Prinzessin Kate
sagt Ann. »Sie war sehr stolz auf die beiden, spielte viel mit ihnen und kümmerte sich darum, dass sie etwas lernten. Sie selbst war ja nicht besonders gebildet, aber sie wollte, dass sie es richtig machten, besser als sie selbst. Es waren zwei nette Kinder. Carole tanzte gern. Wenn Top of The Pops lief, stand sie vor dem Fernseher und tanzte sich die Seele aus dem Leib. Sie war ein richtig mädchenhaftes Mädchen. Sie liebte Rosa und war sehr blond. Gary war als kleines Kind ein richtiger Satansbraten. Er malte die Anrichte an, verteilte überall Talkumpuder und buddelte Dorothys Topfpflanze auf der Treppe aus. Er war ein Schlingel, wie er im Buche steht.
Wenn man nichts von ihm hörte, konnte man sicher sein, dass er gerade irgendeine Dummheit ausheckte. Als er älter wurde, sah er sehr gut aus. Ich weiß noch, dass er Michael Jackson ganz toll nachmachen konnte; er war besser als Jackson selbst. Er und Carole kamen super miteinander aus.«
In den 1970er- und 1980er-Jahren verdiente sich Dorothy, die immer schlank und gut gekleidet war, bei Collingwood Jewellers in der Hounslow High Street etwas dazu. Ann war dort Geschäftsführerin. »Sie lernte ihren Beruf bei mir«, sagt Ann. »Ich brauchte eine Teilzeitkraft, und sie suchte Arbeit. Sie war eine gute Verkäuferin, aber sie war ein bisschen hochnäsig. Die ganze Familie nannte sie nur ›Lady Dorothy‹.« In späteren Jahren half auch Gary samstags in diesem Schmuckgeschäft aus. Carole dagegen, die acht Jahre jünger war als Ann, arbeitete als Samstags-Aushilfe bei C&A, während sie noch zur Schule ging.
Am Neujahrstag des Jahres 1971, wenige Wochen vor Caroles 16. Geburtstag, starb ihre Großmutter Edith, die Matriarchin der Familie Goldsmith. Die Witwe, die sich nicht hatte unterkriegen lassen und allein sechs Kinder aufgezogen hatte, starb mit 81 Jahren an einem Schlaganfall in einer Sozialwohnung in der Havelock Road. Sie war es, die ihren Kindern einen Sinn für den Wert harter Arbeit mitgegeben hatte.
Kates Mutter Carole feierte ihren 21. Geburtstag am 31. Januar 1976. Damals hatte sie schon angefangen, vielleicht angelockt vom verführerischen Glanz des Jobs, als Stewardess bei British Airways zu arbeiten. Es war ein Beruf, bei dem sie ihre Reiselust ausleben konnte, und er sollte sie schließlich zu ihrem Ehemann führen.
Leider starb im selben Jahr, am 24. August 1976, ihr Großvater Thomas – Dorothys Vater, der Zimmermann – zu Hause in der North Road in Southall an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Es war ein furchtbarer Verlust für die Familie, die ihm so viel verdankte. Er hatte mit der Familientradition gebrochen und ein Handwerk gelernt, statt im Bergbau zu arbeiten, und er war mit der Familie in den Süden Englands gezogen. In seinem langen Leben unter fünf Monarchen hatte er zwei Weltkriege überlebt, und sein reicher Erfahrungsschatz fehlte der Familie jetzt sehr.
Dorothy war 41 Jahre alt, als ihr Vater seinem Krebsleiden erlag. Vier Jahre später sollte die Hochzeit ihrer Tochter – mit einem Flugdienstkoordinator der British Airways namens Michael Middleton, der aus der Mittelschicht kam – endlich Dorothys Träume von Wohlstand und Ansehen erfüllen, den prekären gesellschaftlichen Status der Familie stabilisieren und zur Geburt einer königlichen Braut führen. In den Jahrzehnten zuvor hatte es harte Zeiten, aber auch Triumphe gegeben. Doch wenn man sich Kate heute anschaut, mag man kaum glauben, dass ihre Großmutter vor gerade einmal 50 Jahren in einer abbruchreifen Wohnung am Stadtrand von London lebte und Mühe hatte, ihre Kinder satt zu bekommen.
Kapitel 6
Die Middletons, 1838–1914
Vom Balkon des Buckingham Palace beobachtete Königin Victoria in den späten Stunden eines lauen Abends am 28. Juni 1838 das Feuerwerk im Green Park und dachte über den vergangenen Tag nach. Sie war um 4 Uhr durch Kanonenschüsse im Park geweckt worden. Die Menschen versammelten sich, Soldaten marschierten und Kapellen zogen auf. Alle wollten dabei sein bei ihrer lang ersehnten Krönung in der Westminster Abbey, die vom tosenden Jubel der Massen begrüßt wurde.
Mit ihrer zwei Meter langen Schleppe aus Samt und Hermelin, mit Reichsapfel in der Linken und Zepter in der Rechten trat sie in königlicher Haltung um 16.30 Uhr als gekrönte Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland aus der Abbey, um in einer feierlichen Prozession wieder zum Palast zu ziehen. »Ich kann gar nicht sagen, wie stolz ich bin, die Königin
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