Prinzessin in Pink
darunter der Satz: Komm bitte in meine Sprechstunde.
Äh, hallo, Mr G? Sind wir uns nicht eben beim Frühstück begegnet? Da hätten Sie wohl nichts sagen können, oder was?
O Gott! Gerade hat sich Lana zu mir rumgedreht und mir die aktuelle Ausgabe der New York Newsday auf den Tisch geklatscht. Auf dem Titel ist ein Riesenfoto von Grandmère, wie sie mit dem verängstigten Rommel im Arm aus dem »Les Hautes Manger« stürmt, und auf ihrem Rock sieht man noch die Hummercremesuppenflecken.
»Wieso sind in deiner Familie eigentlich alle so total daneben?«, will Lana wissen.
Weißt du was, Lana? Das ist eine verdammt gute Frage.
Freitag, 2. Mai, Franz
Nicht zu fassen, dieser Mr G! Hat der Mann doch tatsächlich den Nerv anzudeuten, Michael könnte mich von der Schule ABLENKEN! Als hätte Michael je etwas anderes getan, als mir zu helfen, die Geheimnisse der Mathematik zu enträtseln. Hallo?
Zugegeben, Michael kommt mich jeden Morgen vor dem Unterricht im Klassenzimmer besuchen. Ja und? Tut das etwa irgendwem weh? Klar, Lana ist verbittert, weil Josh Richter sie nie vor dem Unterricht besucht, da ist er nämlich zu sehr damit beschäftigt, im Spiegel vom Jungenklo seine Strähnchen zu bewundern. Aber inwiefern soll mich das von der Schule ablenken?
Ich muss wohl ein ernstes Wort mit Mom reden. Ich glaub fast, die bevorstehende Geburt seines ersten Kindes verwandelt Mr G in einen Menschenhasser. Was ist denn schon dabei, dass ich im Mathetest nur 69 Punkte habe? Man darf ja wohl mal einen schlechten Tag haben. Das bedeutet doch nicht gleich, dass meine Leistungen total absinken oder dass ich zu viel Zeit mit Michael verbringe oder jede wache Sekunde darüber nachdenken würde, wie gut sein Hals riecht oder so was in der Art.
Und dass Mr G behauptet, ich hätte die gesamte Mathestunde Tagebuch geschrieben, ist ja wohl lächerlich. Von dem Vortrag über Polynome, den er in den letzten zehn Minuten gehalten hat, hab ich alles mitgekriegt. Also BITTE.
Und dass ich siebzehnmal »Seine Hoheit Michael Moscovitz« auf den unteren Rand vom Arbeitsblatt geschrieben hab, war doch nur ein WITZ. Oh Mann, Mr G, was ist denn auf einmal los? Früher hatten Sie mal so was wie Humor.
Freitag, 2. Mai, Bio
Also was ist? Hat er dich gestern im Restaurant gefragt? - S.
Nein.
Mia! Der Abschlussball ist in acht Tagen. Dir bleibt nichts anderes übrig, als die Sache selbst in die Hand zu nehmen und ihn zu fragen.
SHAMEEKA! Du weißt genau, dass das nicht geht.
Dann wird es aber verdammt knapp. Morgen auf deiner Party ist die letzte Gelegenheit. Wenn er dich erst nächste Woche fragt, kannst du nicht mehr Ja sagen. Als Mädchen hat man ja schließlich seinen Stolz.
Das sagst du. Du bist Cheerleader.
Ja. Und du bist Prinzessin!
Du weißt genau, was ich meine.
Mensch, Mia. Pass bloß auf, dass er sich mit dir nicht zu sicher fühlt. Man muss die Jungs an der kurzen Leine halten… egal wie viele Songs sie für dich schreiben oder wie viele Schneeflockenketten sie dir schenken. DU bist diejenige, die bestimmt, wo es langgeht.
Manchmal klingst du wie meine Großmutter.
O Goooooooooooooooootttttttt!!!!!!!!!!!
Freitag, 2. Mai, T&B
Ahhhhhh! Lilly kennt kein anderes Thema mehr als Jangbu und seine verzweifelte Lage. Mir tut der Mann auch Leid, aber ich hab nicht vor, in seine Privatsphäre einzudringen, indem ich bei der Auskunft anrufe und nach seiner Telefonnummer frage - besonders nicht mit einem gewissen brandneuen fürstlichen Handy.
Ich hab noch kein einziges Mal damit telefoniert. KEIN EINZIGES MAL. Lilly schon fünfmal.
Die Tellerwäscher-Geschichte zieht immer weitere Kreise. Heute Mittag ist die Chefredakteurin vom Atom , Leslie Cho, an unseren Tisch gekommen und hat mich gefragt, ob ich für die Ausgabe vom nächsten Montag einen ausführlichen Bericht über den Zwischenfall schreiben kann. Ich weiß, das ist endlich meine Chance, aus den Niederungen des Cafeteria-Speiseplans herauszukommen und mein Debüt als ernsthafte Journalistin abzuliefern. Aber ich finde es ziemlich gewagt von ihr, ausgerechnet mir diesen Auftrag zu geben. Wieso hält sie mich für geeignet? Ich bin ja wohl alles andere als objektiv und vorurteilsfrei. Natürlich finde ich, dass Grandmère im Unrecht ist, aber … na ja, immerhin ist sie meine GROSSMUTTER.
Ich weiß nicht, irgendwie gefällt mir dieser Einblick in die Arbeitsweise unserer Schülerzeitung gar nicht. Vielleicht sollte ich lieber anfangen, meinen Roman zu schreiben,
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