Prinzessin in Pink
zu meinem GEBURTSTAGSESSEN mitzubringen, der hat es echt voll verdient, dass sein Chanel-Kostüm mit Hummersuppe versaut wird. Nur schade, dass ich es nicht mit eigenen Augen sehen durfte. Auch wenn es hinterher keiner zugeben wollte (noch nicht mal Mom): der Anblick meiner suppendurchtränkten Großmutter war bestimmt superlustig. Selbst wenn das mein einziges Geburtstagsgeschenk gewesen wäre, hätte es mich total glücklich gemacht.
Als ich vom Klo wiederkam, war Grandmère schon vom Oberkellner trockengetupft worden. Nur auf ihrem Dekolletee glänzten noch ein paar Tropfen. Ich hatte mal wieder das Beste verpasst (typisch) und kriegte nur noch mit, wie der Oberkellner dem Tellerwäscher herrisch befahl, sein Geschirrtuch abzugeben: Er war gefeuert.
GEFEUERT!!! Wegen etwas, wofür er ja wohl absolut nichts konnte!
Jangbu - so hieß der Tellerwäscher - sah aus, als würde er
gleich anfangen zu weinen. Er entschuldigte sich tausendmal, aber es half nichts. Wer in New York einer Fürstinmutter Suppe übers Kleid kippt, kann sich getrost von einer Karriere in der gehobenen Gastronomie verabschieden. Das ist, als würde sich ein Pariser Gourmetkoch bei McDonald’s erwischen lassen. Oder P. Diddy beim Unterhosenkauf bei WalMart. Oder als würden Nicky und Paris Hilton an einem Samstagabend in ihren Jogginganzügen von Juicy Couture auf dem Sofa fläzen und Wissenschaftsmagazine schauen, statt Orgien zu feiern. So was geht einfach nicht.
Nachdem Michael mir alles erzählt hatte, versuchte ich noch, mit dem Oberkellner herumzudiskutieren, um Jangbu zu retten. Ich sagte ihm, Grandmère könne das Restaurant nicht für etwas verantwortlich machen, woran ihr eigener Hund schuld ist. Ein Hund, der von Rechts wegen noch nicht mal im Restaurant hätte sein dürfen.
Aber es nützte nichts. Ich musste hilflos zusehen, wie Jangbu mit hängendem Kopf in die Küche trottete.
Als Nächstes versuchte ich, Grandmère als die Geschädigte ( angeblich Geschädigte, weil sie ja eigentlich nur ihre gerechte Strafe bekommen hatte) dazu zu überreden, den Oberkellner dazu zu bringen, Jangbu seinen Job zurückzugeben. Aber sie blieb stur und ließ sich nicht erweichen, sosehr ich sie auch anflehte. Sogar als ich sie darauf hinwies, dass viele der Tellerwäscher als Immigranten erst seit kurzem in Amerika sind und in ihren Heimatländern Familien haben, die sie finanziell unterstützen müssen, ließ sie das total kalt.
»Ach komm, Grandmère«, bettelte ich. »Was unterscheidet Jangbu denn von dem afrikanischen Waisenmädchen, für das du mir die Patenschaft geschenkt hast? Beide versuchen doch nur, irgendwie auf diesem Planeten, den wir Erde nennen, ihren Weg zu machen.«
»Der Unterschied«, Grandmère drückte Rommel beruhigend an sich, nachdem es Michael, meinem Vater, Mr G und
Lars mit vereinten Kräften endlich gelungen war, ihn zu fangen, bevor er durch die Drehtür auf die Fifth Avenue entwischen konnte - in die von allen versklavten Schoßpudeln dieser Welt ersehnte Freiheit, »der Unterschied zwischen Johanna und Jangbu ist, dass Johanna mich NICHT MIT SUPPE VOLL GEKLECKERT HAT!«
Oh Mann! Grandmère ist manchmal echt der volle Drachen.
Und jetzt sitze ich hier und weiß, dass irgendwo in dieser großen Stadt - höchstwahrscheinlich in einem der ärmeren Viertel wie Queens - ein junger Mann wohnt, dessen Familie wahrscheinlich elendig hungern muss und alles, weil ich GEBURTSTAG hatte. Ja, genau. Jangbu hat seinen Job verloren, weil ICH geboren wurde.
Bestimmt wünscht er sich jetzt gerade, ich wäre es nicht. Geboren worden, meine ich.
Und ich kann es ihm nicht mal verübeln.
Freitag, 2. Mai, 1 Uhr nachts, zu Hause
Aber meine Schneeflockenkette ist echt schön. Die zieh ich nie mehr aus.
Freitag, 2. Mai, 1.05 Uhr, zu Hause
Außer vielleicht zum Schwimmen. Ich will sie ja nicht verlieren.
Freitag, 2. Mai, 1.10 Uhr, zu Hause
Er liebt mich!
Freitag, 2. Mai, Mathe
O Gott! Die ganze Stadt redet darüber. Über Grandmère und den Zwischenfall im »Les Hautes Manger«, meine ich. Anscheinend war gestern ein Nachrichtenloch, weil nämlich sogar die Post die Story auf der ersten Seite gebracht hat. Die Schlagzeile sprang mich richtig an, als ich am Kiosk an der Ecke vorbeikam.
FÜRSTIN STAND IM SUPPENREGEN. In Riesenbuchstaben.
Und in der Daily News hieß es DIE PRINZESSIN UND DIE ERBSENSUPPE - obwohl es doch Hummersuppe war.
Sogar die New York Times , von der man meinen sollte, sie wäre über so etwas erhaben, hat
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