Prinz Rajin - Der Verdammte
das Licht des Augenmondes auf einen Teil der knorrigen, von zahllosen Verwachsungen und knollenartigen Wucherungen übersäten Rinde. Im Zusammenspiel mit Licht und Schatten konnte man glauben, dass der Stamm von fratzenhaften Gesichtern bedeckt war.
Rajin stellte sich neben den Baum, sodass der Fremde ihn auf keinen Fall sehen konnte, und verharrte dort ruhig. Als der Schemen dann an eine Stelle trat, an der ihn das Licht des Blutmondes kurz streifte, erkannte Rajin die sehr ungleichen drei Arme. Das Purpur seiner Schuppenhaut wurde durch die Farbgebung des Blutmondlichts noch verstärkt.
Koraxxon!, durchfuhr es Rajin.
Wie kam es, dass er hier war – und all die anderen, die mit Rajin auf der Lichtung gelagert hatten, auf einmal verschwunden waren?
Koraxxon blieb stehen. Den kräftigen Daumen des geradezu monströsen Axtarms klemmte er hinter den Gürtel seiner Tunika, während er sich mit den vergleichsweise feinen Fingern des Schwertarms irgendwelche Reste des gebratenen Sekinji aus den Zähnen pulte. Die Faust des Schildarms, der ihm unterhalb der Schwertarm-Schulter hervorwuchs, war hingegen in die Hüfte gestemmt.
Rajin hörte ihn schnüffeln wie ein Raubtier, das Witterung aufnehmen will. Ein leises Knurren entrang sich der Kehle des Veränderten.
Im nächsten Moment bemerkte Rajin aus den Augenwinkeln heraus eine Bewegung. Es waren ein paar dünnere Äste des Baumes, hinter dem er Schutz gesucht hatte. Obgleich der junge Prinz zunächst den Eindruck gehabt hatte, dass er aus festem Holz bestand, glichen sie plötzlich doch eher biegsamen Ranken. Blitzschnell legte sich einer dieser Astarme um Rajins Körper, und dann wanden sich weitere wie Fesseln um seine Arme, Beine und den Hals. Rajin konnte sich nicht mehr bewegen, und er bekam auch keine Luft mehr und konnte nicht einmal mehr schrien, als er plötzlich in die Höhe gerissen wurde. Nur ein unterdrücktes Ächzen brachte er noch heraus. Die zuvor starr wirkenden gesichtsähnlichen Muster auf der Rinde bekamen ein Eigenleben. Münder öffneten sich, Dutzende von Augenpaaren stierten die Beute an, die sich der Baum mit seinen Astarmen eingefangen hatte.
Ein barbarisches Brüllen durchdrang den Wald. Koraxxon setzte zu einem schnellen Lauf an. Seine Beine waren enorm muskulös, und trotz seiner Stämmigkeit vermochte sich der Dreiarmige mit großer Behändigkeit zu bewegen. Mit weiten Schritten kam er heran, erreichte den Baum und kletterte an ihm empor. Astarme, die ihn auf ebensolche Weise zu fesseln versuchten wie Rajin, riss er mit der rohen Kraft seiner drei Arme einfach entzwei. Manchmal zerbiss er auch eine der Ranken mit seinem Raubtiermaul.
Aus den Mündern der Rindengesichter drangen entsetzte Laute, vor allem als Koraxxon ihnen seine riesigen, knollenförmigen Zehen in die Augen rammte, um sie als Tritte für seinen ungestümen Aufstieg zu benutzen. Äste bogen sich, schlangen sich geschmeidig und peitschend um die Gliedmaßen des Dreiarmigen. und für einige Augenblicke schien es so, als würden sie seiner habhaft, als würden sie ihn genauso fesseln, wie sie es mit Rajin getan hatten. Aber die Kräfte des Dreiarmigen waren enorm. Mit dem Axtarm riss er weitere Äste einfach ab, und innerhalb weniger Augenblicke hatte er sich mit schnellen, kraftvollen Bewegungen von dem Geäst befreit. Dann kletterte er weiter empor.
Er packte Rajin am Fuß und zog ihn mit dem Axtarm zu sich heran, während er sich mit den beiden anderen Armen festhielt. Dann stieß er sich ab, und gemeinsam fielen Koraxxon und Rajin zu Boden.
Mit einem dumpfen Laut schlug der Dreiarmige auf den weichen Waldboden, und Rajin landete auf ihm. Die Äste, die den Prinzen umschlungen hatten, waren abgebrochen. Die Kraft, die sie erfüllt hatte, wich aus ihnen. Rajin rollte sich von Koraxxons massigem Körper und streifte die schlaff gewordenen Fesseln ab.
„Ich hoffe, du hast dich nicht verletzt“, sagte Rajin zu dem Dreiarmigen, während er sich die Handgelenke rieb, um die sich sehr dünnes Geäst rankengleich geschlungen und ihm das Blut abgeschnürt hatten.
Koraxxon erhob sich. „Sehe ich vielleicht aus wie ein empfindlicher Mensch? Bei dir scheinen mir die Sorgen begründeter.“
Rajin atmete tief durch und betastete seine linke Schulter, mit der er auf dem Dreiarmigen gelandet war. Sie schmerzte, aber er glaubte nicht, dass er eine ernsthafte Verletzung davongetragen hatte. „Scheint alles in Ordnung“, meinte er.
„Da bin ich aber erleichtert“, sagte
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