Prinz für die Köchin
Champagnercocktail und schaute zu Bunny hinüber, die ganz in der Nähe an der Bar lehnte und gemächlich mit einem Mint Julep beschäftigt war. Ihr blondes Haar bildete unter der goldenen Beleuchtung einen diffusen Heiligenschein, und ihre Augen waren halb geschlossen. Neben ihr trank Mitch Bourbon mit Soda und starrte hingerissen Gene an, wenn er glaubte, dass niemand ihn beobachtete.
Die eher schmale, wie eine Galeere geformte Bar mit ihrer hohen gewölbten Decke und den hoch aufragenden runden Säulen war reine Art-déco-Pracht; die fröhlich-mediterranen Terracotta- und Kobaltblautöne bewahrten sie vor übertriebener Feierlichkeit. Als sie den Blick durch den langgestreckten Raum schweifen ließ, konnte Imogen Amaury nicht entdecken, das letzte Mitglied ihrer Truppe. Ohne Zweifel würde er bald wieder auftauchen, und sei es nur, um den frisch gemixten Old Fashioned – was auch sonst? – an sich zu nehmen, der ihn jetzt auf der Bar erwartete.
»Weißt du, Gene, es ist erstaunlich, wie sehr sich Imogens Geschmack gewandelt hat, seit ich sie kenne«, sagte Faustina, die in einem sehr eleganten trägerlosen schwarzen Kleid auf Genes anderer Seite saß. Imogen kam der Gedanke, dass man genau dasselbe auch über ihre korsische Freundin sagen könnte. Faustina hatte – unter welchem geheimnisvollen Einfluss wohl? – ihr äußeres Erscheinungsbild nach und nach heruntergefahren und das frühere Übermaß an Rüschen und Glitzerkram abgelegt und war so zu dem geworden, was sie darunter immer schon gewesen war: eine wahre Schönheit.
»Sie ist richtig aufgeblüht«, fuhr Faustina fort. »Und sie hat endlich diese grauenvollen Sport-BHs abgeschafft.«
»Du bist echt unglaublich!« Unwillkürlich kreuzte Imogen die Arme vor der Brust. »Woher weißt du das?«
»Jetzt hast du einen tollen Busen. Sieht richtig frech aus. Und Mylène hat mir erzählt, dass du noch ein paarmal im Ultradonna warst.«
»Ja, ja, schon gut. Ça va comme ça? Können wir jetzt über was anderes reden als über meine Unterwäsche?«
Faustina hatte natürlich recht, dachte Imogen bei sich. So viele neue Kleidungsstücke hatte sie sich eigentlich gar nicht gekauft, seit sie nach Saint-Jean gekommen war, entscheidend aber war, dass sie ihre alten Sachen abgelegt hatte, sie ein für alle Mal abgestreift hatte wie eine alte Haut. Ihr Körper, dem es nie zuvor gestattet gewesen war, sich in der Sonne und in der Brandung zu tummeln, hatte es ihr mit einem solchen Selbstvertrauensschub gedankt, dass sie das Gefühl hatte, keine Tarnkleidung mehr zu brauchen. Tatsächlich fühlte sie sich einfach wunderbar. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie verliebt, und bald, oh, sehr bald würde sie ihrem Angebeteten das von Angesicht zu Angesicht sagen können.
»Hey.« Bunny blickte auf und wedelte träge mit den Fingern einer Hand in Richtung Tür. »Hey. Weißt du, das da ist auch eine ganz tolle Farbe. Dieser Grünton da drüben. Chartreuse? So was von wunderschön. Komm her und schau dir das an.«
Neugierig stand Imogen auf. »Chartreuse? Wo?«
»Die Lady da drüben – siehst du?«
Imogen folgte dem Blick ihrer Freundin. Durch einen Bogengang am anderen Ende der Lobby konnte man einen Teil des Speisesaals sehen, ein in zartem Beige gehaltener ledergepolsterter Raum, der Ähnlichkeit mit dem Inneren einer teuren Handtasche hatte. Als dramatischer Zusatz ergossen sich funkelnde Strasssteinchen von der Decke. An einem der am nächsten gelegenen Tische saß ein Paar. Der Mann, der der Bar zugewandt saß, wurde von seiner Begleiterin fast verdeckt, die ihnen den grün gewandeten Rücken zukehrte. An ihrem Stuhl, stellte Imogen fest, während jäh das Blut aus ihrem Gesicht wich, hing an einer Seidenkordel ein fest zusammengerollter chinesischer Sonnenschirm von der Farbe sehr starken Tees. Also wirklich, es war typisch für Elsa Peach, mit etwas so Unpraktischem herumzulaufen, nur weil es hübsch war.
»Oh Gott«, stieß Imogen entsetzt hervor. »Meine Mutter!«
Bunny Augen wurden riesengroß. »Die Lady da ist deine Mutter ?«
Hilflos sah Imogen zu, wie Elsa sich von ihrem Stuhl erhob und gefolgt von ihrem Begleiter das Restaurant verließ. Glücklicherweise wandten sie sich von ihnen ab, der Straße zu. »Ist schon gut, sie gehen«, sagte sie und stieß einen tiefen Seufzer aus. »Na, wenigstens wissen wir jetzt, wo sie abgeblieben ist. Ich sollte wohl lieber Hildegard anrufen. Und Di, um ihr zu sagen, dass sie recht hatte und dass Mum
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