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Prinzessin in Pink

Titel: Prinzessin in Pink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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ich hier. Gebrochen. Nur noch eine leere Hülle meiner selbst... gerade mal fünfzehn Jahre alt und doch in vielerlei Hinsicht viel, viel älter. Weil ich jetzt weiß, wie es ist, mit ansehen zu müssen, wie alle Hoffnungen und Träume erbarmungslos unter dem Absatz des Schicksals zermalmt werden. Ich hab die Verzweiflung in Boris’ Augen gesehen, als er Lilly und Jangbu rot und verschwitzt aus dem Garderobenschrank taumeln sah. Lilly zupfte sogar an ihrem T-Shirt rum. (Echt unglaublich, dass Lilly vor mir Phase zwei erreicht hat. Noch dazu mit einem Jungen, den sie seit gerade mal achtundvierzig Stunden kennt - ganz zu schweigen davon, dass es in UNSEREM Garderobenschrank geschah.)
    Aber Boris Augen waren nicht die einzigen, in denen heute Abend Verzweiflung stand. Meine eigenen liegen auch schon ganz tief in ihren Höhlen. Das ist mir vorhin beim Zähneputzen aufgefallen. Ich weiß natürlich warum. Meine Augen haben diesen gehetzten Ausdruck, weil ich gehetzt bin … gehetzt vom Geist des Abschlussballs, den ich - wie ich jetzt weiß - nie erleben werde. Niemals werde ich in einem Kleid, das nur eine Schulter frei lässt, auf dem Abschlussball vor Michael (im Smoking) stehen und den Kopf auf seine Schulter legen. Niemals werde ich die ranzigen Kräcker schmecken, von denen er gesprochen hat, oder mich an Lana Weinbergers Gesichtsausdruck erfreuen, wenn sie sieht, dass sie und Shameeka nicht die einzigen Neuntklässlerinnen auf dem Ball sind.
    Mein Traum vom Abschlussball ist ausgeträumt. Vorbei. Und mein Leben leider auch.

Sonntag, 4. Mai, 9 Uhr, zu Hause
    Es ist grausam, im dunklen Brunnen der Verzweiflung vor sich hin zu leiden, wenn die eigene Mutter und der Stiefvater im Morgengrauen aufstehen und superlaut die Donnas hören, während sie Frühstückswaffeln backen.
    Wieso können sie nicht wie normale Eltern still zur Kirche gehen, um das Wort Gottes zu vernehmen, und mich in Ruhe in meinem Unglück schmoren lassen? Ich überlege fast, ob ich nicht freiwillig nach Genovia ziehen soll.
    Nur dass man dort von mir erwarten würde, aufzustehen und zur Kirche zu gehen. Wahrscheinlich sollte ich meinem Schicksal noch dankbar sein, dass meine Mutter und ihr Gatte solche gottlosen Heiden sind. Aber sie könnten wenigstens die Musik LEISER drehen!

Sonntag, 4. Mai, mittags, zu Hause
    Eigentlich hatte ich vor, mir die Decke über den Kopf zu ziehen und im Bett zu bleiben, bis ich Montag wieder zur Schule muss. Wie das Menschen, denen auf grausame Art der einzige Lebensinhalt genommen wurde, eben so machen: Sie verbringen so viel Zeit wie möglich im Bett.
    Gemeinerweise hat Mom diesen Plan vereitelt, als sie gerade reinplatzte (bei ihrem momentanen Körperumfang kann man nur von »platzen« reden) und sich auf die Bettkante fallen ließ (wobei sie fast Fat Louie zerquetscht hätte, der unter die Decke geschlüpft war und zu meinen Füßen döste). Sie schrie auf, weil Fat Louie ihr (durch die Daunendecke) seine Krallen in den Po rammte, entschuldigte sich dafür, meine kummergeplagte Isolation zu stören, und verkündete, es sei wohl an der Zeit, ein kleines Gespräch zu führen.
    Wenn Mom findet, es sei an der Zeit, ein »kleines Gespräch« zu führen, droht Schlimmes. Unser letztes kleines Gespräch bestand in einem langen Vortrag über Körperwahrnehmung im Allgemeinen und meine eigene verzerrte Körperwahrnehmung im Besonderen. Irgendwas hatte sie auf die Idee gebracht, ich könnte mein Weihnachtsgeld womöglich für eine Brustvergrößerung ausgeben wollen. Also hat sie mir erklärt, dass sie das ganz schlimm fände und dass es viel zu viele Frauen gäbe, für die ihr Aussehen zur fixen Idee geworden sei. In Korea hätten sich zum Beispiel schon dreißig Prozent aller Zwanzigjährigen auf den OP-Tisch gelegt, um sich die Wangen
und Kieferknochen abschleifen, die Augen vergrößern oder sogar die Wadenmuskeln entfernen zu lassen (um dünnere Beine zu kriegen), erzählte sie mir, und alles nur, weil sie einem westlichen Schönheitsideal entsprechen wollen. In den Vereinigten Staaten hätten sich im Vergleich dazu bisher nur drei Prozent aller Frauen einer Schönheitsoperation unterzogen.
    Einerseits ist das beruhigend, weil wir Amerikaner anscheinend nicht das Volk sind, das am stärksten von Äußerlichkeiten besessen ist. Andererseits ist es sehr beunruhigend, weil sich zu viele Frauen in anderen Kulturkreisen gedrängt fühlen, ihr Aussehen einem westlichen Schönheitsideal anzupassen, das sie täglich in

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