Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Prinzessin in Pink

Titel: Prinzessin in Pink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
Vom Netzwerk:
wusste es jedenfalls nicht. Und an Tinas geschockter Miene sah ich, dass sie es auch nicht wusste.
    Michael war der Einzige, der etwas tat. Er legte Boris mitfühlend die Hand auf die Schulter, sagte: »Echt heftig, Alter«, und steckte dann die andere Hand in die Schüssel mit den Käsebällchen.
    »ECHT HEFTIG, ALTER«?????????? Das ist es, was Jungs zueinander sagen, wenn sie miterleben, wie dem anderen erst das Herz aus der Brust gerissen und dann auf den Boden geschleudert wird?
    Kaum zu glauben, dass Michael so unsensibel sein konnte. Warum machte er nicht einen auf Colin Hanks? Wieso riss er
nicht die Schranktür auf, zerrte Jangbu Panasa heraus und prügelte ihn zu einer blutigen Masse? Immerhin ist Lilly seine kleine Schwester? Hatte er gar keine brüderlichen Beschützerinstinkte?
    Meine Verzweiflung über das Abschlussballdesaster war vergessen. Der Schock darüber, dass es Lilly anscheinend kaum hatte erwarten können, ihre Lippen auf die Lippen eines Mannes zu pressen, der nicht ihr Freund war, muss mich völlig betäubt haben. Ich stellte mich zu Michael ans Büfett und sagte: »Das war’s? Das ist alles, was du unternimmst?«
    Er sah mich fragend an. »Wogegen?«
    »Na, gegen deine Schwester!«, brüllte ich. »Und Jangbu!«
    »Was soll ich denn tun?«, fragte Michael. »Ihn da rauszerren und verprügeln?«
    »Äh …«, sagte ich. »Ganz genau!«
    »Wozu?« Michael goss sich eine Sprite ein, weil keine Cola mehr da war. »Von mir aus kann sich Lilly im Garderobenschrank einsperren, mit wem sie will. Wenn du da drin wärst, würde ich den Typen verprügeln. Aber das da drin bist nicht du, sondern Lilly. Und Lilly hat im Laufe der Jahre zur Genüge bewiesen, dass sie prima selbst auf sich aufpassen kann.« Er hielt mir die Schüssel hin. »Käsebällchen?«
    Käsebällchen! Wie konnte er in so einem Moment an Essen denken?
    Ich winkte ab. »Nein danke. Machst du dir denn gar keine Sorgen, dass sich Lilly...« Ich stockte, weil ich nicht wusste, wie ich es ausdrücken sollte.
    Michael half mir weiter.
    »… von der sinnlich-rauen Männlichkeit dieses Sherpas hat einwickeln lassen?« Er schüttelte den Kopf. »Also wenn hier einer das Opfer ist, dann ja wohl dieser Jangbu. Der arme Typ weiß doch gar nicht, was abgeht.«
    »A-aber...«, stammelte ich. »Und Boris?«
    Michael sah zu Boris rüber, der mit dem Gesicht in den Händen
auf der Futon-Couch zusammengesunken war. Tina war an seine Seite geeilt und versuchte, seinen Schmerz zu lindern, indem sie ihm sagte, Lilly habe Jangbu wahrscheinlich nur mal demonstrieren wollen, wie es im Inneren eines original amerikanischen Garderobenschranks so aussieht. Aber selbst ich fand das nicht sonderlich überzeugend und ich bin ja sehr leichtgläubig. Bei Diskussionen gebe ich zum Beispiel immer demjenigen Recht, der gerade mit Reden dran ist.
    »Boris kommt schon darüber hinweg.« Michael zog sich die Schüssel mit den Chips und Dips heran.
    Ich verstehe Jungs nicht. Echt nicht. Ich meine, wenn das mit Jangbu im Garderobenschrank meine kleine Schwester gewesen wäre, wäre ich komplett ausgerastet. Und wenn es mein Abschlussball wäre, würde ich ja wohl alles Menschenmögliche tun, um mir Karten zu sichern, bevor sie alle ausverkauft sind.
    Aber vielleicht bin ich da ja einfach anders.
    Bevor irgendwer von uns Gelegenheit hatte, noch einzugreifen, ging die Wohnungstür auf und Mr G kam mit Tüten voller Cola herein.
    »Da bin ich wieder!«, rief er, stellte die Tüten ab und zog seinen Anorak aus. »Ich hab auch Eiswürfel mitgebracht, die sind ja sicher auch aus …«
    Seine Stimme erstarb. Was damit zusammenhing, dass er den Garderobenschrank aufgemacht hatte, um seine Jacke wegzuhängen, und sich Lilly und Jangbu gegenübersah, die wild am Knutschen waren.
    Tja, das war das Ende meiner Party. Mr Gianini ist zwar nicht Mr Taylor, aber das heißt nicht, dass er nicht streng ist. Und als Lehrer kennt er solche Spiele wie »Sieben Minuten im Paradies«. Lillys Ausrede - sie und Jangbu seien aus Versehen in die Garderobe gesperrt worden - zog bei ihm nicht. »Ihr geht jetzt alle nach Hause«, entschied er. Hans, der meine Partygäste in der Limousine nach Hause fahren sollte, schärfte er ein, darauf zu achten, dass Jangbu nicht mit Lilly und Michael ausstieg,
und so lange zu warten, bis Lilly mit dem Aufzug nach oben gefahren war, damit sie sich nicht heimlich wieder nach unten schlich, um sich mit Jangbu im nächsten McDonald’s zu treffen.
    Und jetzt liege

Weitere Kostenlose Bücher