Prinzessin auf Probe?
Lilahs Mutter sich gezwungen sah, sich mit der Untreue ihres Mannes auseinanderzusetzen.
Das führte unweigerlich zum Streit, zu Tränen. Mit Schmuck oder einer romantischen Reise kaufte er sich wieder frei, alles war vergeben und vergessen, bis der Kreislauf von vorn begann. Auch im Moment waren die beiden mal wieder auf einer dieser Reisen, und wenn ihre Eltern zurück waren, würde sie ihnen von dem Baby erzählen müssen.
Auch von Carlos?
Während sie Nancy zuhörte, musste sie wohl oder übel akzeptieren, dass die Frau nicht übertrieb. Carlos war tatsächlich mehrfach mit ihr ausgegangen. Nicht, dass Lilah davon geträumt hätte, aber verdammt, sie hatten miteinander geschlafen. Und vorher waren sie befreundet gewesen. Auch wenn er nicht der warmherzige, liebevolle Typ war, verdiente sie etwas Besseres als die Art und Weise, wie er sie nach ihrem One-Night-Stand behandelt hatte.
Sie verdiente auf jeden Fall etwas Besseres als das, was sie eben in seinem Büro erlebt hatte.
Nancy schaute skeptisch zur Bürotür. „Ich hoffe, er ist nach der Konfrontation mit Ihnen nicht allzu schlecht gelaunt.“
Vor Schock verkrampfte sich Lilahs Magen noch mehr. Nancy konnte doch wohl nichts von dem Baby wissen, oder? Hatte jemand an der Tür gelauscht? Wanda vielleicht?
Als sie sich wieder so weit beruhigt hatte, um in Nancys neugierige Miene zu schauen, erkannte sie, dass sie wirklich nur neugierig war. Sie war weder geschockt noch wütend, keine der Reaktionen, die sie zeigen würde, wenn sie erfahren hätte, dass ihr „neuer Freund“ mit einer anderen Frau ein Kind gezeugt hatte. „Ich nehme an, Sie meinen den Vorfall in der Dusche?“
„Tut mir leid.“ Nancy zupfte nervös an ihrer Kleidung. „Ich hätte nichts sagen dürfen.“
Lilah machte einen Schritt auf die Tür zu. „Ich bin ehrlich gesagt neugierig, wie Sie so schnell davon erfahren haben …?“
Nancy sah gequält aus. „Ich hab es in der Cafeteria gehört. Die Gerüchteküche brodelt, alle versuchen herauszufinden, was er getan hat, dass Sie so wütend sind. Es werden schon Wetten angenommen über mögliche Gründe.“
„Und was munkelt man so?“
Nancy biss sich auf die Lippe, bevor sie zögernd fortfuhr. „Die meisten glauben, dass Sie sauer sind, weil er die Vorstandssitzung Anfang der Woche platzen lassen hat. Andere fragen sich, ob Sie sich darüber ärgern, dass er zu viele Fälle aufnimmt, für die es kein Geld gibt. Ich würde auf Letzteres wetten. Er hat unter seiner rauen Schale solch ein weiches Herz.“
Lilah umschloss die Haarnadeln in ihrer Tasche so fest, dass sie wahrscheinlich Löcher in ihre Finger bohrten. „Hoffen wir, dass Sie nicht Ihr ganzes Vermögen darauf verwettet haben, sonst könnte es Ihnen bald schlecht gehen.“
Wenn die Gerüchteküche schon bei einer Konfrontation – okay, es war eine ziemlich theatralische gewesen – so außer Kontrolle geriet, dann mochte sie gar nicht daran denken, was ihr noch alles bevorstand. Himmel, sie musste extrem aufpassen, um die Privatsphäre ihres Kindes zu schützen. Zum ersten Mal wurde ihr wirklich bewusst, dass sie das Kind eines Prinzen erwartete. Einen Menschen, den die Presse ein Leben lang verfolgen würde.
Würde die Neuigkeit ihrer Schwangerschaft in dieselbe Pressemitteilung gelangen, die über Carlos’ neue Freundin informierte?
Langsam stieg Panik in Lilah auf. Es war blauäugig von ihr gewesen, darauf zu bauen, dass sie einfach abwarten konnte. Nancy führte ihr vor Augen, dass bereits zu viele Menschen und deren Gefühle betroffen waren.
Sie würde kämpfen müssen, statt sich von Carlos überrollen zu lassen, und nicht zulassen, dass er ihrem Kind wehtat. Sie würde das kostbare Leben so gut es ging davor schützen, von seinem Vater vernachlässigt zu werden.
Hinter ihr wurde die Tür geöffnet, und eine Sekunde später stand Carlos auf der Schwelle. Überraschung zeichnete sich auf seinem Gesicht ab.
Wut, Frust und, verdammt, ja, auch Schmerz durchströmten Lilah. Doch sie unterdrückte das Verlangen, ihrer Wut Ausdruck zu geben. Sie hatte ihm heute schon eine Szene gemacht, das genügte, und vor allem hatte sie nicht vor, Carlos wissen zu lassen, wie sehr er sie verletzt hatte.
Das hieß jedoch nicht, dass sie davor zurückschrecken musste, ihn auch ein wenig leiden zu sehen.
Lilah warf ihr Haar über die Schulter. „Hallo, Carlos. Ich habe mich gerade mit deiner neuen Freundin unterhalten.“
3. KAPITEL
Nimmt das Unheil denn heute gar kein
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