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Prinzentod

Prinzentod

Titel: Prinzentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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Albtraum schuld, der mich so verstört hat, bilde ic h mir das alles nur ein ? Ich schleiche zur Wohnungstür, die fest verschlossen ist . Beruhige dich, sage ich mir wieder. Es kann niemand hie r sein . Mein Puls verlangsamt sich, was leider bewirkt, dass ich dieses Schleifen wieder höre. Ich renne in die Küche und hol e das größte Messer aus dem Messerblock . In der Flurkommode bewahren wir eine Taschenlampe fü r Notfälle auf, ich hole sie heraus, bete, dass die Batterie noc h etwas taugt, und knipse sie an . Keine Reaktion. Ich schüttele sie, diesmal kommt ein schwacher Lichtstrahl. So bewaffnet schleiche ich auf die Terrasse . Da, der schwarze Schatten ! Entsetzt kneife ich die Augen zusammen . Was ist das? Dieser Schatten – es sieht so aus, als ob da etwa s baumelt ! Ich knipse die Taschenlampe an . Eine furchtbare Sekunde lang kann ich nicht glauben, wa s ich sehe . Es ist monströs und irgendwie obszön und ich weiß nicht, o b ich schreiend wegrennen oder hysterisch zusammenbreche n soll . Jemand hat die riesige Diddlmaus aus Bernadettes Zimme r an die Querstrebe der Markise gehängt, nein, nicht gehängt , sondern erhängt . Aber das ist nicht das Schlimmste. Man hat dieser grotes k hässlichen Diddlmaus Kais Kimono angezogen . Ich renne zu der Maus, möchte sie sofort dort herunterreißen , möchte Kais Kimono verbrennen, nein, waschen, reinige n von dem, was ihm angetan wurde, aber ich tue nichts der gleichen, sondern sinke unter der Maus zusammen, auf den Terrassenboden. Bis mich das erneute Schleifen wütend macht. Die Maus berührt beim leisesten Lufthauch einen der Korbstühle. Schluss! Ende! Ich nehme das Messer, steige auf den Stuhl und schneide die Schnur vom Hals der Maus, die mit einem dumpfen Plumpsen auf den Boden der Terrasse fällt. Dann zerre ich an dem Stoff, bis ich den Kimono endlich in der Hand halte. Ich erinnere mich daran, wie ich ihn getragen habe. Es war erst vorgestern, als mich dieser Stoff noch so tröstend umhüllt hat, mir wie das Kostbarste der Welt vorkam. Jetzt kann ich ihn keine Sekunde mehr in der Hand halten. Ich stürme ins Bad und stopfe den Kimono in die Waschmaschine, knalle den Deckel des Topladers zu und hetze zurück auf die Terrasse. Am liebsten würde ich die Maus über die Brüstung nach unten werfen, aber natürlich tue ich nichts dergleichen, sondern trage sie in Bernadettes Zimmer und setze dieses Riesenvieh in ihren kubischen Designersessel. Jetzt erst fällt mir das Atmen wieder ein wenig leichter. In der Wohnung ist es wieder ganz still geworden und ich zwinge mich, meine Angst zu bekämpfen. Dann werde ich wütend. Wie kann mir jemand so etwas antun? Wie kann man nur so grausam sein? Ich denke daran, dass ich in meiner Panik die Bilder von meinem Laptop gelöscht habe und nicht einmal versucht habe, die Blockbuchstaben in der Dusche zu untersuchen, bevor ich sie weggewischt habe. Diesmal werde ich nicht so dumm sein. Entschlossen gehe ich auf die Terrasse, um die Kordel zu überprüfen, an der die Maus aufgehängt war. Eine braune Paketschnur, nichts Besonderes. Aber ich wüsste nicht, dass wir so etwas in der Wohnung haben. Jemand muss sie mitgebracht haben . Ich sinke auf einen der Stühle. Das Shirt klebt an mir wie eine zweite Haut und ich muss an die vier Menschen denken , die das getan haben könnten und mit denen ich unter eine m Dach wohne . Plötzlich kommt es mir lachhaft vor, dass ich jemals geglaubt habe, es könnte alles gut werden, wenn ich nur zu r Polizei gehen würde . Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie das Ganze abliefe : »Guten Tag. Ich war die Geliebte von Kai Keilmann und werde von einer Diddlmaus bedroht.« Das wäre doch ein schöne r Satz fürs Erste, bevor ich die ganze Geschichte erzähle: das s ich eine Leiche gefunden habe, ohne sie zu melden. Beweise ? Nun ja, die hätte ich leider vernichtet, sorry . Nein, vielen Dank . Spätestens seit heute weiß ich, dass niemand mir helfe n kann. Ich muss es selbst tun .

19. Kapitel
    I ch stehe im Pausenhof und beobachte diese fremde Spezies, die sich drinnen im Erdgeschoss am Pausenkiosk um Sandwiches und Leberkässemmeln drängelt. Es kommt mir vor, als würden wir unterschiedliche Sprachen sprechen, so sinnlos erscheint es mir, sich über die Mathearbeit aufzuregen. Tabea ist heute wieder da, grinsend gesteht sie, dass sie wegen der Arbeit geschwänzt hat. Sie bewundert mein Shirt, es hat hinten goldene Engelsflügel und darunter steht: »Angel in Training«. Nach dieser

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