Prinzessin meines Herzens
zurückschicken, wo sie hingehörte.
Dies war nicht die erste Unterhaltsklage, mit der man ihm drohte. Andererseits hatte Lily gar nicht behauptet, dass es sein Kind wäre. Doch das war sicher Teil ihres Plans. Was sollte es sonst sein?
Er schaute das Foto an. Auch wenn es gefälscht war: Die Ähnlichkeit war bemerkenswert. Außerdem spürte er eine merkwürdige Gewissheit – anders als damals, als zwei frühere Geliebte versucht hatten, ihm ein Kind unterzuschieben. In beiden Fällen hatte er ihre Argumente widerlegen können; beide Klagen waren zurückgezogen worden. Und dennoch steuerte Nico seitdem etwas zum Unterhalt der Kinder bei. Die beiden Kleinen konnten ja nichts dafür, dass sie keinen Vater hatten.
Aber der Junge auf diesem Foto sah aus wie ein Cavelli. Dafür sprachen nicht nur seine Augen, sondern auch die dunklen Locken, die zarte olivfarbene Haut, die Form seiner Nase und der feste Zug um die Lippen. Und dabei war er kaum dem Krabbelalter entwachsen.
Konnte dies tatsächlich sein Sohn sein? Nico erinnerte sich gut daran, wie verzaubert er von Liliana gewesen war – aber eben nicht so sehr, dass er darüber die Verhütung vergessen hätte. Daran dachte er stets. Kein Kind sollte so leiden müssen wie er. Wenn er eines Tages Nachwuchs in die Welt setzen würde, wären es ausschließlich Wunschkinder.
Aber was, wenn bei der Verhütung etwas schiefgegangen war?
Sicher hätte ihm Lily das Kind in dem Fall nicht so lange vorenthalten. Nein, es konnte unmöglich sein Sohn sein – auch wenn er ihm so sehr ähnelte.
Erleichtert legte Nico das Bild auf den Schreibtisch. Diese Frau würde ihn nicht zum Narren halten! Bald würde er die Wahrheit kennen.
Doch heute Abend machte er erst einmal seine Verlobung mit Prinzessin Antonella offiziell. Dadurch wurden die beiden Fürstentümer Montebianco und Monteverde einen Schritt näher zusammengeführt: Nico löste damit das Versprechen ein, das seine Familie den Romanellis gegeben hatte, als Gaetano noch gelebt hatte. Antonella Romanelli war eine schöne Frau. Bestimmt war sie auch eine tolle Ehefrau. Nico konnte zufrieden sein.
Er wandte sich von dem Ausblick über die Stadt ab und ging hinein, um sich umzuziehen. Dann hielt er fluchend inne. Nico nahm das Foto und drückte es an sein Herz.
2. KAPITEL
Panisch schnellte Lily von der Matratze hoch. Wo war sie? Wieso war ihr so kalt?
Gleich darauf fiel es ihr wieder ein. Die Decke, unter der sie sich zusammengerollt hatte, war einfach zu dünn. Wie hatte sie nach dem Zusammentreffen mit Nico überhaupt schlafen können?
Die Tür öffnete sich, und ein Mann in Uniform kam herein.
„Kommen Sie mit, signorina“, sagte er mit italienischem Akzent.
„Wohin bringen Sie mich?“ Erschrocken fragte sie sich im Stillen, ob der Prinz sie irgendwo von einer Klippe stoßen lassen wollte. Reiß dich zusammen! mahnte sie sich.
„Kommen Sie“, wies der Mann sie an.
Lily zögerte nicht länger. Vielleicht ergab sich eine Chance zur Flucht, wenn sie die Zelle erst verlassen hatte. Oder vielleicht konnte sie wenigstens um Hilfe rufen. Alles war besser, als hier eine weitere Nacht zu verbringen.
Der Polizist führte sie nach oben in einen grell beleuchteten Flur. Doch bevor sie sich an die Helligkeit gewöhnt hatte, fand sie sich schon draußen in der kalten Abendluft wieder. Eine Limousine wartete vor dem Ausgang, und ein Chauffeur in schwarzer Uniform hielt ihr die Tür auf.
Beim Einsteigen ignorierte er ihre Frage, wohin er sie bringen würde. Im Wageninneren verhinderte dann eine dicke Glasscheibe zwischen ihnen jedes Gespräch. Als sie an einer Ampel halten mussten, versuchte Lily, zu fliehen. Aber die Tür war verschlossen. Sie biss sich auf die Lippe und unterdrückte Tränen der Enttäuschung.
Bald fuhren sie durch einen Torbogen in einen großen Hof. Der Wagen blieb stehen, die Tür wurde geöffnet, und Lily atmete tief durch. Egal, was auch passieren mochte: Sie würde nicht in Tränen ausbrechen. Sie war stärker als ihre Angst. Stärker, als Nico Cavelli sich vorstellen konnte. Sie musste es sein.
Ein Mann in einer farbenprächtigen Uniform empfing sie. Erst in diesem Moment wurde ihr bewusst, dass sie sich vor dem Palast der Cavellis befand. Das Anwesen war auf der höchsten Stelle der Stadt erbaut worden. Von hier oben konnte man weit aufs Meer hinaussehen. Die weißen Mauern strahlten am Tag im Sonnenlicht und wurden in der Nacht beleuchtet, sodass der Palast aussah wie ein funkelnder
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