Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Prinz für die Köchin

Titel: Prinz für die Köchin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Zagha
Vom Netzwerk:
Terrassentür und blickte in den Garten hinaus. Er schaute über die Schulter, formte mit den Lippen das Wort »Hi« und lächelte distanziert, bevor er sich wieder abwandte. Obgleich groß, war er zierlicher als die anderen, und Imogen fiel auf, dass er eine gebrochene Nase hatte, der einzige Defekt in einem Meer scheinbarer physischer Vollkommenheit.
    »Wir freuen uns ja so auf dein wunderbares Essen!«, rief Bunnys Schwester Grace, die in ihrem weißen Kaschmirpulli und Faltenrock eine apart-kühle Aura hatte. Ja – Essen, dachte Imogen, in der Tat. Sie konnte es kaum erwarten, in die Küche zurückzukehren; es gab immer noch eine Menge zu tun.
    »Ist es traditionelle französische Küche?«, erkundigte sich Bunnys Cousine Mary-Kate mit großen, neugierigen Augen.
    »Ach, ich weiß nicht.« Imogen war ein wenig aus der Fassung geraten, weil sie im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses stand. »Die französische Küche hat wohl Einfluss auf das Buffet gehabt. Aber präsentiert wird es hoffentlich etwas moderner.«
    »Also, solange es nur rosa und grün ist«, warf der dunkelhaarige, blauäugige Everett ein, Bunnys älterer Bruder, und bedachte seine Schwester mit einem schiefen Blick, »dann gefällt es Bun bestimmt.«
    »Es ist alles rosa und grün«, bestätigte Imogen und lächelte ihn an.
    »Na, das freut mich aber«, meinte Everett und erwiderte ihr Lächeln voller Wärme. »Verstehst du, mit Bunny ist es so«, erklärte er, »sie ist ein Mensch, der so gut wie keine Geschmacksknospen besitzt.«
    »Everett«, entrüstete sich Bunny mit gespielter Strenge.
    »Stimmt doch, Schätzchen. Du bekommst doch nie mit, was du isst.«
    »Das kommt, weil sie künstlerisch veranlagt ist«, sprang Bunnys rotwangiger jüngerer Bruder Buddy seiner Schwester bei. »Sie hat mal eine Weile gemalt und dabei ständig ihren Pinsel in ihren Eistee getaucht.«
    »Ja, und dann Farbe getrunken und es nicht mal gemerkt. Genau das meine ich ja.«
    Darüber lachten die Doucet-Geschwister schallend, während Imogen aus den Augenwinkeln bemerkte, dass Archer zu ihnen herübergekommen war und jetzt unweit von Grace an einem Sofa lehnte. Er sah niemanden Bestimmtes an und beteiligte sich auch nicht an der lebhaften Unterhaltung, die ein paar von Everetts Freunden über die Freuden des Segelsports führten.
    Bald darauf entschuldigte sich Imogen, die brutzelnden Schinken im Kopf, die dringend ihrer Anwesenheit bedurften, und floh zurück in die Küche.

23
    Kurz vor Beginn der Party war Bunny ganz im Stil des 18. Jahrhunderts kostümiert: Sie trug ein prachtvolles Marie-Antoinette-Kleid aus zartrosafarbenem Musselin und eine hoch aufgetürmte champagnerblonde Perücke. Letztere war unter großen Ängsten, jedoch mit beeindruckendem Ergebnis, von Madame Pignon, der Friseurin des Ortes (von der in den letzten fünfzehn Jahren selten mehr als eine Blauspülung verlangt worden war, um eine voll getakelte Spielzeugfregatte herum aufgesteckt worden. Es war eine Frisur, die zuletzt 1776 von modebewussten Französinnen getragen worden war, um einen Seesieg im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg zu feiern. Des Weiteren war Bunnys Gesicht von Faustina fachkundig mit Puder und Rouge geschminkt worden. Und doch sah sie genauso aus wie sie selbst – eine fröhliche, naive junge Amerikanerin, wild entschlossen, die perfekte Gastgeberin zu sein.
    Imogen stand mit gerunzelter Stirn vor dem Spiegel. Sie hatte sich sehr weit vorgewagt. Es war seit Jahren das erste Mal, dass sie ein Kleid trug, nachdem sie vor langer Zeit beschlossen hatte, dass Hosen einfach praktischer waren. Trotzdem war ihr Kostüm so dezent wie möglich. Außer einem von einer Perle gezierten schwarzen Samtband um den Hals trug sie keinerlei Schmuck, und ihr cremefarbenes Seidenkleid war das Schlichteste, das sie hatte finden können. Nichtsdestotrotz verwandelte es ihre Figur auf wahrhaft erstaunliche Weise. Besonders ein Teil ihrer Anatomie, genau der, den sie stets zu verbergen versucht hatte, war jetzt die Hauptattraktion.
    Mitch trat neben sie, um sein eigenes Spiegelbild prüfend zu betrachten – in seinem reich mit Gold bestickten Reitrock sah er einfach fantastisch aus. Er warf ihr von der Seite her einen raschen Blick zu und verkündete dann in einem Tonfall, der selbst nach fünfzig Jahren in Frankreich noch immer ganz und gar nach New York klang: »Oooh-là-là – il y a du monde au balcon.«
    Auf dem Balkon steht eine große Menschenmenge, übersetzte Imogen im Kopf.

Weitere Kostenlose Bücher