Prinzessin meines Herzens
ein Trick sein. Offenbar wollte ihn jemand am Abend seiner Verlobung in Verruf bringen – oder ihn sogar erpressen.
Er war nur kurz mit der Frau zusammen gewesen. Ein einziges Mal hatte er mit ihr geschlafen – leider. Hätte er es denn nicht bemerkt, wenn bei der Verhütung etwas schiefgegangen wäre?
Aber das Kind sah aus wie ein Cavelli … Nico konnte die Augen gar nicht von ihm abwenden, während er das beiliegende Schreiben des Präfekten entfaltete. Endlich gelang es ihm, sich auf die handschriftlichen Zeilen zu konzentrieren. Gleich darauf ließ er den Brief fallen und stand auf. „Bringen Sie mich zum Gefängnis. Sofort.“
Lily Morgan war verzweifelt. Sie hatte nur zwei Tage in Montebianco bleiben wollen. Mittlerweile waren schon drei daraus geworden. Sie musste nach Hause zurück. Sie musste zurück zu ihrem Jungen, zu Danny. Aber die Behörden machten keinerlei Anstalten, sie gehen zu lassen. Auch ihre flehentlichen Bitten, mit dem amerikanischen Konsulat sprechen zu dürfen, wurden ignoriert.
Seit vier Stunden hatte sie keine Menschenseele mehr gesehen. Das wusste sie genau, denn wenigstens die Armbanduhr hatte man ihr gelassen. Laptop und Handy waren beschlagnahmt worden, bevor man sie gestern Abend in dieses feuchte Kellerloch gesteckt hatte.
„He!“, schrie sie jetzt. „Hallo! Ist da jemand?“
Keine Antwort. Bloß das Echo ihrer Stimme hallte von den alten Festungsmauern wider.
Lily ließ sich auf die uralte Matratze sinken und hielt die Tränen zurück. Sie würde nicht wieder weinen. Sie musste stark sein für ihren Sohn. Ob er sie bereits vermisste? Sie hatte ihn nie zuvor allein gelassen. Das hätte sie auch diesmal nicht getan, wenn ihr eine andere Wahl geblieben wäre.
„Unsere Reisejournalistin Julie ist krank“, hatte der Chef ihr erklärt, „und du musst für sie einspringen. Du fliegst nach Montebianco und recherchierst weiter für den Artikel, der in der Jubiläumsausgabe erscheinen soll.“
„Aber ich habe noch nie eine Reisereportage geschrieben!“, hatte sie ihm entgegengehalten.
Tatsächlich hatte Lily während ihrer drei Monate bei der Zeitung kaum etwas Spannenderes als einen Nachruf verfasst. Sie war nicht einmal ausgebildete Journalistin. Eigentlich war sie eingestellt worden, um in der Anzeigenabteilung zu arbeiten. Da es sich jedoch um ein kleines Blatt handelte, half sie oft in anderen Ressorts aus.
Eine Reisejournalistin beschäftigte der Port Pierre Register nur, weil Julie die Nichte des Verlegers war und ihre Eltern das einzige Reisebüro am Ort besaßen. Wenn sie also über Montebianco schrieb, steckte bestimmt eine Werbekampagne dahinter.
Allein bei dem Gedanken an die Reise in das Fürstentum am Mittelmeer bekam Lily weiche Knie: Nico Cavelli wohnte dort. Aber ihr Chef verstand ihre Vorbehalte nicht.
Er erwiderte: „Du musst den Artikel gar nicht selber schreiben. Julie hat das meiste schon erledigt. Mach ein paar Fotos und schreib auf, wie es dort ist. Sieh dir zwei Tage lang Land und Leute an. Danach kommst du zurück und formulierst deine Erfahrungen mit Julie zusammen aus.“ Als Lily protestieren wollte, fügte er energisch hinzu: „Das ist deine Chance, dich zu beweisen. Die Zeiten werden härter. Wenn ich nicht auf dich zählen kann, muss ich mir jemand anderen suchen.“
Lily konnte es sich nicht leisten, die Anstellung zu verlieren. Jobs waren in Port Pierre nicht gerade dicht gesät. Außerdem hatte sie wegen der Schwangerschaft vorzeitig die Universität verlassen. Sie hatte eine schlecht bezahlte Stelle nach der anderen angenommen, um ihr Baby und sich durchzubringen. Der Job bei der Zeitung war ein absoluter Glücksfall, ein großer Schritt nach vorn für sie. Vielleicht konnte sie sogar in Abendkursen ihren Abschluss nachholen.
Diese Chance durfte sie sich nicht entgehen lassen. Ganz besonders nicht wegen Danny. Als Kind hatte Lily selbst auf so vieles verzichten müssen: Ihre Mutter war ständig arbeitslos gewesen – oder sie hatte ihren derzeitigen Job einfach hingeworfen, um zum x-ten Mal mit Lilys verantwortungslosem Erzeuger durchzubrennen. Zumindest hatte Lily dadurch gelernt, dass man sich nur auf sich selbst verlassen konnte.
Deshalb hatte sie den Montebianco-Auftrag angenommen und Danny bei ihrer besten Freundin Carla gelassen. Zwei Tage hatte sie in der Hauptstadt Castello del Bianco verbringen wollen. Bei einem so kurzen Aufenthalt würde sie dem Prinzen sicher nicht über den Weg laufen.
Das hatte sie jedenfalls
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