Prinzessin in Pink
FREUND HAB, UND BASTA?
Das mit der Party war sowieso eine total beknackte Idee. Ich bin so was von nicht in Feierlaune. Wie bin ich überhaupt darauf gekommen, eine zu machen? Ich bin eine unbeliebte Loser-Prinzessin!!!! Unbeliebte Loser-Prinzessinnen sollten gar keine Partys feiern. Noch nicht mal für ihre unbeliebten Loser-Freunde!!!!!!
Ich weiß jetzt schon, dass eh keiner kommt. Und dann sitze ich den ganzen Abend mit den blinkenden Weihnachtslichterketten und den dämlichen Königin-Amidala-Girlanden und den Käsebällchen und der Cola und Michaels Mix-CD herum - und zwar ganz allein .
Ogottogott, gerade hat es geklingelt. Irgendjemand ist gekommen. Bitte lieber Gott, gib mir die Kraft, diesen Abend zu überstehen. Gib mir die geballte Kraft von Uli, Kari, Tracey, Marta, der Zahnarztpatientin, Mimi und der Stewardess. Bitte. Mehr will ich gar nicht. Danke.
Sonntag, 4. Mai, 2 Uhr früh
Tja, das war’s dann. Endgültig. Ich kann einpacken.
Ich möchte gern all jenen danken, die mir in den schweren Zeiten beigestanden haben: meiner Mutter (bevor sie sich in eine einundachzig Kilo schwere, hormonhaltige Wabbelmasse mit Schrumpfblase verwandelt hat); Mr G, der sich alle Mühe gegeben hat, meinen Notendurchschnitt zu retten, und Fat Louie, der, na ja, eben Fat Louie ist (selbst wenn er im Vergleich zu den Tieren aus »Die erstaunlichsten Haustiere der Welt« der volle Loserkater ist).
Aber sonst niemandem. Weil nämlich alle anderen, die ich kenne, eindeutig an einer ruchlosen Verschwörung beteiligt sind, deren Ziel es ist, mich in den Wahnsinn zu treiben, genau wie Bertha Rochester.
Zum Beispiel Tina. Tina, die auf meiner Party auftauchte, mich als Allererstes am Arm packte und in mein Zimmer zerrte, wo eigentlich alle nur ihre Jacken ablegen sollten, und mir Folgendes sagte: »Ling Su und ich haben uns alles schon genau überlegt. Ling Su lenkt deine Mutter und Mr G ab, und dann verkünde ich, dass jetzt ›Sieben Minuten im Paradies‹ gespielt wird. Wenn du an der Reihe bist, gehst du mit Michael in den Garderobenschrank und ihr fangt an zu knutschen, und wenn ihr den Gipfel der Leidenschaft erreicht habt, sprichst du ihn auf den Abschlussball an.«
»Tina!« Ich war echt sauer. Und zwar nicht nur, weil ich ihren Plan für total schwach hielt. Nein, ich war genervt, weil Tina
über und über glitzerte. Echt! Sie hatte sich sogar Glitzerpuder aufs Schlüsselbein geschmiert. Wieso hab ich in keinem Geschäft irgendwo Glitzerpuder gefunden? Und selbst wenn - hätte ich den Mut gehabt, mir welchen aufs Schlüsselbein zu schmieren? Nein. Und warum nicht? Weil ich zu langweilig bin.
»Auf meiner Geburtstagsparty wird nicht ›Sieben Minuten im Paradies‹ gespielt«, informierte ich sie.
Tina guckte total niedergeschmettert. »Wieso nicht?«
»Weil das eine Party für unbeliebte Loser ist! Mein Gott, Tina. Wir sind die totalen Loser. Wir spielen nicht ›Sieben Minuten im Paradies‹! Das ist ein Partyspiel für Leute wie Lana und Josh. Auf Loser-Partys spielt man Apfelbeißen oder höchstens ›Leicht wie eine Feder, steif wie ein Brett‹. Aber doch keine Küssspiele!«
Tina war trotzdem nicht davon abzubringen, dass Loser sehr wohl auch Küssspiele spielen.
»Was glaubst du denn«, sagte sie listig, »wo die kleinen Loser herkommen?«
Ich erklärte ihr, dass kleine Loser in abgeschiedenen, ruhigen Schlafzimmern entstehen, nachdem zwei Loser den Bund der Ehe geschlossen haben, aber Tina hörte mir gar nicht mehr zu. Sie stürmte zurück ins Wohnzimmer, um Boris zu begrüßen, der - wie sich herausstellte - eigentlich schon seit einer halben Stunde da war, aber dreißig Minuten im Hausflur gewartet und sämtliche dort herumfliegenden Speisekarten aller Restaurants mit Lieferservice gelesen hatte, weil er nicht der erste Partygast sein wollte.
»Wo ist Lilly?«, fragte ich ihn überrascht. Ich hatte die beiden zusammen erwartet. Klar, weil sie doch auch zusammen sind.
Boris sagte, er hätte Lilly seit der Demo vor dem »Les Hautes Manger« am Nachmittag nicht mehr gesehen.
»Sie ging ganz an der Spitze.« Er postierte sich am Büfett (unserem Esstisch), wo er sich Käsebällchen in den Mund
schob. In seiner Zahnspange setzte sich dabei überraschend viel oranger Käsebällchen-Krümelbrei ab, den ich fasziniert anstarrte … angewidert fasziniert. »Na ja, sie hatte ja das Megafon und führte den Sprechchor an. Ich hatte Hunger und bin stehen geblieben, um mir einen Hot Dog zu kaufen, und da sind
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