Prinz für die Köchin
auf die Uhr: Bis zur Ankunft der ersten kostümierten Gäste waren es nur noch Stunden. Daphne war gerade nach Hause gegangen, um sich umzuziehen. Hektisch und beglückt eilte Imogen zurück in Bunnys kühle Küche und machte sich daran, letzte Hand an das Essen zu legen: schwindelerregende Obstpyramiden, dünn geschichtete Lachs-Sauerampfer-Terrinen und Pasteten mit Kalb- und Schweinefleisch, mit glänzendem Sauternesgelee verziert. Außerdem Heerscharen kleiner Schnapsgläser voll hellgrüner Vichyssoise oder smaragdgrünem Kräutersalat mit winzigen Speck- Lardons. Eine besonders spannende Herausforderung hatte sie sich selbst gestellt: Zu beweisen, dass es möglich war, etwas, das im Grunde genommen ein Riesenhaufen rosiges Fleisch war – dünn geschnittene Entenbrust, um genau zu sein – in ein wunderschönes Gebilde zu verwandeln.
Daphnes Hilfe, ihr Fachwissen und ihre unerschütterliche gute Laune waren von unschätzbarem Wert gewesen, besonders als es um das Prunkstück ihres Buffets gegangen war: eine prachtvolle Rokokotorte aus Pistazieneis, verziert mit rosa Zuckerherzen, Rosen und Schwänen – eine Torte, die Marie Antoinette entzückt hätte.
Imogen schob gerade die letzten glasierten Schinken in den Ofen, als sie hörte, wie Bunny vom anderen Ende des Hauses her nach ihr rief. Nachdem sie sich gründlich umgesehen hatte, ob auch alles gefahrlos auf ihre Rückkehr warten konnte, eilte sie, noch immer in der Küchenschürze, zum Wohnzimmer, Monty ihr dicht auf den Fersen. »Ja«, rief sie, »was ist denn? Ich hoffe nur, es ist wichtig.«
In das Zimmer zu treten war, als sei man aus Versehen auf den Set für Werbefotos einer teuren amerikanischen Sportswear-Marke gestolpert. Bunny saß auf einem der drei weichen Sofas, umgeben von einer Schar unglaublich rassiger und gepflegter junger Männer und Frauen, die alle genau wie sie wirkten: als seien sie gerade eben erst auf der Erde angekommen, völlig fertig und wie aus dem Ei gepellt.
Instinktiv zuckte Imogens Hand empor, um zu überprüfen, ob ihr eigenes Haar, das sie hastig hochgesteckt hatte, als sie mit dem Kochen angefangen hatte, nicht zu unordentlich war. Genau das war der Fall – so eine Überraschung! –, und wie! Dann machte sie einen halbherzigen Versuch, wenigstens die Schürze abzunehmen, besann sich jedoch eines Besseren. In den abgeschnittenen Jeans und dem ausgeblichenen T-Shirt, die sie darunter trug, würde sie auch nicht gepflegter aussehen. Sie straffte die Schultern. Schließlich war es ja wohl nicht schlimm, Köchin zu sein, oder?
Alle Anwesenden lächelten, als sie Bunnys Freundin aus England erblickten, und sämtliche junge Männer erhoben sich – eine ganz neue und ungemein einschüchternde Erfahrung. Unwillkürlich ertappte Imogen sich dabei, wie sie ihnen mit einer nervösen Schuldirektorinnen-Geste bedeutete, wieder Platz zu nehmen.
»Okay, ihr Lieben«, rief Bunny, nachdem sie ihre Freundin gerettet und sie genötigt hatte, sich neben sie zu setzen. »Das ist Imogen, eine wunderbare Köchin. Der vierbeinige Gentleman da heißt Monty. Und das«, fuhr sie fort und deutete auf eine hübsche Brünette mit großen blauen Augen und staunendem Zahnlückenlächeln, »ist meine Schwester Grace. Neben dir sitzt mein großer Bruder Everett, und das da ist mein kleiner Bruder Buddy, und meine Cousine Rose, und meine kleine Cousine Mary-Kate, und …«
Während Bunny fortfuhr, auch die Freunde ihrer Brüder reihum vorzustellen, schaltete Imogen irgendwann ab – Walker, Gage, Chuck, Conway, Heath – Grundgütiger. Es war hoffnungslos, sich all diese Namen merken zu wollen. Sie nickte und lächelte und wünschte sich inständig, sie wäre in der Küche geblieben. Dies hier war eine Welt, in der es von makellosen Seitenscheiteln und faltenfreien rosa Blusen nur so wimmelte. Und jeder hatte diese gleichmäßige goldene Sonnenbräune, die von strahlender Gesundheit und einer offenkundigen Liebe zum Leben an der frischen Luft zeugte.
Diese Menschen sahen alle aus wie Filmstars, und zwar in dem Sinne, dass ihr vollendetes Äußeres auf eine ganze Armee von Maskenbildnern und Garderobieren hinter den Kulissen hindeutete, die fortwährend damit beschäftigt waren, ihre glänzenden Nasen zu pudern und ihre Kleider so zurechtzurücken, dass sie perfekt saßen. Es war verblüffend – eigentlich sogar erschreckend.
»Und das ist Archer«, verkündete Bunny schließlich.
Ganz in Schwarz gekleidet stand Archer an der offenen
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