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Prinzentod

Prinzentod

Titel: Prinzentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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muss. Ich winke ihr zu und gehe in den Flur, vorbei an Bernadettes Zimmer, das noch größer ist als meins und komplett vollgestopft mit einer merkwürdigen Mischung aus Designermöbeln, Computern, Kabeln und Stofftieren. Mittendrin auf einem kubischen Sessel hockt eine monströse Scheußlichkeit: eine menschengroße, dicke Plüsch-Diddlmaus in einem rosa Kleid, ein Geschenk ihrer Geschwister zu Bernadettes fünfzehntem Geburtstag. Innerlich grinsend renne ich die Treppen runter. Auf dem Weg nach unten passiere ich als Erstes Violettas Wohnung, dann flitze ich im zweiten Stock an der Wohnung von Bernadettes Eltern vorbei und schließlich im ersten Stock am Architekturbüro von Bernadettes Vater. Im Erdgeschoss wohnt das Hausmeisterehepaar aus Bosnien, doch ich habe sie noch nicht kennengelernt, sie sind für einen Monat zu ihrer Familie gefahren, das machen sie jeden Sommer. Als ich aus dem kühlen Altbauflur nach draußen trete, fange ich sofort an zu schwitzen. Für Ende Mai ist es einfach zu heiß. Ich nehme eine der Kisten, packe noch eine kleinere darauf und mache mich wieder auf den Weg nach oben. Das mit den zwei Kisten war keine gute Idee, sie rutschen ständig hin und her und ich habe keine Hand frei, um sie zu fixieren, weshalb ich mit dem Kinn versuche, die obere festzuklemmen. Vielleicht sollte ich doch lieber alles absetzen und einzeln tragen? In diesem Moment stoße ich gegen etwas, stolpere eine Stufe zurück und kann mich gerade noch am altmodischen Eisengeländer festhalten, aber die Kisten fallen mir aus der Hand, eine sogar übers Geländer bis nach unten ins Erdgeschoss, wo sie mit einem Krachen aufkommt und sich der Inhalt über den Fliesenboden verteilt. Ein kurzer Blick von oben genügt und ich sehe, dass es meine Unterwäsche ist. Na, klasse! Ausgerechnet! »Entschuldigung!«, murmelt da eine Stimme neben mir und jetzt erst wird mir klar, wogegen ich geprallt bin. Es ist ein Mann und er lächelt mich aus den grünsten Augen an, die ich je gesehen habe. Er lächelt so offen, so freudig überrascht, so als wäre ich eine Rose auf einem Müllhaufen. Weil er so breite Schultern hat, sieht er ein bisschen albern in seinem hellgrauen Anzug aus, in etwa wie ein Turmspringer bei der Wahl zum Sportler des Jahres. Das alles registriere ich, während ich versuche, einen halbwegs intelligenten Satz herauszubringen. Er räuspert sich und deutet auf mein Shirt. »Das verstehe ich nicht!«, sagt er und lächelt schon wieder dieses Lächeln, dabei entdecke ich jetzt eine kleine Zahnlücke zwischen den oberen Schneidezähnen, weshalb er mir plötzlich vorkommt wie ein Knirps, der sich gerade eben einen Streich ausgedacht hat. »Ist doch ganz einfach«, erkläre ich. »Leben ohne Unsinn macht keinen Sinn.« »Für Unsinn kann ich mich immer begeistern«, murmelt er und rennt plötzlich die Treppe nach unten, wo meine Unterwäsche immer noch herumliegt. Ich renne hinter ihm her, versuche ihn zu überholen, denn ich möchte unbedingt vermeiden, dass er sich meine Wäsche genauer betrachtet. Aber er ist schneller. Fieberhaft überlege ich, wer dieser Mann ist. Ein Freund von Violetta? Auch ein Schauspieler? Oder nur jemand, der sich von Bernadettes Stiefvater ein Holzhaus bauen lässt?
    Bernadettes Eltern sind nämlich Ökofreaks. Aber dieser Ty p sieht so gar nicht nach Holzhaus aus . Als wir unten ankommen und ich das Durcheinander vo n BHs und Höschen sehe, würde ich am liebsten weglaufen . Das ist mal wieder typisch für mich. Peinlich ohne Ende ! Ich merke, wie heiß meine Wangen werden, während ic h versuche, so schnell wie möglich die Wäsche in den Karto n zurückzustopfen . Der Mann kniet sich neben mich und hilft mir. Oh Gott, da s wird ja immer schrecklicher! Was der jetzt wohl denkt ! »Mir ist mal etwas Ähnliches passiert«, erzählt er so lässig , als wären wir Erntehelfer, die Kartoffeln aufklauben . Ich schüttele ungläubig den Kopf, sagen kann ich nichts , weil nur ein Piepsen herauskäme . »Bei mir war es viel schlimmer. Mir ist ein Sack mit schmutziger Wäsche geplatzt. In der Straßenbahn auf dem Weg zu m Waschsalon. « »Nein!« Mehr fällt mir nicht ein . »Doch! Du kannst mir glauben, das hat damals anders ausgesehen. Und vor allem anders gerochen«, fügt er hinzu. »Hie r duftet alles ganz wunderbar. « Mir wird noch viel heißer. Okay, das ist definitiv das Peinlichste, das ich je erlebt habe . Als ich ihn mit einem verstohlenen Seitenblick mustere, seh e ich, dass er mich

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