«, wiederholte Michel Boudin träumerisch. »Und dazu all die Früchte des Meeres – die Austern, die Muscheln, die Krabben und die Krebse. Und …«
    »Ja?«, stupste Imogen behutsam; sie wollte den Bann nicht brechen.
    »Und ein gegrillter Fisch, ganz schlicht mit einem Stück Zitrone serviert. Vielleicht noch mit einem bisschen Spinat und ein paar pommes frites als Beilage.«
    »Genau das ist es.«
    »Was, petite?«
    »Ihr Restaurant. Kritiker kommen und gehen, wissen Sie noch?« Als er sie scharf musterte, grinste Imogen. »Was zählt, ist das Essen, das man macht.«
    »Nun ja … ich weiß nicht …«, meinte der Küchenchef und betrachtete die Meereskacheln.
    »Dabei ginge es nicht darum, den nächsten Goldenen Löffel abzugreifen oder so etwas«, fuhr Imogen vorsichtig fort. Sie hatte Angst, dass er wieder loslamentierte. »Aber die Ansprüche müssten sehr hoch sein. Köstliche Austern – exzellenter Fisch …«
    »Selbstverständlich …« Allmählich erwärmte sich Michel Boudin für das Thema. »Simpel und perfekt. Von jetzt an geht es hier um das Meer – nur das, aber mit absoluter Schönheit und Schlichtheit. Direkt aus dem Meer!«
    »Direkt aus dem Meer«, wiederholte Imogen. »Und was ist damit?«, fragte sie dann und zeigte auf die vierte Wand – die Frontseite des Restaurants.
    Boudin zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich werden sie sie wieder so aufbauen wie vorher, wenn sie die Rohre repariert haben.«
    »Dann werden die Gäste also um das Gebäude herumgehen und durch den kleinen Gang hereinkommen, so wie bisher?«
    »Ja, ich denke schon. Ich wollte immer«, rezitierte Monsieur Boudin ziemlich steif und auswendig gelernt, »dass das Boustifaille ein geheimer, exklusiver Ort ist, wo man sich abschottet, um sich ausschließlich aufs Essen zu konzentrieren.«
    »Oh, aber dieses Restaurant sollte nicht geheim gehalten werden, Chef. Jeder sollte sehen, wie schön es ist, und außerdem, warum es genau hier ist – und nirgendwo anders.« Mit beiden Händen packte Imogen die letzte Plane und zog sie wie einen Theatervorhang zurück. Von Gerüststangen eingerahmt kam eine Glaswand zum Vorschein, und dahinter die flimmernde Hafenkulisse mit ihren Fischerbooten, der glitzernden Bucht und dem freien Himmel. Die warme Brise vom Meer wehte in den Saal.
    »Ich finde, so ist es viel besser«, verkündete sie und lächelte ihren Boss an. »Was meinen Sie, Monsieur?«

47
    Zwei Tage später berief Michel Boudin im Boustifaille einen »Familienrat« ein, um seine Mitarbeiter von seinen Plänen in Kenntnis zu setzen. Diese kamen pflichtschuldig von nah und fern zusammen: Jean-Jacques und Sidonie aus dem jeweiligen Familienurlaub, Larissa und Bastien nahmen sich von ihren Aushilfsjobs frei – Barkeeping im La Sirène und in der Küche des Koud’Soleil Fisch nach

Weitere Kostenlose Bücher