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Prinzessin oder Erbse

Prinzessin oder Erbse

Titel: Prinzessin oder Erbse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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Papier und beginne zu schreiben.
     
    Erst als es so dunkel ist, dass ich meine eigene Schrift nicht mehr erkennen kann, blicke ich auf. Der Strand ist menschenleer, die Strandkörbe abgeschlossen, ich bin alleine mit dem Meer. Ich habe fast den gesamten Block voll geschrieben, die Geschichte des jungen Liebespaares entsteht so schnell in meinem Kopf, dass ich mit dem Schreiben kaum hinterherkomme. Ich raffe meine Sachen zusammen und mache mich auf den Heimweg. Als ich am »Herzberg« vorbeikomme, denke ich kurz darüber nach, hier zu Abend zu essen, aber es treibt mich nach Hause. Ich will weiterschreiben. Mein Herz klopft so aufgeregt wie vor einem ersten Rendezvous, und so ähnlich ist es ja auch. Ich habe eine Verabredung mit den Figuren meiner Geschichte. Ich will sie nicht warten lassen. Dann gibt es eben heute wieder Ravioli.
     
    Die nächsten Tage befinde ich mich in einem Schreibrausch, wie ich ihn noch nie erlebt habe. Es ist, als hätten sich all die Worte in den sechs Monaten, die ich nicht geschrieben habe, in mir aufgestaut und wollten jetzt sprudelnd wie ein Wasserfall aus mir heraus. Tagsüber sitze ich am Strand und schreibe mit der Hand in eine große Kladde, die ich mir gekauft habe, abends
übertrage ich das Ganze in meinen Laptop und korrigiere. Die Zeit vergeht wie im Flug und ehe ich es mich versehe, ist Samstag. Gegen zwölf wollen Julia und Felix kommen und ich halte, in meinem Strandkorb sitzend, nach ihnen Ausschau. Dann entdecke ich Julias schlanke Gestalt in Shorts und einem roten Bikinioberteil. Sie sieht sich suchend um, und ich springe auf und winke zu ihr hinüber.
    »Julia! Hierher!« Sie entdeckt mich, stürzt auf mich zu und fällt mir um den Hals.
    »Ich hab dich vermisst.«
    »Ich dich auch.« Über ihre Schulter hinweg lächele ich Felix zu, doch dann erstirbt mein Lächeln, als ich sehe, mit wem er da gemeinsam über den Strand auf mich zukommt. Hastig mache ich mich von Julia los und sehe sie erschrocken an.
    »Wir haben da jemanden für dich mitgebracht«, sagt sie lächelnd. Felix begrüßt mich mit einem Küsschen auf die Wange und fragt, wie es mir geht, aber ich starre noch immer wie hypnotisiert auf den Mann neben ihm.
    »Hallo, Fanny.« David vergräbt die Hände in den Taschen seiner hellen Leinenhose.
    »Hallo.« Mehr bringe ich beim besten Willen nicht heraus.
    »Komm, Julia, wir gehen am Strand spazieren«, schlägt Felix vor und zieht sie an der Hand mit sich.
    Ich habe immer noch das Gefühl, als hätte ich eine Erscheinung. David sieht einfach umwerfend aus, seine Haut ist gebräunt und schimmert samtig, die dunklen Haare trägt er jetzt etwas länger und verstrubbelt. Plötzlich wird mir bewusst, dass ich den ollen Schlapphut meines Vaters auf dem Kopf und einen Streifen Sunblocker
auf der Nase habe und möchte am liebsten im Erdboden versinken. Es ist völlig egal, wie du aussiehst, wispert eine Stimme in mir. Er hat dir wehgetan. Dich schändlich verlassen. Sag ihm, dass er verschwinden soll! Aber ich bringe kein Wort heraus. David sieht Felix hinterher, der die sich sträubende Julia von uns wegzieht und lächelt mich verlegen an.
    »Tut mir leid, dass ich dich hier so überfalle, aber ich musste dich unbedingt sehen.«
    »Schon gut. Wie geht es Nadja?«, frage ich, und er sieht mich ein bisschen irritiert an.
    »Es geht ihr gut. Ihre Eltern waren natürlich schockiert, aber dann war es wohl doch lange nicht so schlimm, wie sie es sich ausgemalt hatte. Sie hat ihnen Alexandra mittlerweile sogar vorgestellt.« Ich nicke nachdenklich.
    »Das ist gut.«
    »Aber eigentlich wollte ich mit dir über etwas anderes reden.« Er sieht mich hilflos an. »Fanny, es tut mir so wahnsinnig leid. Ich war ein Vollidiot. Als du mir gesagt hast, dass du es weißt, habe ich mich so erschrocken. Und dann habe ich einfach zugemacht. Ich wollte der immer gut gelaunte Schauspieler sein, als den du mich kennengelernt hast. Ich dachte, dass du jetzt wahnsinnig enttäuscht von mir bist.« Er rattert die Sätze so schnell herunter, dass ich Mühe habe, ihm zu folgen. »Ich dachte, dass du dich von mir trennen würdest. Also habe ich mich lieber von dir getrennt. Ich weiß, dass ich dir wehgetan habe und dass ich es nicht verdiene, dass du mir noch eine Chance gibst.« Er macht einen Schritt auf mich zu und greift schüchtern nach meiner Hand. »Aber ich vermisse dich so wahnsinnig, Fanny. Ich denke jede
einzelne Minute des Tages an dich.« Seine Hand fühlt sich so gut an in meiner.

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