Prinzessin oder Erbse
erstarre mitten im Satz, als mein Blick auf ein rosa Post-it fällt, das am Badezimmerspiegel klebt.
»Das weiß ich. Aber du könntest Schadensbegrenzung betreiben, indem du jetzt von dort verschwindest.«
»Du hast Recht, das sollte ich wohl tun«, sage ich tonlos, während die mit rotem Kugelschreiber geschriebenen Worte vor meinen Augen verschwimmen: »Ich bin immer für dich da! Leila«
Natürlich weiß ich, dass ich überreagiere. Schließlich gibt es tausendundeine völlig harmlose Erklärung für das Post-it an Davids Badezimmerspiegel. Immerhin zwei fallen mir ein, während ich zurück ins Schlafzimmer schleiche und lautlos meine Klamotten zusammensuche. Leila könnte Davids Schwester sein. Oder eine gute Freundin. Wobei mir einfällt, dass David ein Einzelkind ist. Also bleibt nur noch eine einzige harmlose Erklärung übrig. Leise schlüpfe ich in meine Sachen und trete auf Zehenspitzen ans Bett heran, in dem David leise schnarchend auf dem Rücken liegt. Verzückt betrachte ich sein friedliches Gesicht und kann nicht widerstehen, mich über ihn zu beugen und einen zarten
Kuss auf seine Lippen zu hauchen. Er gibt einen verschlafenen Laut von sich, und ich hoffe inständig, dass er die Augen aufschlägt. Bitte, wach auf und hindere mich daran zu gehen. Aber er rollt sich auf die Seite und wendet mir den Rücken zu. Enttäuscht richte ich mich auf und verlasse leise die Wohnung.
Nach einer zwanzig Euro teuren Fahrt mit einem unangenehmen Taxifahrer, der angesichts meines lädierten Aufzugs die ganze Zeit über anzüglich gegrinst hat, stolpere ich zerknittert und unglücklich in meine Wohnung. Überrascht halte ich inne, als ich aus der Küche Stimmen höre.
»Nanu, ihr seid noch wach? Und du bist noch hier?«, erkundige ich mich überflüssigerweise und lasse mich neben Felix und Julia am Tisch nieder.
»Wir haben uns noch einen Film zusammen angesehen«, erklärt Julia, »aber jetzt erzähl du erstmal. Wie war es?«
»Es war wunderschön«, sage ich bedrückt. Ich erzähle vom Verlauf des Abends und spiele den beiden sogar die CD mit Davids Lied vor. Die Nachricht von Leila an seinem Badezimmerspiegel spare ich aus.
»Ich finde, das klingt doch eigentlich alles sehr vielversprechend«, sagt Felix und tätschelt meinen Arm. Auch Julia scheint ein bisschen weichgekocht. Sie spult »Don’t give up on me« zum zweiten Mal zurück und lauscht andächtig.
»Trotzdem war es kein besonders kluger Schachzug von dir, am ersten Abend mit ihm ins Bett zu hüpfen.« Sie reicht mir das BLATT mit dem Artikel über David und Nadja.
»Das brauchst du mir nicht zu zeigen, ich habe die Pressemitteilung geschrieben, auf der die Story basiert«, sage ich genervt.
»Oh. Das heißt, es ist durchaus möglich, dass David doch der Traum jeder Schwiegermutter ist?«
»Der Traum meiner Mutter ist er auf jeden Fall«, nicke ich und verdränge relativ erfolgreich den Namen Leila aus meinen Gedanken.
»Dann warten wir doch einfach ab, was passiert«, meint Felix und gähnt vernehmlich, »er wird dich sicher anrufen am Wochenende. Ich geh dann jetzt, bevor ich hier am Tisch einpenne.«
»Kannst doch auf der Couch schlafen.«
»Danke, aber ich muss morgen früh raus und lernen. Sag mir Bescheid, wenn David sich meldet.«
Am Sonntagmorgen bin ich so zermürbt, dass ich mich von Julia zu einer Yogastunde breitschlagen lasse. Aber so sehr ich mich auch verrenke und auf meine Mitte zu konzentrieren versuche, das Gedankenkarussell dreht sich immer schneller. War unsere Liebesnacht für David wirklich nur ein One-Night-Stand? Und der wunderschöne Abend am Elbstrand unterm Sternenhimmel? Alles nur Masche? War es das, was Melanie mir sagen wollte? Dass David jede Woche eine andere Frau in seiner Clique anschleppt, ihr das Gefühl gibt, etwas Besonderes zu sein, um dann mit ihr zu schlafen und sie nie wieder anzurufen?
»Jetzt geh in den Hund mit dem Gesicht nach unten und drück die Schienenbeine in die Waden. Streck die Knie. Mach den Rücken lang, Nacken entspannt.« Stöhnend versuche ich, Julias Anweisungen Folge zu leisten.
»Ich kann an nichts anderes als an David denken«, jammere ich und lasse mich auf meine Yogamatte plumpsen.
»Noch ist doch nicht alles verloren. Vielleicht ist er ja auch verliebt in dich. Dann heiratet ihr und setzt jede Menge Schreihälse in die Welt. Na, wie klingt das?«
»Ganz ehrlich? Weit hergeholt«, antworte ich düster.
»Sei doch nicht so negativ.«
»Aber wenn er in mich
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