Prinzessin auf Probe?
Sorgenfalten gezeichnet. Shannon, mit der er erst seit Kurzem verheiratet war, hatte einen Arm um seine Taille geschlungen, als wollte sie ihm still Trost spenden. Lilah schüttelte auch ihm die Hand.
Nachdem sich alle vorgestellt hatten, umringten die Frauen Lilah, und Carlos hörte, wie seine Halbschwester Eloisa, Shannon und Duartes Verlobte Kate sie mit allen möglichen Informationen über die Insel versorgten.
Carlos wandte sich an seine Brüder. „Wie geht es unserem Vater?“
Duarte verschränkte die Hände hinter dem Rücken. „Unverändert.“
„Ich würde gern wissen, warum er die Klinik in Jacksonville verlassen hat.“ Sie hatten Hoffnung geschöpft, als sie ihren Vater endlich hatten überreden können, sich auf dem Festland untersuchen zu lassen. „Ich dachte, er hätte sich auf die Spezialisten dort verlassen.“
Antonio zuckte mit den Schultern. „Er sagt, er sei nach Hause gekommen, um im Kreis seiner Familie zu sterben.“
Ein Muskel in Duartes Kinn zuckte, bevor er fortfuhr: „Eine Transplantation wäre seine letzte Chance.“
„Was soll denn dann das ganze Gerede vom Sterben?“ Ihr Vater hatte Optionen. Bei einer Lebertransplantation genügte es oft schon, wenn nur ein Leberlappen gespendet wurde, und Enrique hatte mit seinen drei Kindern genügend Möglichkeiten. „Wir müssen ihn sofort wieder nach Jacksonville bringen lassen.“
Duarte lachte düster. „Viel Glück. Sollte mich wundern, wenn du ihn überzeugen kannst.“
„Die Tests“, warf Antonio ein, „haben ergeben, dass ich als Spender infrage käme, aber das will der alte Herr nicht. Er will nicht, dass ich das Risiko eingehe, auch wenn es sein Leben retten könnte.“
Frustriert schüttelte Carlos den Kopf angesichts der Heuchelei seines Vaters. Enrique hatte damals von ihm verlangt zu kämpfen, nachdem die Kugeln seinen Rücken zerstört hatten. Er hatte endlose Qualen, Operationen und Rehabilitationsmaßnahmen über sich ergehen lassen müssen, um entgegen allen Prognosen wieder gehen zu können. Niemals würde Carlos zulassen, dass der Vater jetzt einfach seine Familie im Stich ließ, solange es noch eine Chance gab. „Dann muss ich ihn wohl überzeugen.“
„Wir hätten dich schon eher angerufen, aber du kommst wegen deiner Verletzungen, die die Gewehrkugeln deiner Leber zugefügt haben, als Spender nicht infrage.“
Jemand schnappte laut nach Luft. Als Carlos sich umdrehte, sah er, dass Lilah ihn fassungslos anstarrte, während ihr die Farbe aus dem Gesicht wich. Verdammt, er hatte ihr nie von den wahren Umständen erzählt, die zu seinen Narben geführt hatten.
Ihm war es nicht nötig erschienen, und es hatte nie einen geeigneten Moment gegeben. Und er wusste, all das waren nur fadenscheinige Entschuldigungen.
An ihrer verwirrten und entsetzten Miene erkannte er, dass er es wieder einmal vermasselt hatte. Das machte ihm schwer zu schaffen, denn er wusste inzwischen, wie wichtig es für ihn war, dass sie bei ihm blieb.
Doch er konnte jetzt nicht mit Lilah reden. Erst einmal musste er sich darauf vorbereiten, seinen Vater – vielleicht zum letzten Mal – zu sehen.
9. KAPITEL
Mit jeder Minute, die sie auf der Insel verbrachte, wurde Lilah immer deutlicher, wie wenig sie über den Vater ihres Kindes wusste.
Ihre hohen Absätze hallten auf dem Marmorboden wider, als sie von den anderen Frauen durchs riesige Anwesen der Medinas geführt wurde. Es verfügte über alle erdenklichen Annehmlichkeiten – angefangen bei der Bibliothek, bis zum Musikzimmer, einem Heimkino, Pools und diversen Esszimmern. Jetzt wurde ihr gerade der Weg zu den Suiten der anderen gezeigt.
Vielleicht bekam sie aber auf dieser kleinen Wanderung noch ein paar Hinweise auf Carlos, wenn sie die kostbaren Kunstschätze an den Wänden und Sockeln genauer betrachtete.
Ihr Herz zog sich zusammen, als sie an das einzige Gemälde in seinem Büro im Krankenhaus dachte – ein Bild von Joaquín Sorolla y Bastida. Sie hatte immer geglaubt, dass die Darstellung von verkrüppelten Kindern, die in Heilwasser badeten, mit Carlos’ Arbeit in Verbindung gebracht werden konnte.
Nun erkannte sie, dass er selbst mit diesem Bild auf viel tragischere Weise verbunden war. Die Narben auf seinem Rücken stammten von Schusswunden? Die Vorstellung trieb ihr Tränen in die Augen.
Während sie an einem weiteren schwer bewaffneten Sicherheitsposten vorbeigingen, musterte Lilah die anderen Frauen: Carlos’ dunkelhaarige Schwester Eloisa, seine blonde
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