Prinzessin Kate
die berühmte mittelalterliche Ponte Vecchio über den Arno bis hin zu Kunstwerken wie Michelangelos David und Botticellis Geburt der Venus. Die gemeinhin als »Wiege der Renaissance« bezeichnete Stadt ist zu einem traditionellen Wallfahrtsort für Jungen und Mädchen aus britischen Privatschulen geworden, die vorhaben, an einer Spitzenuniversität des Landes Kunstgeschichte zu studieren. Eine Reise nach Florenz, das einst die Medici regierten und das heute einige der größten Kunstschätze beherbergt, ist gewissermaßen ein Initiationsritual für gut betuchte Teenager geworden, ganz ähnlich wie die Grand Tour, eine Rundreise durch ganz Europa, im 19. Jahrhundert für die Sprösslinge des Adels obligatorisch war. Kate hatte sich an mehreren Universitäten um einen Platz für Kunstgeschichte beworben, und es stand so gut wie fest, dass sie einen Teil der Wartezeit in Italien verbringen würde, bevor das harte Brot des Studentenlebens beginnen sollte. Anfang September 2000 kam Kate in Florenz an und begann einen zwölfwöchigen Italienischkurs an dem renommierten British Institute. Sie war eine von einem Dutzend Mädchen in dem Kurs. Das Institut war um die Jahrhundertwende gegründet worden, um die kulturellen Beziehungen zwischen Italien und der englischsprachigen Welt zu fördern. Sein Domizil war der Palazzo Strozzino mitten in der Altstadt.
Mehr als 8800 Kilometer entfernt, auf der anderen Seite der Erde, beteiligte sich unterdessen Prinz William einen Monat lang an einem wissenschaftlichen und ökologischen Forschungsprogramm, dem Shoals of Capricorn Project für die Royal Geographical Society auf der winzigen Insel Rodrigues im Indischen Ozean, 650 Kilometer nordöstlich von Mauritius. Unter dem Namen Brian Woods kam er am 28. August auf die Insel und machte einen Monat lang bei dem Projekt zur Erforschung der dortigen Artenvielfalt und Geologie mit. Anfangs war er in dem Domaine de Décidé untergebracht, einem Gästehaus mit einem Blechdach, weiß gekalkten Wänden und dunklen Fensterläden, zu dem er von der Hauptstadt Port Mathurin noch eine halbe Stunde fahren musste. Später zog er in ein Privathaus in Anse aux Anglais (Englische Bucht), das näher bei der Zivilisation lag.
Genau wie Kate hatte er am 17. August seine Abschlussnoten erfahren (eine Note A in Geografie, ein B in Kunstgeschichte und ein C in Biologie), als Prinz Charles seinem Sohn per E-Mail die Ergebnisse mitteilte – übrigens die erste E-Mail, die Prinz Charles selbst verschickte. William hatte damals ein Survivaltraining der Armee tief im Urwald von Belize absolviert. Aber im Gegensatz zu Kate hatte er sich bereits für eine Universität entschieden: St. Andrews.
Eine Kursteilnehmerin am British Institute weiß genau, dass Kate bei ihrer Ankunft in Florenz noch nicht entschieden hatte, wo sie studieren würde. »Sie wusste noch nicht, wohin sie gehen wollte«, sagt sie. »Damals wollte sie mit Sicherheit nicht nach St. Andrews.«
Diese Phase, so kurz vor dem Erwachsenenleben, prägte Kate sehr stark. Sie war im Internat zwar auch von zu Hause weg gewesen, aber der Aufenthalt in Florenz war die erste längere Zeit, die sie unabhängig von ihren Eltern gestaltete. Da sie noch nicht den Sinn für Mode entwickelt hatte, weswegen sie unlängst mit der verstorbenen Prinzessin Diana verglichen wurde, sah sie mit ihren langen Locken, Ralph-Lauren-Bluse und Pullover mit V-Ausschnitt wie die klassische Dame der britischen Oberschicht aus. Ihr einziges Zugeständnis an das Studentendasein war der Ethnoschmuck, den sie trug.
Nach der Ankunft in der Stadt teilte sich Kate eine Wohnung mit mehreren Mädchen, darunter Alice Whitaker, eine Nichte des Sängers Chris Rea. Sie wohnten über einem italienischen Feinkostladen, im obersten Stockwerk eines traditionellen Steingebäudes mit Treppenhaus, in das man mehrere Einzelwohnungen eingebaut hatte. Die Wohnung lag in einer Gasse zwischen Piazza degli Strozzi und Piazza della Repubblica, nur wenige Minuten zu Fuß vom Institut entfernt. In den nächsten drei Monaten tauchte Kate in das Studentenleben in Italien ein und kaufte Delikatessen in der Markthalle gegenüber der historischen San-Lorenzo-Kirche, in der sich die Familiengruft der Medici befindet, oder sie traf sich mit Freunden in malerischen Cafés und gemütlichen Bars.
In einer dieser Bars, nämlich in der schicken Antico Caffè del Moro – meist Künstlerbar oder Café des Artistes genannt – hörten die britischen Studenten in
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